Ein guter Weg für Afrika
Im Senegal plant die Regierung, 14 000 Dörfer durch die Umwandlung in Ökodörfer zukunftsfähig zu machen.
Michael, du warst ursprünglich als Politologe tätig. Danach hast du 30 Jahre lang in der Erwachsenenbildung und als Bewusstseinslehrer gewirkt, dich also intensiv mit der inneren Entwicklung von Menschen beschäftigt. Dann hast du mit Freunden eine Retreat-Siedlung für Kreativität, Ökologie und Kulturarbeit in Portugal aufgebaut. Was hat dich zu diesem Schritt bewogen?
Mir wurde immer klarer, dass innerer und äußerer Wandel zusammengehören. Wenn wir uns wirklich verändern wollen, müssen wir die Welt mitverändern. Wir müssen bei uns selbst anfangen, dann aber auch den Schritt zu einer gemeinsamen Veränderung machen, so dass eine neue Art von Zusammenleben entsteht, die mit Gemeinschaft zu tun hat. Nicht im Sinn der alten Familienstrukturen, sondern in einer viel freieren und kreativeren Form, die aber auch Verbindlichkeit, gemeinsame Projekte und Entwicklungsperspektiven einbezieht.
Seit drei Jahren bist du nun in der Transition-Town-Bewegung aktiv. Wie hängt dieses Engagement mit deinem Interesse an innerer Entwicklung und Gemeinschaftsaufbau zusammen?
Der Klimawandel und das Ende des Ölzeitalters zwingen uns zu großen Veränderungen in gesellschaftlichem Maßstab. Wir dürfen uns nicht länger auf Gemeinschaftsexperimente konzentrieren, die sich im ländlichen Raum abseits der urbanen Zivilisation abspielen. Wir brauchen neue bürgerschaftliche Konzepte und Projekte, die die Erfahrungen der Gemeinschaftsprojekte in größere Zusammenhänge übertragen.
Über einen australischen Freund kam ich mit der Transition-Bewegung in Kontakt. Das Konzept hat mich gleich überzeugt und inspiriert, weil es bei den Bedürfnissen der Beteiligten ansetzt und die Menschen ermächtigt, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. So entstehen neue Formen des Miteinanders – auch in der Stadt.
Wie kann so ein neues Miteinander in der täglichen politischen Arbeit wachsen?
Da können wir von Gemeinschaftsprojekten sowie von sozialen und spirituellen Netzwerken lernen. Es gibt eine Menge einfacher und unscheinbarer Werkzeuge, die die Zusammenarbeit im Geist eines neuen Miteinanders »unsichtbar« unterstützen.
Zum Beispiel?
Zunächst gilt es, bei Treffen eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle schon durch die Gestaltung des Raums körperlich, geistig und emotional wohlfühlen. Zu Beginn sollte ein Moment der Stille es allen ermöglichen, sich ganz auf dieses Zusammensein einzustellen. Ein Redekreis gibt dann jedem die Gelegenheit, sich persönlich mitzuteilen. So kann ein Raum der gemeinsamen Resonanz geschaffen werden. Durch das Vorlesen eines kurzen Gedichts oder eines Zitats, das Vorspielen eines Musikstücks oder Audio-Beitrags kann das gemeinsame Anliegen ins Zentrum gerückt und spürbar gemacht werden. Wenn bei der hierauf folgenden Arbeit jemand die mentale Information nicht mehr aufnehmen kann, sollte sie oder er zu einem Moment des Innehaltens einladen, in dem nicht gesprochen wird. Danach fährt die Gruppe mit ihrer Arbeit entspannter fort.
Zum Abschluss empfiehlt es sich, die geleistete Arbeit in den größeren Zusammenhang des Wandels einzuordnen und sie so in ihrer Bedeutung zu würdigen. Außerdem sollten Personen, die sich besonders eingesetzt haben, anerkannt und gefeiert werden. Es ist wichtig, dass alle immer wieder die innere Berührung und das Getragensein von etwas Größerem spüren und wahrnehmen können.
Das klingt recht einfach. Ist es dennoch schwer umzusetzen? Was ist die Aufgabe der Gruppenleiter?
Es ist einfach, wenn man aufmerksam ist. Bei dieser Gestaltung von Arbeitsprozessen geht es darum, immer wieder zwischen innerer und äußerer Aufmerksamkeit zu wechseln.
Bei der Anwendung dieser Arbeit in zivilgesellschaftlichen Netzwerken sehen wir uns nicht als Gruppenleiter oder Therapeuten, sondern als Begleiter, Gastgeber und kreative Impulsgeber. Es geht um kunstvolle Bewusstseinsmodulationen einer neuen Art. Als Moderator von Bewusstseinsprozessen ist es wichtig, ganz mit der Gruppenseele verbunden und gleichzeitig Beobachter dieser Prozesse zu sein.
Joseph Beuys sprach einst von »Wärmearbeit«. Ja, wir brauchen Pioniere, die Wärme in unsere Netzwerke und Handlungsfelder einbringen – kreativ, couragiert und mit viel Freude und Begeisterung. •
Michael Plesse (66) ist Politologe, Bewusstseinslehrer, Berater und Autor, Mitinitiator des Ausbildungsnetzes »Orgoville« und zusammen mit seiner Frau Begründer der Orgodynamik sowie Mitinitiator von »Transition-Town-Kassel«.
Wärmequellen im Cyberspace
www.michaelplesse.org
www.orgoville.de
www.ttkassel.de
Im Senegal plant die Regierung, 14 000 Dörfer durch die Umwandlung in Ökodörfer zukunftsfähig zu machen.
Wie lässt sich Commoning erklären? Die meisten hatten sich vor sieben Tagen erst kennengelernt. Trotzdem steckte vielen beim Abschied von der Commons-Sommerschule ein Kloß im Hals. Eine Woche gemeinsamen Lernens, Wanderns, Singens, Pläneschmiedens hatte eine Gemeinschaft enstehen lassen.
Mehr als 200 Münchener Familien sind auf dem Weg, gemeinsam eine Gärtnerei zu betreiben und sich regional zu ernähren.