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Mordshunger (Buchbesprechung)

von Beate Küppers, erschienen in Ausgabe #8/2011
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Jean Feyder ist ständiger Vertreter Luxemburgs bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf und Vorsitzender des Komitees für die am wenigsten entwickelten Länder der Welt. In seinem Buch »Mordshunger« beschreibt er die Ursachen der weltweiten Ernährungskrise und macht deutlich, wie die reichen Länder auch mit sogenannter Entwicklungshilfe hauptsächlich ihren eigenen Finanz- und Wirtschaftsinteressen zuspielen.
Laut den Millenniumszielen der Vereinten Nationen soll die Zahl der Hungernden und Unterernährten bis zum Jahr 2015 um die Hälfte reduziert werden. Tatsächlich breitet sich die Armut aber immer weiter aus. 2009 überstieg die Zahl der Hungernden erstmals die Milliardengrenze. Täglich sterben 25 000 Menschen an den Folgen von Hunger und Mangel­ernährung. Betroffen sind vor allem Kleinbauernfamilien in Afrika und Asien.
Das Buch »Mordshunger« beleuchtet zunächst globale Wirtschaftszusammenhänge. Dazu gehört die neoliberale Politik von Weltbank und IWF, die die Regierungen der Entwicklungsländer zuerst dazu nötigt, ihre Grenzen für Importe zu öffnen, und anschließend die lokalen Märkte durch subventionierte Agrarexporte aus Europa oder den USA ruiniert. Lebensmittel werden wie jedes andere Produkt dem freien Weltmarkt unterworfen und zur Spekulation freigegeben. In vielen armen Ländern wachsen die Monokulturen zur Erzeugung von Tierfutter oder Agrosprit und verdrängen die lokale Nahrungsmittelerzeugung. Mangel­ernährung ist somit kein Verfügbarkeits-, sondern ein Verteilungsproblem.
Lösungsstrategien sind so komplex wie die Ursachen, werden aber von Jean Feyder schlüssig auf den Punkt gebracht. Entscheidend sei die Frage der Bodenverteilung. Länder, die erfolgreiche Bodenreformen umgesetzt haben, konnten die Armut tatsächlich eindämmen. Ein anderer Ansatzpunkt ist die Unterstützung von bäuerlichen Familienbetrieben durch Produktionsmittel, Know-how und Mikrokredite. Außerdem bräuchten gerade arme Länder durch Zollschranken geschützte und vom Weltmarkt entkoppelte lokale Märkte, die stabile Preise garantieren.
Das Buch beschreibt Zustände und Entwicklungen in verschiedenen Ländern, beispielsweise Haiti, Ghana, Brasilien, Indien oder China, und charakterisiert die wichtigsten Akteure des globalen Wirtschaftsgeschehens, wie die EU und die USA. Feyder kritisiert die Inkohärenz deren Politik und fordert einen radikalen Umbau des weltweiten Ernährungssystems. Andernfalls könnten die neun Milliarden Menschen von morgen nicht ernährt werden, ohne dass es zum Kollaps komme.


Mordshunger
Wer profitiert vom Elend der armen Länder?
Jean Feyder
Westend-Verlag, 2010
336 Seiten
ISBN 978-3938060537
24,95 Euro

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