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Zukunft im Süden (Buchbesprechung)

von Juliane Rudloff, erschienen in Ausgabe #20/2013
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Claus Leggewie ist Politologe, Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Attac-Netzwerks. Sein Buch »Zukunft im Süden« ist ein real-utopischer Entwurf, um der vor allem in die Finanzkrise geratenen Europäischen Union einen Ausweg zu weisen. Anstatt die südlichen Länder als gemeinschaftsgefährdende Austrittskandidaten zu handeln, sollte die Europäische Union sie gemeinsam mit den arabischen Ländern des südlichen Mittelmeers in eine enkelfreundliche Zukunft führen.

Wegen dieser Zukunft gingen 2011 und 2012 vor allem junge Menschen auf die Straße: in Spanien, Portugal und Griechenland gegen überkommene Spekulations- und Rentenökonomien, in Tunesien, Marokko und Ägypten gegen Diktatoren und Autokratenregime. Um eine Antwort auf die Krise des Südens zu geben, geht Leggewie zunächst in einem historischen Rekurs auf die kulturellen Leistungen des Mittelmeerraums ein, ohne die die europäische Entwicklung nicht möglich gewesen wäre. Die Fluidität seiner ehemaligen Grenzen inspiriert zu einer neuen Mittelmeerunion als lockerer föderaler Vernetzung subregionaler Einheiten. Diese wäre von einem echten europäischen »Demos« legitimiert und gestaltet, womit Leggewie an die über Jahrhunderte gelebte Multiethnizität und urbane Kooperation anknüpft. Für die inhaltliche Arbeit einer neuen Mittelmeerunion schlägt er fünf Politikfelder vor, von denen leider nur drei näher ausgeführt werden. Die Energiewende betrachtet Leggewie einseitig mit dem großtechnischen Projekt »Desertec«, wonach Solarstrom aus dem Süden und Windstrom aus dem Norden quer durch ganz Europa geschickt werden sollen. Auch, dass er im Zusammenhang mit dem Schutz des Allmendeguts Meer von »Nutzungs- und Ausbeutungsrechten« spricht, macht etwas stutzig. Wettgemacht werden diese Patzer aber durch einen echten Neuansatz für die Rückkehr der Menschlichkeit in die Politik: Wenn materielle Güter wieder als Symbole für die Herstellung, Artikulation und Stabilisierung sozialer Beziehungen verstanden werden, ermögliche die »Utopie der Gabe« einen Neuanfang nicht nur für den Schuldner, sondern auch für den Gläubiger. Leggewie plädiert daher für Schuldenerlasse, die in Nord wie Süd Freiräume für alternative, lokale und soziale Ökonomien scha en würden. Leggewies Ansatz weist einen begehbaren Weg aus dem starren Institutionengefüge, der Finanzkrise sowie der Abschottungsstrategie gegenüber dem Süden und ist somit eine echte Zukunftsperspektive. Die Unstimmigkeiten und die etwas oberfl ächliche Darstellung der Politikfelder mag man ihm verzeihen. Besonders Europa-Laien bietet die verständliche Darstellung einen guten Einstieg und Überblick.

 

Zukunft im Süden
Wie die Mittelmeerunion Europa wiederbeleben kann
Claus Leggewie
Edition Körber Stiftung, 2012
270 Seiten
ISBN 978-3896840936
16,00 Euro

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