Buchtipps

Was uns nicht umbringt (Buchbesprechung)

von Vera Kalitzkus, erschienen in Ausgabe #39/2016
Photo

»Ein Trauma erschüttert uns bis ins Mark und konfrontiert uns mit der harten Wahrheit, dass wir zerbrechliche Wesen sind und letztlich sterben müssen«, schreibt der Psychologe und Traumaforscher Stephen Joseph, Autor des Buchs »Was uns nicht umbringt  – Wie es Menschen gelingt, aus Schicksalsschlägen und traumatischen Erfahrungen gestärkt hervorzugehen«. Verbietet es sich nicht, nach positiven Entwicklungen zu fragen, die aus einer schrecklichen Erfahrung hervorgehen können? Nein, meint Joseph aufgrund seiner langjährigen Forschungsarbeit und therapeutischen Praxis. Durch zahlreiche Studien sei belegt, dass ein posttraumatisches Wachstum möglich ist. Diejenigen, die eine solche Entwicklung vollzogen, berichten häufig von einer Stärkung ihres Selbstbewusstseins, einer Intensivierung ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen und einer höheren Wertschätzung dem Leben gegenüber. Das ist jedoch kein Grund zur Verklärung einer solchen Erfahrung, denn, so Joseph, diese Menschen seien durch das Trauma »oft bis in ihre Grundfesten erschüttert und leiden auch unter posttraumatischer Belastung. Sie wachsen an ihrem harten inneren Kampf«. Ziel seines Buchs ist es, posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) als einen Prozess zu begreifen, den Betroffene nicht nur bewältigen (coping), sondern über den sie hinauswachsen können.
Im ersten Teil legt der Autor verständlich dar, was unter Trauma zu verstehen ist und wie sich eine traumatische Erfahrung physiologisch und psychologisch auswirkt. Wie eine transformative Bewältigung konkret aussehen kann, wird im zweiten Teil des Buchs behandelt. Teil drei beinhaltet konkrete Hinweise zu förderlichen Bedingungen für ein solches Wachstum, denn es gibt therapeutische Methoden, um Menschen bei der Überwindung eines traumatischen Erlebens zu unterstützen. Darüber hinaus finden Betroffene Anregungen, wie sie gut für sich selbst sorgen können. Menschen berichten darüber, was ihnen unabhängig von therapeutischen Methoden geholfen hat, ihre traumatische Erfahrung zu überwinden: »echtes Akzeptiertwerden, das Gefühl, geliebt und umsorgt zu werden, sowie Zugehörigkeitsgefühl und Verbindung mit anderen«.
Das Buch bietet einen profunden Überblick zum aktuellen Stand der Forschung und erläutert die zugrundeliegenden Konzepte in verständlicher Sprache. Betroffenen und Menschen, die diese begleiten, ist dieses Buch sehr zu empfehlen. ◆ ­


Was uns nicht umbringt
Wie es Menschen gelingt, aus Schicksalsschlägen und traumatischen Erfahrungen gestärkt hervorzugehen.
Stephen Joseph
Springer Spektrum, 2015
269 Seiten
24,99 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #39

Photo
von Lara Mallien

Der blinde Ölfleck

Die schönste Gemüse- und Getreideernte macht nicht satt, wenn im Haus das Öl fehlt. Der Körper braucht essenzielle Fettsäuren.

Photo
Die Kraft der Visionvon Charles Prince

Verbindung schaffen

Mich besorgt, dass wir uns gegenwärtig kaum mit unserer Weltwahrnehmung auseinandersetzen. Wir nehmen die mechanistische Weltsicht als gegeben hin und glauben, der wissenschaftliche Empirismus, der unseren Diskurs so stark geprägt hat, sei die einzige Sprache, die wir zur Orientierung in

Photo
von Elena Ball

Oh wie süß!

Tiefrote Himbeermarmelade, ­violettes Pflaumenmus, sonnengelber Holundersirup, in Essig eingelegte saure Gurken – oft ist Zucker als Konservierungsmittel im Spiel, wenn es ums Einkochen oder Einmachen geht.

Ausgabe #39
Wir werden konservativ

Cover OYA-Ausgabe 39
Neuigkeiten aus der Redaktion