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Gewinn für alle (Buchbesprechung)

von Anja Humburg, erschienen in Ausgabe #15/2012
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Konny Gellenbeck gibt mit »Gewinn für alle!« ein erzählendes Sachbuch über den aktuellen Boom der Genossenschaften heraus. Der Trend lässt sich beziffern: Allein 253 Neugründungen gab es im Jahr 2011 in Deutschland. Nur elf waren es 2005. Anlässlich des 20. Jubiläums der taz-Genossenschaft tragen renommierte Genossen, Commons-Aktivistinnen und Crowd-Funding-Experten ihren Erfahrungsschatz zusammen.
Ein Abriss der 150 Jahre alten Geschichte gibt Hinweise auf die Ursprünge der noch heute gültigen genossenschaftlichen Prinzipien: Selbsthilfe und Selbstverwaltung, Freiheit und Gleichheit der Mitglieder genossenschaftlicher Vereinigungen waren bereits ihren Pionieren, wie Robert Owen und Friedrich Wilhelm Raiffeisen, ein Anliegen. Die Porträts der Vordenker, aber auch die Akteure brandneuer Genossenschaften transportieren eine starke Motivation für das gemeinsame Wirtschaften. Dabei hält der genossenschaftliche Gedanke Einzug in immer mehr Lebensbereiche und Berufsfelder: Längst sind es nicht nur Wohnungsbaugenossenschaften oder Kreditanstalten. Die Bandbreite reicht von Online-Reisegenossenschaften zu Kreativ-Genossenschaften für Marketing und Design.
Der Sammelband liest sich wie das Lehrbuch eines noch nicht existierenden, aber dringend benötigten Studiengangs bzw. Ausbildungsberufs: des Genossenschaftsberaters. »Member Value statt Shareholder Value« wäre etwa das Motto. Für Auszubildende bzw. Lesende zeigen sich Genossenschaften nicht nur als unternehmerisches Prinzip, sondern auch als Modell einer ganzen Wirtschaft. Mit den Exkursen in die solidarische Ökonomie und in die Debatte um die Commons legt die Herausgeberin die Grundsteine für eine Makroökonomie mit Weitblick.
»Gewinn für alle!« zeigt, dass die Idee der Genossenschaft in den Köpfen vieler Unternehmer angekommen ist. Genossenschaften sind anschlussfähig geworden – mehr als das: Sie gehören für immer mehr Menschen in das Bild einer gesunden Wirtschaft. Bleibt zu hoffen, dass das Buch dazu beiträgt, dass der Genossenschaftsgedanke als Studieninhalt Einzug in die Wirtschaftswissenschaften der Universitäten und kaufmännischen Ausbildungseinrichtungen halten wird. Zum Glück gibt es schon heute viele Vorbilder, wie die Beispiele von taz, Oya und vielen anderen zeigen, an denen Einsteiger Orientierung und Bestätigung finden können.
Fazit: Die Autoren legen einen kurzweiligen, kritischen und unterhaltsamen Wissenspool zum Stand der Genossenschaften vor.


Gewinn für alle
Genossenschaften als Wirtschaftsmodell der Zukunft.
Konny Gellenbeck (Hrsg.)
Westend-Verlag, 252 Seiten
ISBN 978-3864890109
8,50 Euro (Sonderausgabe der taz-Genossenschaft)
ISBN 978-3864890116
9,99 Euro (als E-Book)


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