Der Titel »Das geheime Leben der Bäume« vom schreibenden Öko-Förster Peter Wohlleben aus der Eifel ist im vergangenen Jahr nicht ganz grundlos zu einem Bestseller avanciert. Bäume und Wälder faszinieren mich schon immer, und nach der Lektüre von Wohllebens »Menschenspuren im Wald« (pala, 2014, siehe Rezension in Oya Ausgabe 36) waren meine Erwartungen an den vorliegenden Titel durchaus groß. Sie wurden nicht enttäuscht, aber auch nicht übertroffen. Ich erwartete – und bekam – das geballte Wissen eines bekennenden Dendrophilen: etwa darüber, wie Bäume mittels Duftstoffen oder elektrischen Impulsen und dem »Wood Wide Web« symbiotisch lebender Pilzgeflechte untereinander kommunizieren; wie sie wandern; wie sie ihre Umgebung desinfizieren; wie sie sich bei Pilzbefall zu heilen versuchen; wie sie solidarische Freundschaften zu notleidenden Artgenossen pflegen und Nährstoffe teilen; wie sie den richtigen Zeitpunkt zum Austreiben bestimmen (die Antwort ist hier komplexer als man annehmen möchte). Ich erfuhr, dass Bäume mehr Zuwachs bilden, je älter sie sind (früher glaubte man das Gegenteil); dass sie ein Gedächtnis besitzen und zählen können; und vieles andere mehr. Gebührenden Raum im Buch nehmen zudem die Vögel, Insekten und Säugetiere ein, die den Wald auf je eigene Weise nutzend beeinflussen; und selbstverständlich geht es hier insbesondere um die typischen Eigenschaften der mitteleuropäischen Baumarten, die sie für bestimmte ökologische Nischen prädestinieren, und um die Rollen der Bäume für ihre jeweiligen Ökosysteme. Peter Wohlleben zeichnet das Bild einer intelligenten, hochdiversifizierten Waldgemeinschaft, deren Artenreichtum allerdings auch Grenzen kennt. Er erzählt aus einem Schatz eigener Beobachtungen und präsentiert auf nicht weniger unterhaltsame Weise zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse. Gelegentliche Redundanzen sind ebenso verzeihlich wie die Seite 103, wo der Autor für meinen Geschmack allzu sozialdarwinistisch argumentiert, indem er die gängige Kooperation in der Natur gegenüber der Konkurrenz unter den Tisch fallen lässt. Anders als sein »Menschenspuren im Wald« ist dieses Buch mehr ein Biologiebuch als ein Plädoyer für das artgerechte Wachsen von Bäumen bzw. die enkeltaugliche Nutzung von Wäldern. Dennoch stimmt es zuversichtlich, dass Wohllebens Stimme derzeit so viel Gehör findet. Schließlich muss der Wald schleunigst für den Klimawandel fit gemacht – sprich: ökologisch umgebaut – werden. ◆
Das geheime Leben der Bäume Was sie fühlen, wie sie kommunizieren – die Entdeckung einer verborgenen Welt. Peter Wohlleben Ludwig, 2015 224 Seiten 19,99 Euro