Titelthema

Essen ist Begegnung mit Lebewesen

Menschen ernähren sich, indem sie Pflanzen sammeln, in Gärten oder auf Äckern ­anbauen, indem sie Wildtiere jagen und Haustiere schlachten – auch im 21. Jahrhundert ist das der Fall. Wie kann sich diese Beziehung auf Leben und Tod gut gestalten?von Maria König, erschienen in Ausgabe #29/2014
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© Heike Schelletter

Kürzere Tage, buntes Laub, goldenes Licht, Zugvögel und tieftrübe Regenschleier: Der Herbst verführt zu langen, gedankendurchwirkten Spaziergängen. Wo klarer, frischer Wind mich mit Herbstlaub umwirbelt, spüre ich mehr als sonst mich selbst und die Verbindung zur Natur. Mit meinem Vater war ich früher oft zum Pilzesammeln im Wald – eine der wenigen Naturerfahrungen, die ich unmittelbar mit »Essen« verbinde.
Sprechen wir von Essen, denken wir eher an Tisch und Teller, Rezepte und Gerichte, Lebensmittel und Einkaufen; weniger daran, dass wir dabei immer Pflanzen oder Tiere, einen Teil unserer Welt, zerbeißen und zerkauen. Obwohl es die Zeit der Früchte ist, denke ich im Herbst nur selten an all die essbaren Lebewesen, an denen ich in freier Natur vorbeigehe. Die Erinnerung an das Pilzesammeln erscheint mir als ein nur dünnes Rinnsal aus einer Erfahrungswelt, die viel weiter und größer sein könnte. Wie ist es, hautnah in Beziehung zu treten zu dem, was uns nährt und speist?

Im Gespräch mit den Wildpflanzen
Wenn Janine Schaff einen Herbstspaziergang unternimmt, blicken ihr aus dem Gras wilde, köstliche Gewächse entgegen. »Ich mag die Wildkräuter, die Bäume und die Sträucher. Ich mag, dass ich mich zu ihnen auf den Weg mache, dorthin, wo sie zu Hause sind.« Eisenreiches Franzosenkraut, treuer Spitzwegerich (treu zum Wegesrand), frische Vogelmiere, die sich auch noch im Herbst gut für Salat eignet; Goldnessel, Brombeerblätter und Gundermann – auf einem Spaziergang am Dorfrand von Heckenbeck in Niedersachsen teilt Janine mit mir ihr reiches Wissen, das sich die 35-Jährige in Kursen und auf eigene Faust angeeignet hat und mittlerweile intuitiv anwendet. »Seitdem mir bewusst geworden ist, dass es unmittelbar vor der Haustür etwas zu essen und zu sammeln gibt, wollte ich mehr über Pflanzen lernen. Das alte Kräuterwissen hat mich sehr angesprochen. Außerhalb des Gartens bin ich groß geworden mit: ›Das ist giftig, das ist giftig, das ist giftig.‹ Meinen Kindern habe ich von Anfang an gezeigt, was sie essen können und was nicht. Sie erleben die Natur als Freundin.«
Zu Hause macht sich Janine, die sich auch beruflich zur »Fachberaterin zur Selbstversorgung aus der Natur« weitergebildet hat, aus ihren Funden am liebsten Pestos, Wildkräutersuppen und Smoothies. Im Herbst sammelt sie auch das vergessene Obst an den Straßenrändern ein und kocht und dörrt sich so einen Schatz an Wintervorräten zusammen.
Ihr gefällt, dass es draußen jenseits von Ladenöffnungszeiten jederzeit die Möglichkeit gibt, sich zu ernähren. »Es gibt nicht meine oder deine Brennnessel. Wildpflanzen sind für alle in einer solchen Fülle da, dass keiner hungern muss.«
Janine sammelt die Pflanzen weniger nach Inhaltsstoffen, sondern beobachtet lieber, wozu sie sich hingezogen fühlt. Manchmal entstehen dabei fast magische Geschichten: »Für mich hat die Brennnessel etwas von einer alten, weisen Königin. Sie sagt: ›Wenn du dich von mir ernähren willst, musst du in Kauf nehmen, dass ich dich piekse.‹ Wer sich nicht traut, dem bleibt diese Kraftquelle verschlossen.«
Die Erkenntnis, dass jede Pflanze ihren Platz hat, an dem sie besonders gut gedeihen kann, bestimmt auch ihren Blick auf den eigenen Garten. »Ich schaue, was er hervorbringt, und gestalte danach.« Manchmal holt sie sich bewusst Pflanzen in den Garten, die an anderen Stellen abgemäht werden. So fanden Beinwell, Himbeeren und einige Malven zu ihr. »So wie Pflanzen vom Menschen behandelt werden, so sehen sie aus. Wenn sie ständig abgemäht werden, fangen sie an zu kriechen. Das tat mir so leid. Bei mir dürfen sie wachsen. Wenn sie einen Ort haben, an dem sie sein dürfen, entfalten sie ihre volle Pracht.«

