Buchtipps

Verwobenes Leben

Photo

Kommt, lasst uns eine Reise machen in die Welt der Pilze! Behutsam führt der Biologe Martin Sheldrake mit »Verwobenes Leben« in ihr unbekanntes Reich. Von Beginn an spürt man seine Hingabe, wie er darum ringt, Worte für eine Welt zu finden, die so verschieden von der menschlichen ist. Die wissenschaftlichen Ausführungen nachzuvollziehen, erfordert von Nicht-Biologen aufmerksames Lesen. Doch der Autor findet Bilder und zieht Parallelen in die menschliche Welt, die das Verstehen erleichtern. Bemerkenswert dabei ist, wie es ihm gelingt, seine eigenen Erkenntnisse und auch die von Forschungskollegen sowie anderen mit Pilzen in Beziehung stehenden Menschen, die ebenfalls im Buch zu Wort kommen, wertungs- und vorurteilslos darzustellen. Offenbar eint alle Experten auf diesem Feld die Erfahrung der eigenen Begrenztheit, und sie wissen, wie wichtig es ist, diese zu erkennen und zu akzeptieren. Gleichzeitig geben sie niemals ihre Versuche auf, diese Grenzen zu überwinden.

Sheldrake nähert sich also als Wesen, das sich als begrenztes Individuum begreift, liebevoll seinem Forschungsgegenstand, einem Wesen oder einer Wesen(ein)heit, die auf genau gegensätzlichen Prinzipien beruht: auf Ausdehnung ins nahezu Unendliche; ihr Werden und Vergehen ist nahezu eins, und sie sind verbunden in Netzwerken sowohl mit ihresgleichen als auch mit anderen Lebensformen. Wer sich mit wem warum und wofür verbindet, erlebt Sheldrake in verschiedenen (Selbst-)Versuchen und im Dialog mit Mykologinnen, Trüffelsuchern und anderen Pilzbegeisterten. 

Dabei erwarten die Lesenden mehr Fragen, als Antworten gegeben werden können. Pilze, die intelligent sind, Pilze, die fühlen können? Pilze als Computer? Wie kann Denken ohne Gehirn, Fühlen ohne Herz möglich sein? Wie beeinflussen Pilze das menschliche Lebensumfeld und damit uns selbst? Vielleicht durch die Verbindungen mit- und untereinander, beziehungsweise über die vielschichtigen und verschiedenen Prozesse, die durch diese Netzwerke überhaupt erst möglich werden?

Und sind wir Menschen nicht eigentlich auch verbunden mit allem, was uns umgibt – ein großes unteilbares Ganzes, das mehr ist als die Summe einzelner Teile? Antworten liegen vielleicht im Sich-miteinander-verbinden. Das tun Pilze seit Jahrmillionen auf faszinierende Art und Weise. Kommt, lasst uns von den Pilzen lernen!   Swantje Köhler


Verwobenes Leben 

Wie Pilze unsere Welt formen und unsere Zukunft beeinflussen.

Merlin Sheldrake

Ullstein, 2020, 448 Seiten

ISBN 978-3548065311

16,99 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #66

Photo
von Philipp Gerhardt

Wachstum, aber pronto!

Auf den Flächen von »Wilmars Gärten« bei Märkisch Wilmersdorf sind die noch jungen Gehölzstreifen gut zu erkennen. Eine Struktur entsteht …Ich freue mich sehr über den nachfolgenden Beitrag »Aufbäumen gegen die Dürre « von Ute Scheub

Photo
von Frank Hofmann

Düngerproduzent Mensch

Mit geschlossenen Stoffkreisläufen beschäftigte ich mich erstmals im Jahr 2009 bei einem Permakulturseminar. Es war ein Einführungskurs, und an einem Abend stellte uns Dr. agr. Haiko Pieplow als Gastreferent die Theorie und Praxis von Terra Preta vor. Mit dieser Kulturtechnik

Photo
von Ute Scheub

Aufbäumen gegen die Dürre

Wasser kühlt, das wissen wir alle. Und dennoch wird dieser Umstand in der Klimadebatte massiv unterschätzt. Viele glauben, es reiche, den CO2-Gehalt in der Atmosphäre zu reduzieren. Dabei sind die Dinge viel komplexer, denn es gibt weitere, biophysikalisch sehr unterschiedlich

Ausgabe #66
Kompost werden!

Cover OYA-Ausgabe 66
Neuigkeiten aus der Redaktion