Buchtipps

Transformationsdesign (Buchbesprechung)

von Jörn Wiedemann, erschienen in Ausgabe #30/2015
Photo

In ihrem Buch »Transformationsdesign« gehen der Kulturwissenschaftler Bernd Sommer und der Soziologe und Sozialpsychologe Harald Welzer der Frage nach, wie der große Wandel gestaltet werden müsse. Unmissverständlich machen sie klar, dass der Wandel gar nicht in Frage gestellt werden könne. Da er entweder »by desaster« (nämlich durch eine Reihe unsteuerbarer Katastrophen) oder eben planvoll »by design« eintrete, gehe es folglich nur um das Wie.
Die Autoren beginnen mit einem historischen Überblick über die bisherigen gesellschaftlichen Transformationen, die gemeinhin – wenn auch nicht immer zutreffend – Revolutionen genannt werden.
Sie beleuchten ausführlich die falschen Hoffnungen, die allerorten noch auf »grünes Wachstum« und technische Lösungen gesetzt werden. Dass große Transformationsprozesse nicht nur Widerstände, sondern auf jeden Fall auch Konflikte erzeugen, wird ebenso diskutiert wie die Auswirkungen auf die psychische Struktur von Menschen und Gesellschaften. Sollte sich etwa die Politik ernsthaft für eine Wachstumsrücknahme einsetzen, so würden sich globale Konzerne, die ja gerade von dauerndem Konsum und Ressourcenverbrauch profitieren, mit allen Mitteln gegen die Erosion ihrer Geschäftsgrundlagen wehren. Letztlich müssten sich die Menschen der sogenannten westlichen Welt – gemessen am heutigen materiellen Lebensstandard – auf Verzicht einstellen.
Wie muss die Zukunft gedacht werden, welche ­Modelle und welches Grundlagenwissen benötigen wir, um überhaupt zu einem gelingenden Design der nötigen Transformation zu kommen? Eine der Antworten auf diese Frage sei schon die Frage an sich. Die heute gestellte Frage laute nämlich meist: Welches Ziel möchte ich mit welchen Mitteln erreichen? (Wie reise ich in die USA?) Zukünftig sollten wir beispielsweise das Ziel selbst in Frage stellen. (Reise ich überhaupt?) Auf den Punkt bringt das der folgende Satz: »Transformationsdesign strebt nach dem kleinstmöglichen Aufwand. Dieser kann auch bei null liegen.«
Am Beispiel von bereits laufenden Projekten und neuen Ideen in Kunst (Karin Sanders reduktiver Ansatz, der auf eine Präzisierung von Wahrnehmung abzielt), Zivilgesellschaft (Open-Source-Bewegung) und Architektur (Minimierung der »grauen« Energie, die in jedem Gebäude durch sämtliche Herstellungsprozesse steckt), entwirft das Autorenduo ein spannendes Bild einer möglichen Zukunft.
Die beiden runden ihr Werk mit der Vorstellung zahlreicher Bewegungen wie den Transition Towns oder der Gemeinwohlökonomie ab, inklusive einigen Interviews mit deren Protagonisten.
Wer sich nicht an der manchmal etwas sperrigen Akademikersprache stößt, findet in diesem Buch viele Anregungen für wirklich nachhaltige Zukunftsgestaltung. ◆ 


Transformationsdesign
Wege in eine zukunftsfähige ­Moderne.
Bernd Sommer, Harald Welzer
oekom, 2014

240 Seiten
19,95 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #30

Photo
von Anne Erwand

Warum die Sache schiefgeht (Buchbesprechung)

Wenn man sich auch nur ein bisschen mit den Grundlagen wertschätzender Kommunikation beschäftigt hat, ist man schon beim Lesen des Deckblatts von Duves neuem Buch „Warum die Sache schiefgeht“ sehr versucht, dieses sofort wieder aus den Händen zu legen. Der Untertitel

Photo
Lebenswegevon Lara Mallien

Vom Zorn zur Gabe

Adela Fofiu ist in Cluj-Napoca bzw. Klausenburg bzw. Kolozsvár in Rumänien geboren und lebt bis heute in dieser geschichtsträchtigen Stadt. Die 30-jährige ­Soziologin promovierte in England und forscht heute an der Universität von Cluj zu einem breiten Spektrum sozialwissenschaftlicher Themen. Da man in Rumänien von einem kleinen Uni-Gehalt nicht leben kann, baute sie mit ihrem Partner Dan Sânpetreanu verschiedene kleine Unternehmen auf. ­Inzwischen ist sie aus der Welt der erfolgreichen Jungunternehmerin ausgestiegen, praktiziert freiwillige Einfachheit und betreibt den Lernort »Casa de Cultura Permanenta«.

Photo
Gemeinschaftvon Wieland Lemke

Der Olgashof macht weiter!

So viel Freiheit in einem Schülerpraktikum bei Oya! Mit 16 Jahren werde ich allein »auf Reportage« geschickt. Doch durch den Sprung ins kalte Wasser konnte ich die Kommune auf meine eigene Art verstehen.Am Ende des langen Zuwegs sehe ich das buntbemalte Gutshaus vor mir.

Ausgabe #30
Oyropa

Cover OYA-Ausgabe 30
Neuigkeiten aus der Redaktion