Verbunden mit Pferden
Auch Klaus Strüber sorgt für einen Garten. Die Pracht, die sich auf seinem Demeter-Gemüsehof entfalten darf, ist vor allem bestimmt durch jene, die dort wieder sein dürfen: die Pferde.
»Vor vielen Jahren sah ich auf einem Hof den Bauern Zwiebelschalen zum Kompost bringen, der dann als Dünger für das Feld, wo wieder Zwiebeln wachsen, dienen würde. Solche Kreisläufe faszinieren mich bis heute. Dass dabei ein Traktor durchs Bild tuckerte, fühlte sich sehr unstimmig an.«
Klaus, heute 45 Jahre alt, lernte zwei Jahre bei einem Bauern in Norwegen die Arbeit mit Pferden. Seine Frau und er betreiben nun einen eigenen kleinen Hof in der Holsteinischen Schweiz bei Lübeck, womit sie sich und eine solidarische Landwirtschafts-Gemeinschaft (SoLaWi) von 70 Menschen mit Gemüse versorgen. Mit ihrem kleinbäuerlichen Hof wollen sie Vorbild für Menschen sein, die wieder nach authentischer und naturnaher Lebens- und Arbeitsweise suchen. Der Anbau regionaler Feldfrüchte im Einklang mit der Natur hebt vor allem die Frage nach einem gesunden und ertragreichen Boden ins Zentrum der Aufmerksamkeit. »Ich vergleiche den Boden gerne mit einem Bankkonto: Man kann einzahlen oder abheben.« Um den Boden zu nähren, pflanzt Klaus nicht nur Zwischensaaten, die das Bodenleben mit frischem Dünger versorgen, sondern er sorgt auch für eine schonende Bewirtschaftung. Da kommen die Pferde ins Spiel: Ihr Einsatz bedeutet die Unabhängigkeit von Diesel und schweren Geräten, die den Boden sonst verdichten würden. Statt im klimatisierten Riesentraktor über das Land zu fahren, ist der Mensch hinter dem Pferd in direktem Kontakt mit dem Boden, in dem das Gemüse gedeihen soll. »Wenn ich mit Pferden losgehe, höre ich die Vögel, spüre ich den Wind, werde ich nass bei Regen und bewege mich«, erklärt Klaus. »Wenn ich einen Hektar Land pflüge, bin ich 17 Kilometer gelaufen! Gegenüber einem Traktor haben Pferde viel weniger Zugkraft, man ist langsamer, weniger geradlinig und nicht maschinell getaktet. Ich muss akzeptieren, dass ich es mit lebendigen Wesen zu tun habe. Das Tätigsein mit Pferden ist ein öffnender Prozess.«
Auch bei ihm spielt altes Wissen eine Rolle. »Landwirtschaft mit Pferden war vor 100 Jahren so selbstverständlich wie heute das Handy. Manchmal fühle ich mich so, als ob mir die Ahnen über die Schulter ­gucken.« Ohne alte, erfahrene Landwirte an seiner Seite musste er sich vieles über Versuch und Irrtum aneignen. Er selbst gibt sein Wissen nun in Kursen weiter.
Für alte Arbeitsgeräte gibt es keine Ersatzteile mehr, und Schmieden, die einen Pferdepflug zu schärfen verstehen, sind so gut wie ausgestorben. So ist sein Hof auch zum Forschungsfeld für Zugpferdegeräte geworden. Eine Chance, dem schwindenden Wissen entgegenzuwirken, sieht er in der Open-Source-Bewegung. Die Pläne für einen Grubber und einen Zwiebelleger, den er entwickelt hat, stellt er im Internet anderen zum Nachbauen zur Verfügung.
Den Boden sanft zu bearbeiten, ist eine hohe Kunst. Mit nichts außer Pferd und Pflug haben eisenzeitliche Ackerbauern fruchtbare Hänge in Wüsten verwandelt – die Geschichte des Ackerbaus ist auch die Geschichte der Erosion. Dass die Menschen Wege gefunden haben, als Gärtnerinnen und Bauern den Boden gut zu nähren, ist wohl eine der größten und doch am wenigsten gewürdigten Kulturleistungen.
Klaus verkörpert diese Tradition: »Die Arbeit mit Pferden ruft ein Erinnern daran hervor, wer man eigentlich wirklich ist. Was zurückkommt, wenn man sich darauf einlässt, ist eine unglaubliche Kooperationsbereitschaft der Pferde, Frieden, Wissen, Liebe, Überraschung und Grenzgehen.«
Gerade ist es das Pferd Amor, dass ihn an seine Grenzen bringt. Es ist krank, der Amtsarzt empfahl das Einschläfern. »Ich werde das so lange nicht tun, bis ich von Amor den Wunsch empfange – und das habe ich noch nicht.« Liebevoll blickt er auf den lahmenden Hengst mit der schönen Mähne und dem kräftigen Schweif, der zufrieden neben den anderen auf der Weide grast.

