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Baustelle Zukunft (Buchbesprechung)

von Julia Fuchte, erschienen in Ausgabe #24/2014
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»Denkanstöße zur Zukunft unserer Gesellschaft«
möchte die Oekom-Reihe »Politische Ökologie«
geben. Deren neuer Band versammelt in diesem
Sinn Aufsätze von namhaften Wissenschaftlern
einschlägiger Institute sowie von »Pionieren des
Wandels«, die skizzieren, wo sich gegenwärtig Wandel
abzeichnet und wer ihn vorantreibt. Dabei wird
deutlich: Die »Große Transformation« (nach dem
Sozialwissenschaftler Karl Polanyi) bedeutet eine
völlige Neuformulierung unseres Welt- und Selbstverständnisses.
Das geht weit über den »neuen globalen
Gesellschaftsvertrag« hinaus, den der Wissenschaftliche
Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
(WBGU) propagiert – das herrschende
Wirtschaftssystem mit seiner Wachstumslogik selbst
steht in der Kritik. Die Aufsätze geben einen Einblick
in die Vielzahl der Fragen, die in einer »Postwachstumsökonomie
« neu zu stellen sind.

Von Arbeitsmarkt, Investitionskapital und Energiewende
bis Denk- und Forschungskultur werden hier
Felder beleuchtet, in denen ein Wandel auf grundsätzlicher
Ebene stattfinden muss. Auch einzelne
gesellschaftliche Akteure und ihre Aufgaben stehen
im Fokus: Von der Politik werden ein verlässlicher
Rahmen für eine grüne Wirtschaftsordnung und eine
»Emotional Leadership« gefordert, die an Kooperation
appelliert. Die zukünftige Agrarwirtschaft soll von
Regionalität, der Nutzung erneuerbarer Energien, geschlossenen
Rohstoffkreisläufen und von veränderten
Konsumstilen geprägt sein. Eine Schlüsselfunktion
auf dem Weg zur Unabhängigkeit von fossilen Ressourcen
wird Städten und Gemeinden zugeschrieben.

In den Blick genommen wird auch, was die Transformation
und die gewünschte Gleichstellung von
Sorge- und Erwerbsarbeit für das Rollenverständnis
der Geschlechter bedeutet. Damit sich überhaupt etwas
ändern kann – so die Plädoyers –, bedarf es einer
weltweiten Vernetzung verschiedenster Initiativen,
eines breitenwirksamen »Transformationsjournalismus
« und neuer Aufbegehrens- und Protestformen.
Der Band gibt einen Überblick über den Stand
der Diskussion und bringt teilweise auch neue Erkenntnisse
für Leser mit Vorwissen. Dabei bleiben die
einzelnen Diskurse jedoch an der Oberfläche, einige
Grundthesen wiederholen sich. Im Sinn transdisziplinärer
Zusammenarbeit wären noch mehr Beiträge
von Autoren konkreter gesellschaftlicher Initiativen
interessant gewesen. Auch wenn die bildreichen Titel
im Inhaltsverzeichnis zunächst verwirren, skizziert
der Band insgesamt recht gut, wohin die Reise gehen
könnte.

 

 

Baustelle Zukunft
Die Große Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft.
oekom e.V. (Hg.)
oekom, 2013, 162 Seiten
ISBN 978-3865814241
16,95 Euro

 

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