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Eine kleine Geschichte des Raums (Buchbesprechung)

von Matthias Fersterer, erschienen in Ausgabe #37/2016
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Vor 34 Oya-Ausgaben wurde an dieser Stelle die Neuausgabe von Jan Moewes’ modernem Klassiker begrüßt. Sechs Jahre später ist dieses Juwel von einem Buch in eine neue Lebensphase eingetreten – Grund genug, es erneut vorzustellen: Zunächst unter dem ­Titel »Für 12 Mark 80 durch das Universum«, dann »Für 6 Euro 50 durch das Universum« und zuletzt als »Rendezvous mit dem Universum« erschienen, hat der Autor das um eine kurze Nachbemerkung erweiterte Buch nun unter seinem ursprünglichen Wunschtitel nochmals neu herausgebracht.
»Liebe ist die Kraft, die die Sonne bewegt und alle anderen Sterne« – dieses Motto aus Dantes »Göttlicher Komödie«, das dem schmalen Band vorangestellt ist, fasst sein zentrales Anliegen zusammen: Der gesamte Kosmos, vom Atom bis zum Himmelskörper, ist lebendig und von Intelligenz beseelt. Hat man dies erkannt, erübrigt sich die Frage, ob es intelligentes Leben im All gebe. Wohlgemerkt handelt es sich bei dieser Geschichte des Raums nicht um eine astronomische Abhandlung, sondern um eine Ode auf den gemeinsamen Weltinnenraum. Am Anfang steht dabei naturgemäß das Fühlen, nicht das Denken. Der Autor fühlt sich ein in die Weiten des Alls – die sich nicht nur »dort draußen«, sondern ebensosehr »genau hier« erstrecken –, und was er fühlt, untermauert er mit astrophysikalischen Fakten. Wo sein Fühlen dem naturwissenschaftlichen Stand voraus ist, vertraut er seiner Intuition und seiner poetischen Gabe.
Immer wieder kann einen bei der Lektüre der erhabene Schauder überkommen, der sich in jenen kostbareren Momenten einstellt, wenn man spätabends in den Sternenhimmel blickt und sich aufgehoben und umfangen weiß. Was in anderen Händen zur gefühlsduseligen Kosmos-Schmonzette hätte werden können, ist und bleibt dank des wohldosierten trockenen Humors und der Faktenfülle eine authentische und zärtliche Liebeserklärung ans Universum: »Jeder lieblose Blick in den Himmel ist ein verschwendeter Blick, jeder respektlose Gedanke über das All sinnlos. Natürlich gilt das nicht nur nach oben, sondern genauso nach unten.«
Diese prall gefüllte kosmologische Wundertüte kann einen auf berührende, hochkomische und ganz unangestrengte Weise lehren, sich den staunenden Blick und die ehrfürchtige Verneigung vor allem, was ist, zurückzuerobern. Was sonst könnte wichtiger sein? Auch in dieser Neuverkörperung gilt trotz der leider etwas lieblos geratenen Gestaltung: Ein wunderbares Büchlein – wer es nicht liest, versäumt etwas! 

Eine kleine Geschichte des Raums
Der Kosmos ist Leben.
Jan Moewes
Tredition, 2015, 104 Seiten
ISBN 978-3732337019
9,90 Euro

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