Den Galloways verpflichtet
Entscheidungen über das Leben und Sterben von Tieren trifft auch Helmut Querhammer. In der Döberitzer Heide bei Potsdam betreibt sein Familienbetrieb seit 1992 Naturschutz und Landschaftspflege mit Galloway-Rindern und Wasserbüffeln auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz, der nun ein Naturschutzgebiet ist. »Angefangen haben wir mit drei, dann mit sieben Tieren zu einem Zeitpunkt, wo noch Panzer am Koppelzaun entlangrollten«, erzählt er mir. Als die Herde wuchs, stellte sich die Frage nach dem Umgang mit den überzähligen Tieren. In der Natur würden Wölfe die streunenden männlichen Jungtiere reißen. Allein zur Vermeidung von Inzucht ist ­deren Selektion notwendig, damit die Herde langfristig gesund bleibt.
Dass Menschen Tiere halten, ist menschheitsgeschichtlich eine sehr alte Tradition. Noch bevor die ersten Gärten entstanden, zogen hier in Europa Nomaden mit ihren Herden durchs Land – das ist die älteste Form von Landwirtschaft.
Die Querhammers ziehen zwar nicht mit den Tieren umher, aber sie ermöglichen sehr ursprünglichen Tierarten, wie früher durch ein großes Gebiet zu streifen. Dabei übernehmen sie nicht nur die Verantwortung für ein gutes Leben der Tiere, sondern auch für deren artgerechtes und schonendes Sterben. »Das Sterben gehört beim Nutztierhalten dazu. Wichtig ist, wie es passiert. Wir sind den Tieren schuldig, dass der Prozess vernünftig abläuft.«
Ein Schlüsselerlebnis ließ den heute 60-jährigen Helmut nach achtsamen Wegen suchen. »Ich habe eines morgens Tiere ins Schlachthaus gebracht. Als ich nachmittags mit weiteren von ihnen kam, waren die vom Morgen immer noch in den Warteboxen. Eines erkannte mich, und sein Blick sagte: ›Nimm mich mit!‹ Mir wurde klar, dass ich so nicht weitermachen konnte.« Heute kommen die Tiere nicht mehr in ein großes Schlachthaus, sondern zu einem befreundeten kleinen Betrieb mit eigener Hofschlachterei in der Nähe. Es gibt hier weder Angstschweiß noch Blut.
Ob dabei Traurigkeit aufkommt, möchte ich wissen. Nein. Diese Menschen haben eine achtsame und bewusste Entscheidung getroffen.
Den Querhammers ist es wichtig, auch das Fleisch der älteren Tiere zu würdigen. Die Edelpartien ihrer Galloways konnten sie von Anfang an gut vermarkten. Vom Suppenfleisch kochte Helmuts Frau Simone leckere Gerichte, die die Kunden verkosten konnten und deren Rezepte sie erhielten. Inzwischen verkaufen sie alle Fleischpartien gut. Aus den Resten wird Hundefutter. Häute gehen zu einem Gerber und einem Trommelbauer; zudem werden sie für orthopädisches Schuhzubehör genutzt.
Der Galloway-Hof hat engagierte, interessierte Kunden. Wenn diese sich abends bei einem Glas Wein über die Freilandrinder unterhalten, schließt sich für Helmut der Kreis. »Die Leute suchen wieder Kontakt zur Nahrungsmittelproduktion. Andere wissen gar nicht mehr, was da abläuft.« Für ihn ist der Ökolandbau eine Vorstufe zum Naturschutz. »Mit dem Tier in der Fläche wird ein Fenster für viele andere Tier- und Pflanzenarten geöffnet.«

