Permakultur

Multitalent Biomeiler

Mikroorganismen verwandeln Holzhäcksel in Wärme, Gas und Humus.
von Christian Schembritzki, Tina Bernecker, Falk Pißler, erschienen in Ausgabe #11/2011
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Der Biomeiler ist eine einfache Anlage zur energetischen Nutzung von Biomasse. Erzeugt werden dabei Wärme und Biogas. Etwa 80 Kubikmeter Holzhackschnitzel werden hierfür zu einem über drei Meter hohen Haufen aufgeschichtet, den man dann über einem Zeitraum von 18 bis 24 ­Monaten – je nach Zusammensetzung des Materials – von Mikroorganismen durch ­aerobe Fermentation zu enorm hochwertigem Kompost umwandeln lässt. Bei dem Verrottungsprozess entstehen Temperaturen von rund 70 Grad. Im Inneren des Meilers verlaufen Rohrleitungen, die die Funktion eines Wärmetauschers übernehmen. Die Rohre werden je nach Anwendungsfall von Luft oder Wasser durchströmt, so dass die abgeführte Wärme zur Warmwassergewin­nung oder Beheizung von Wohn- oder Gewächshäusern genutzt werden kann. Daneben ist es möglich, in einem eingelassenen Tank Biogas zu produzieren. Der nach Ablauf des Prozesses entstandene Holzkompost kann schließlich zur Aufforstung oder in der biologischen Landwirtschaft genutzt werden.
Die Anwendung des Biomeilers erfolgt nicht für die industrielle Nutzung, sondern im lokalen und dezentralen Bereich. Er kann mit geringem technischem Aufwand gebaut und genutzt werden, was einen großen Vorteil gegenüber modernen Holzverbrennungsanlagen darstellt. Im Gegensatz zur Verbrennung wird hier bei der Wärmeentstehung nicht der gesamte Kohlenstoff zu Kohlendioxid oxidiert, sondern zum Teil in Form von hochwertigem Humus im Kompost gespeichert. In diesem sind auch alle anderen Nährstoffe des Ausgangsmaterials enthalten. Der Kompost hat gegenüber dem Ausbringen des Verbrennungsrückstands Asche den Vorteil, dass die Nährstoffe nicht so schnell ausgewaschen werden können. Als Mulchschicht verwendet, entsteht neuer, fruchtbarer Boden, in dem Kohlenstoff gespeichert ist. Somit gelangt auch weniger CO2 in die Atmosphäre.
Zwei Jahre lang konnte mit Hilfe des alten Meilers ein Gewächshaus mit Warmluft beheizt werden, so dass es im Winter darin nicht gefror. Daneben wurde mit ihm eine 2000-Liter-Badewanne betrieben; einmal pro Woche konnten wir darin zu mehreren Personen baden.

Einfache Technik
Jeweils 25 Personen nahmen an zwei Wochenenden an den Biomeiler- Workshops teil, in denen der alte Biomeiler abgebaut und ein neuer errichtet wurde. Am ersten Wochenende wurde der Kompost aus dem alten Meiler als Mulchmaterial in 20 cm dicken Schichten auf die Beete sowie unter Sträucher und Bäume des Gartens ausgebracht. Laut Jean Pain wirkt sich dieser aufgrund der enthaltenen Mikroorganismen und Nährstoffe sehr positiv auf Vitalität, Ertrag und Qualität der Gewächse bzw. Früchte aus. Pain beschrieb, dass durch diese Mulchschicht selbst in der regen­armen Provence im Sommer nicht mehr ­gewässert werden musste.
Am zweiten Wochenende wurde der neue Biomeiler aufgebaut. Im Unterschied zum ersten Meiler verlegten wir das 230 m lange Rohrsystem spiralförmig statt zylindrisch. Zusätzlich kam ein perforiertes Rohr zur inneren Bewässerung der Anlage mit warmem Wasser zum Einsatz. Neu ist auch der eingebaute kleine Tank, mit dem Experimente zur Biogasproduktion möglich sind, sowie der »Terra-Preta«-Versuch, der eine uralte indianische Methode zur Herstellung von dauerhaft fruchtbarer Schwarzerde aufgreift: Durch in die Häckselmasse eingebrachte Holzkohle­partikel soll im entstehenden Kompost das Ausspülen von Nährstoffen verhindert und die Bodendurchlüftung sowie die Wasseraufnahmefähigkeit und -speicherkapazität erhöht werden. Pflanzen können Nährstoffe und Mineralien so besser aufnehmen, und die Boden-Mikroorganismen finden in der schwammartigen Oberfläche der Holzkohle einen perfekten Lebensraum.

Experimentelles Stadium
Verschiedene Messungen sollen im Verlauf der nächsten zwei Jahre genaue Daten über die energetische Ausbeute und den Ablauf der Verrottung liefern. Da nur sehr wenige Informationen hinsichtlich dieser Technik existieren, dient die experimentelle Anlage in erster Linie zur Sammlung von Erfahrungen und Wissen zu Wirkmechanismen, Aufbau- und Nutzungsmöglichkeiten. So wurde auch eine Probe zur wissenschaftlichen Untersuchung des gereiften Komposts in ein Labor geschickt.
Damit ein Biomeiler wirklich nachaltig ist und der Kompost hochwertig wird, gilt es zu beachten, woher das Häckselmaterial stammt. Rückschnitt von Bäumen und Sträuchern an Rändern der Autobahn oder stark befahrenen Straßen ist ungünstig, da die Schwermetallbelastung hier bedenkliche Ausmaße annimmt. In unseren Breiten macht auch die Verwendung von Unterholz der Wälder keinen Sinn, da hier keine akute Waldbrandgefahr herrscht und aufgrund der wenigen Waldflächen der Lebensraum für viele Tierarten ohnehin schon knapp ist. Sinnvoll ist dagegen die Nutzung von Gartenschnitt, der in vielen Gemeinden zentral gesammelt und abgefahren wird. Dieser sollte möglichst frisch sein und spätestens drei Wochen nach dem Schnitt verwendet werden. Im Regelfall dürfte es für Privatleute allerdings nicht leicht sein, die notwendige Menge Material zu beschaffen. 


Christian Schembritzki (36) ist Initiator der Drachenmühle und führte mit Hilfe der Perma­kultur-Studenten Tina Bernecker (27) und Falk Pißler (30) die ersten beiden Biomeiler-Workshops durch. www.drachenmuehle.de

Wege zum eigenen Biomeiler
Unter dem Stichwort »Methode Jean Pain« gibt es bei YouTube einige Videos. Dort sieht man, wie der Erfinder Pain mit selbstproduziertem Gas ein Auto betreibt.
 Praktische Informationen finden sich auch auf den Seiten www.selbstversorgerforum.de (nach »Biomeiler« suchen) und 
www.biomeiler.at.
 Die Seite des Autors: 
http://biomeiler.blogspot.com.
Literatur:
 Auf der Basis von Jean Pains Biomeiler-Büchlein »Ein anderer Garten« wurde von deutschsprachigen Biomeilerpionieren die Broschüre »Der Biomeiler – Bau, Optimierung und Erfahrungen« verfasst. Sie ist im Downloadbereich unter 
www.permakultur-forschungsinstitut.net kostenlos herunterzuladen.
 

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