Buchtipps

Sieben Stock Dorf (Buchbesprechung)

von Fabian Müller, erschienen in Ausgabe #44/2017

Wer träumt nicht von einer günstigen Wohnung mit hilfs­bereiten Nachbarn und von einer angenehmen Umgebung in Verbindung mit einem nachhaltigen Lebensstil? Die Journalistin Barbara Nothegger beschreibt in ihrem Buch »Sieben Stock Dorf« den langen, teils steinigen Weg, sich diesen Traum zusammen mit ihrer jungen Familie zu erfüllen.
Insbesondere die Schilderung der schwierigen Situationen und Entscheidungen machen das Buch authentisch, die dargestellten Selbstzweifel der Autorin und deren Überwindung lassen die Beharrlichkeit erkennen, mit der sie das Ziel eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts verfolgt. Ihre persönlichen Erfahrungen bei der Wohnungssuche, beim Aufbau des Träger­vereins und beim Neubau des »Wohnprojekts Wien«, in das sie letztlich mit 65 anderen Erwachsenen und 35 Kindern einzieht, strukturieren das Buch und sorgen für einen klaren Aufbau. Immer wieder schiebt die Autorin Abschnitte ein, in denen sie auf Entwicklungen am Wohnungsmarkt eingeht, von denen sie selbst betroffen war – wie etwa steigende Mieten durch Immobilienspekulationen. Die verwendeten Zahlen und Fakten sind gut recherchiert; hier scheint Notheggers Beruf durch. Viele Experten gemeinschaftlichen Bauens kommen zu Wort, es geht neben der Finanzierung auch um die gemeinsame Gestaltung des Zusammenwohnens der Bewohnerinnen und Bewohner. Lebendig wird das Buch außerdem durch die vielen Beispiele ähnlicher Wohnprojekte im deutschsprachigen Raum. Gleichzeitig werden gesellschaftspolitische Fragen angesprochen: Wie können gemeinschaftliche Wohnprojekte ihre Nachbarn im Quartier bereichern? Können sie ein Weg sein, dauerhaft für bezahlbaren Wohnraum in Städten zu sorgen? Wie nachhaltig kann ein solcher Lebensstil tatsächlich sein? Barbara Nothegger zeigt deutlich, dass gemeinschaftsbetonte Wohnformen sich schon lange nicht mehr auf Studenten-WGs und Landkommunen beschränken; ganz normale Menschen haben begonnen, sie auszuprobieren.
Das Buch konzentriert sich überwiegend auf städtische Wohn­experimente; ähnliche Versuche auf dem Land werden eher zu Vergleichen herangezogen. Eine umfangreiche Linkliste im Anhang sowie Empfehlungen der Autorin in den einzelnen Kapiteln helfen auch Leserinnen und Lesern ohne Gemeinschaftserfahrung, sich weiter zu informieren. So gibt »Sieben Stock Dorf« eine anregende Vorstellung vom Leben im Wohnprojekt Wien. 


Sieben Stock Dorf
Wohnexperimente für eine bessere Zukunft.

Barbara Nothegger
Residenz Verlag, 2017, 176 Seiten
19,00 Euro

weitere Inhalte aus #44 | Wachsen auf Sediment

Photo

Kobane Calling (Buchbesprechung)

Der junge Römer Michele Rech, Künstlername »Zerocalcare«, reiste mit einer Handvoll Freunde aus der linken Szene 2014 und 2015 in die Türkei, den Irak und das ehemalige Staatsgebiet von Syrien. Bei ihrer ersten Reise nahmen sie an Hilfsaktionen im türkischen Grenzort

Photo

Aus:Tausch

Zusammengefasst von Matthias FerstererDa liege ich nun also im kalendarischen Sommer in einer Wiese mit brusthohem Gras, lausche dem Zwitschern der tieffliegenden Schwalben, lasse den Blick schweifen und sinniere – über die Cyanobakterien. Der blaue Himmel über mir, die

Photo
Permakultur

Seide tragen, Maulbeerbäume pflanzen

8000 Jahre lang galt fast überall auf der Welt die Fruchtbarkeit der Böden als Gabe der Götter. In China aber war es die Pflicht der Bauern, Fürsten und Beamten, die Bodenfruchtbarkeit zu schützen und zu fördern. Nur so gelang es, im am dichtesten besiedelten Land

#44 | Wachsen auf Sediment

Cover OYA-Ausgabe 44
Neuigkeiten aus der RedaktionVerteilstationen