Ein Teil des Walds
Um im Wald die Biodiversität zu erhalten, stellt sich dort die Frage nach dem Leben und Sterben von Tieren ganz anders. Simon Karrer, 42 Jahre alt, begann 2009 für das »Bergwaldprojekt« zu arbeiten. Hier wird ökologischer Waldumbau zugunsten standortheimischer Baumarten wie der Buche praktiziert. Zum Gelingen des Projekts gehört auch die Jagd. Ohne den Wolf gibt es zu viel sogenanntes Schalenwild: Rehe und Hirsche, die junge Bäume verbeißen.
2012 entschied Simon, nicht nur von den Jägern mehr Verantwortung zu fordern, sondern sie auch selbst zu übernehmen. Er machte den Jagdschein und trat dem Ökologischen Jagdverband ÖJV bei. »Ich finde es unpassend, die Jagd als Sport zu bezeichnen. Es ist ein Handwerk, dass man ausüben und üben sollte.«
Anders als beim traditionellen Jagen, bei dem es vor allem um die größte Trophäe geht, steht bei der ökologischen Jagd das Wohl des Ökosystems Walds im Vordergrund – besonders das der jungen Laubbäume. »Der Wald zeigt, ob die Jagd stimmt. In Gebieten, wo sie gut funktioniert, zeigen sich die Unterschiede. Wenn ich als Kind dachte: ›Das ist Wald‹, dann sehe ich jetzt das Verjüngungspotenzial und die Entwicklung der Bodenvegetation. Ich habe eine Beziehung zu meinem Revier, fühle, dass ich da eine Funktion erfülle, dem Wald diene, und freue mich über die Buchenverjüngung.«
Für Simon gehört auch ein umfassender Umgang mit den geschossenen Tieren dazu: Zerlegen, Verarbeiten und Gerben des Fells. Über die Zubereitung von Wild hat er sich mittlerweile das Kochen beigebracht. »Außerhalb wähle ich jetzt immer öfter vegetarisches Essen, denn mit gutem Fleisch bin ich ja zu Hause versorgt.«
Zur Jagd selbst entwickelte sich langsam ein inneres Feuer. »Ich finde Rehe total schön, ich liebe sie. Da schlagen in meiner Brust zwei Herzen: Zum einen die Möglichkeit, Tiere zu beobachten, zum anderen die Gelegenheit zum Schießen. Beim Jagen entscheide ich: Jetzt geht’s nicht ums Staunen, jetzt geht’s ums Sterben.« Durch die Kritik seiner Frau, dass das Jagen nicht die einzige Antwort auf den Waldschutz sein könne und sich ebenso die Frage nach einer natürlichen Art, nach den natürlichen Beutegreifern, stelle, kam Simon inzwischen auch zum Wolfs-Monitoring, einem Netz aus ehrenamtlichen Wolfs­betreuern. Konkurrenzgedanken kennt er ­dabei nicht: »Ich bin über jeden Wolf heilfroh, und der kann so viele Rehe essen, wie er will.«

