Buchtipps

FAIRreisen (Buchbesprechung)

von Elena Rupp, erschienen in Ausgabe #43/2017
Photo

Wildnis-Urlaub im Naturreservat – klingt erstmal nicht weiter verwerflich. Aber ist es harmlos, wenn dafür angestammte Bewohner vertrieben wurden? Oder wenn sich der Naturfreund für den Camping-Urlaub bis an die Zähne mit chemikalienhaltiger Funktionskleidung bewaffnet, um dem Wetter zu trotzen?
Gar nicht so einfach, alles richtig zu machen! Zumindest gibt es kaum einen Aspekt der Reiseplanung, den Frank Herrmann in seinem Buch »FAIRreisen« außer Acht lässt, und sei es die Wasserflasche für unterwegs.
1,2 Milliarden Menschen machen jährlich Urlaub: achtmal so viele wie vor 50 Jahren. Was bedeutet das für Mensch, Umwelt und Klima? Ob Zwangsumsiedlungen in Sri Lanka, katastrophale Arbeitsbedingungen auf Kreuzfahrtschiffen oder Waisenhäuser, die in armen Familien Kinder rekrutieren, um hilfsbereite und spendenfreudige Touristen anzulocken: Detailreich und mit vielen Beispielen nimmt das Buch ökologische, kulturelle und soziale Aspekte in den Blick und zeigt, dass Tourismus keineswegs nur Wohlstand fördert. So ernüchternd diese Bestandsaufnahme zunächst wirken mag, so ermutigend sind die sozial- und umweltverträglichen Alternativen, die Herrmann ausgehend vom Ist-Zustand im letzten Drittel des Buchs entwirft. Welche Reiseveranstalter arbeiten fair? Wie kann ich Reisen mit sozialem Engagement verbinden? Ist es sinnvoll, Klimagase zu kompensieren? Hier findet sich alles über faire Siegel, Anbieter, Initiativen und Reiseformen sowie Checklisten, Adressen und Literaturtipps.
FAIRreisen wurde mit dem Buchpreis der weltgrößten Reisemesse ITB ausgezeichnet. Nach »FAIR einkaufen – aber wie?« finden anspruchsvolle Leserinnen und Leser auch in dem neuen Buch von Frank Herrmann weit mehr als einen Ratgeber: Differenziert und gut strukturiert recherchiert der Autor Fakten, prüft Argumente und interviewt Experten. Selbst ehemaliger Reiseleiter, verteufelt er keine Reiseform per se, sondern mahnt eher zur sorgfältigen Vorbereitung und prüft auch vermeintlich »saubere« Arten des Reisens. So warnt er etwa vor idealistisch überhöhten Ansprüchen, mit einem Freiwilligendienst »mal eben den Planeten zu retten«, und rät dazu, entsprechende Anbieter besonders vorsichtig zu wählen.
Viel Raum findet die Frage nach Respekt vor dem Fremden, was das Buch besonders sympathisch macht. Auch wenn die nächste Reise nicht unmittelbar bevorsteht, ist dieses Buch eine reichhaltige Quelle von Information und Inspirationen für langfristige Planungen.
 

FAIRreisen
Das Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen.
Frank Herrmann
Oekom, 2016
328 Seiten
19,95 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #43

von Leonie Sontheimer

Zuhören

Mein Boden der Tatsachen besteht aus ­Asphalt und Kopfsteinpflaster. Ich lebe seit vier Jahren in Neukölln. Der Hermannplatz ist Dreh- und Angelpunkt dieses Stadtteils von Berlin. Hier kreuzt sich unter der Erde die U7 mit der U8, über Tage liegt zur ­einen Hand Karstadt, zur

Photo
Permakulturvon Stephan Böhm

Vom Reichtum zwischen Kamm und Tal

»Die Neuen wollen nicht ins Bett!«, ruft Niklas, der schon den dritten Sommer auf der schwedischen Farm verbringt. Nicht das Dutzend heute angereister Praktikanten sind gemeint, sondern die 350 jungen Legehennen, die ebenfalls heute aus einem Zuchtbetrieb angekommen sind. »Helft

von Jochen Schilk

Gaviotas (Buchbesprechung)

Als wäre er von Anfang an dabeigewesen, so lebensnah beschreibt der US-amerikanische Journalist Alan Weisman die faszinierende Geschichte des kolumbianischen Ökodorfs »Gaviotas«.Seit 1971 hatte Paolo Lugari Tüftler und Wissenschaftler zusammengetrommelt, um Wege zu

Ausgabe #43
Auf den Boden kommen

Cover OYA-Ausgabe 43
Neuigkeiten aus der Redaktion