Stadtgärten in New York
In New York begann die Bewegung für urbanes Gärtnern schon in den 70er Jahren. Sie gedeiht bis heute.
Das Gentrifidingsbums schleicht durch die Viertel. Triste Waschbetonklötze weichen gleißenden Glasfassaden, marode Altbauten wandeln sich zu City-Appartments. Schon wieder neue Nachbarn, Tendenz: steigende Kaufkraft. Geradezu unheimlich.
Ist es wiedererblühender kollektiver Wohlstand, der sich da in den Schaufenstern spiegelt? Ein selbstregulatives Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage? Keineswegs. Christoph Twickel nennt es eine »Maschinerie, die die Teilhabe an der Stadt über Geld und Herkunft regelt« – einen »Klassenkampf von oben«. Denn für die Verlierer der urbanen Verwandlung bedeutet sie Abwanderung in unattraktive bis prekäre Randgebiete: »Gentrifizierung ist kein ›Prozess‹ ohne Namen und Adresse. Sie ist das politisch beförderte Recht des Stärkeren, angewandt auf den Stadtraum.« In seinem Buch beleuchtet Twickel detailliert, wie Akteure aus Politik und Wirtschaft einander in die Hände spielen. Dabei fällt auch Licht auf die Instrumentalisierung von Kunst und Alternativkultur als Standortfaktor: Nach der Devise »Künstler rein, Arme raus« beginnt die Wandlung prototypisch mit dem Zuzug einer kreativen Avantgarde. Unfreiwillig befördert sie die ökonomische Aufwertung eines Stadtteils – bis der Zwischennutzungsvertrag ausläuft oder die Miete unbezahlbar wird.
Schauplatz des Buchs ist zumeist Hamburg, wo der Autor sowohl Protagonist als auch journalistischer Dokumentator der Recht-auf-Stadt-Bewegung ist. Die Aktivitäten dieses Netzwerks sind es auch, anhand derer er nach umfangreicher Aufklärungsarbeit Möglichkeiten zur Opposition aufzeigt: aus Graswurzelperspektive und »für Leute, die sich in eine Polemik über den Wandel ihrer Stadt einmischen möchten«. Twickel erklärt auf 120 Seiten ein komplexes Phänomen und macht es durch Interviews, Geschichten und klare Stellungnahmen zugänglich. Ihm ist ein kurzweiliges Buch gelungen, pointiert, provokant und umfassend recherchiert, das sich eignet, Bewusstsein für die Kräfte zu schaffen, die hinter der neuen Pracht unserer Städte walten – eine Lektüre, die empört. Zugleich aber eine Ermutigung, Stadt wieder als Gemeinwesen zu begreifen und das Recht auf Mitsprache einzufordern.
Gentrifidingsbums
Oder eine Stadt für alle.
Christoph Twickel
Edition Nautilus, 2010
128 Seiten
ISBN 978-3894017262
9,90 Euro
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