Nahrung entsteht aus Beziehung
Das moderne Jagen hat wenig gemein mit der ursprünglichen Jagd eines Naturvolks, und dennoch – als ich Simon in den Wald begleite, stellt sich unmerklich eine Art ehrfürchtiger Stille ein. Wir schweigen, räuchern mit weißem Salbei, unsere Schritte werden langsamer. Wir lauschen, klettern behutsam auf den Hochsitz, werden noch stiller, und im Dämmerlicht des schwindenden Tags sind wir präsent im Hier und Jetzt – Teil des Walds.
Vieles dreht sich um dieses Stillwerden. Die Sammlerin Janine, der Ackerbauer Klaus, die Vieh- und Landschaftspfleger der Familie Querhammer und der Jäger Simon drücken dies jeweils mit eigenen Worten aus. Sich nach draußen in die Natur zu begeben, schenkt Stille, erkennt Janine: »Draußen ist eine ganz andere Welt, ich komme da zur Ruhe. Dort kann ich einfach sein.«
Die Stille verlangt auch innere Arbeit. »Wesentlich ist dieBereitschaft, sich dem, was einem entgegenkommt, zu öffnen«, sagt Klaus. »Beziehung ist immer eine wechselseitige Wirkung. Die Initiative geht von mir aus, aber dann ist es ein Gespräch zwischen mir und den Tieren und der Landschaft und den Pflanzen.«
»Ein essbares Lebewesen zu pflücken, verlangt Aufmerksamkeit – dass ich mir Zeit nehme, um eine Pflanze wirklich wahrzunehmen«, so wieder Janine. »Wie sieht sie aus? Was strahlt sie aus? Was löst sie in mir aus? Ich kann nicht einfach nebenbei einen Strauß pflücken, sondern muss jedes Blatt angucken. Essbares und nicht Essbares steht nah beieinander«.
Auch die 22-jährige Tochter von Helmut Querhammer weiß, wie intensiv sie die Tiere beobachten muss, wenn sie mit ihnen leben will: »Wo sind sie gerade? Sie geben Zeichen, wenn sie kein Wasser haben. Wenn ein Tier außerhalb des Zauns steht, kommt die ganze Herde angelaufen, muht, und will, dass es wieder hineinkommt.«
Pflanzen und Tiere »agieren in Stille, man muss hinhören«, sinniert Klaus. »Sie sprechen nicht unsere Sprache, sind leise – und wir sind so laut. Deswegen gehen Menschen oft an Wundern der Natur vorbei. Am Anfang steht das Hinhören. Ich träume davon, dass wir die Orte fragen: Was will hier entstehen? Ein Feld, eine Weide, ein Wald?«. Die Wesen, von denen wir uns ernähren, leben in Landschaften. Gerade die Landschaft verblasst durch die heutigen Riesenflächen in der Landwirtschaft. Klaus: »Sie sind unmenschlich, dafür hat unsere Seele kein Maß.«
Das Zuhören verändert das eigene Handeln. Kreisläufe können sich schließen – wie bei Fred Giese, der anfags nur als Fleischermeister auf dem Hof von Helmut und Simone Querhammers gearbeitet hat, aber heute die Tiere von Geburt an betreut. »Das macht die Sache für mich rund. Ein Kreis hat sich geschlossen. Jetzt suchen die Tiere den Kontakt zu mir.« Aus dem Zuhören entsteht Gemeinschaft: Wie Janines Kinder heute, verbrachten auch die Töchter von Helmut und Simone ihre Kindheit draußen in der Natur. »Die Arbeit meiner Eltern hat mich motiviert, dass ich tatkräftig dahinter stehen will. In der Landwirtschaft hast du kein Wochenende, aber es erfüllt«, sagt Anne. Beide Töchter wollen die Eltern unterstützen; sie studieren Landschaftsbau und Ökolandbau.
Aus der Stille und dem Hinhören wird ein In-sich-Hineinhorchen. Janine: »Vielleicht werde ich Menschen Spaziergänge anbieten, damit sie wieder spüren: Welche Pflanze berührt mich? Vielleicht gibt es eine Pflanze, die mich durch ihre Präsenz, ihre Einzigartigkeit so berührt, dass ich sie gar nicht mehr essen muss?«
Wenn ich das nächste Mal spazieren gehe, werde ich warten bis ein Blättchen mich anlächelt, von dem ich mir Kontakt mit Lippen, Zunge und Zähnen wünsche. Dann kann ich es einfach – essen! •

 

Maria König (28) lebt in Berlin-Karlshorst. Die Lehramtsstudentin für Deutsch und Biologie ist dem Wandel in allen Lebensbereichen auf der Spur. gemeinschaft-karlshorst_ÄT_posteo.de


Kontakt zu den Protagonisten
Janine Schaff: sarvodaya_ÄT_graffiti.net
Klaus Strüber: www.hof-hollergraben.de, www.ig-zugpferde.de
Die Querhammers: www.doeberitzerheide-galloways.de
Simon Karrer: www.oejv.de, www.bergwaldprojekt.de, simon.karrer_ÄT_
posteo.at

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