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Wir konsumieren uns zu Tode (Buchbesprechung)

von Anne Erwand, erschienen in Ausgabe #25/2014
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»Es ist ein alter Hut: Der Wandel des Lebensstils […] stellt die Ressourcen der Welt vor eine Herausforderung, der sie nicht gewachsen sein werden.« So lautet einer der abschließenden Sätze in Armin Rellers und Heike Holdinghausens Buch »Wir konsumieren uns zu Tode«. Ein alter Hut ist leider auch die zentrale Aussage der rund 200 Seiten starken Publikation – allerdings nicht unbedingt im negativen Sinn. Denn diese Aussage – der Mensch beutet die Ressourcen der Welt aus, als ob es kein Morgen gebe, weshalb dringend Handlungsbedarf besteht – ist bei weitem keine Neuigkeit mehr. Da sich an dieser unangenehmen Wahrheit bislang nichts Grundlegendes geändert hat, kann man sie dennoch nicht oft genug wiederholen. Und genau das tun die Autoren hier.

»Wir konsumieren uns zu Tode« bietet den Leserinnen eine schier unendliche Fülle an Fakten und Informationen. Im Zentrum steht dabei immer das Thema »Ressourcen«. Holz, Erdöl, Baumwolle und Metalle sind nur einige der vorgestellten Stoffgeschichten. In ihrer Erzählweise gehen Reller und Holdinghausen dabei sehr systematisch vor. Von der Entstehung der Stoffe, ihrer Herkunft und ihrer Rolle in der Geschichte der Menschheit bis hin zu ihren Transportwegen und Verwendungsmöglichkeiten wird jeder noch so kleine Aspekt erläutert. Ein Schatz für Wissbegierige und Detailverliebte, aber auch leicht ermüdend für all jene, die mehr an Lösungswegen, als an Problemaufrissen interessiert sind.

Der Vorteil dieser Akribie ist allerdings, dass das Buch mit seinem großen inhaltlichen Reichtum das perfekte Rüstzeug für jede (Fach-)Diskussion bietet. Besonders praxisnah ist dabei die Idee, die einzelnen Kapitel des Werks mit einer durchgehenden Geschichte zu verbinden: ein Paar, das in seine Stuttgarter Wohnung Gäste zum Essen einlädt. So simpel dieser Ansatz auch klingen mag, so griffig dient er doch als Ausgangsbasis für die unterschiedlichsten Stoffgeschichten – der Werkstoff Holz, aus dem der große Küchentisch gemacht ist, der feine Braten und dessen fragwürdige Herkunft, die Kleidung der Gastgeber usw. Diese durchaus interessante Herangehensweise verliert sich allerdings im Lauf der detailüberladenen Kapitel etwas.

»Wir konsumieren uns zu Tode« ist ein wichtiges Buch, geschrieben mit einer ehrbaren Intention. Es wird wohl vor allem jene Leserinnen und Leser ansprechen, die sich diesem Themengebiet vorwiegend über die rationale Schiene nähern wollen. Mitreißend geschriebene Appelle, die Lust machen, sofort aufzuspringen und die Welt zu retten, darf man hier nicht erwarten.

 

Wir konsumieren uns zu Tode
Warum wir unseren Lebensstil ändern müssen, wenn wir überleben wollen!
Armin Reller, Heike Holdinghausen
Westend Verlag, 2013, 224 Seiten
ISBN 978-3864890499
14,99 Euro

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