Buchtipps

Humussphäre (Buchbesprechung)

von Ulrike Meißner, erschienen in Ausgabe #47/2018

Wie schauen wir auf den Boden – und was schlussfolgern wir daraus für unseren Umgang mit ihm? Dies scheint die grundlegende Frage zu sein, die Herwig Pommeresche veranlasste, seine Gedanken zur »Humussphäre« zu formulieren (2017 in neuer Auflage erschienen). Hinzu kommt sein Anliegen, Forschungsergebnisse bekanntzumachen, die in der gegenwärtigen Bodenbetrachtung offenbar nur am Rande wahrgenommen werden und in großen Teilen der Landbewirtschaftung keine Rolle spielen.

Pommeresche selbst ist diplomierter Architekt und Permakulturdesigner, lebt seit mehr als vierzig Jahren in Norwegen und beschäftigt sich als Teilselbstversorger mit den verschiedensten gärtnerischen Anbaumethoden (siehe Oya Ausgabe 22).
Folgt man seinen Gedanken, scheint die gängige Vorstellung von Pflanzen, die ihre Nährstoffe ausschließlich in Form von Mineralien aus wässrigen Lösungen aufnehmen, sehr mangelhaft zu sein. Pommeresche zitiert mehrere Forscher, die feststellten, dass Pflanzen mit ihren Wurzeln durchaus auch größere Moleküle bis hin zu ganzen Zellen aufnehmen können. Dieser Vorgang nennt sich Endozytose und ist im Zusammenhang mit Mikroorganismen schon länger bekannt.
Weiter geht der Autor der Frage nach, ob Pflanzen, die mit lebenden Substanzen – etwa durch ein reichhaltiges Bodenleben oder mit pflanzlichen Säften – ernährt werden, besser gedeihen als ohne. Seine eigenen Versuche scheinen dies zu bejahen. Ausführlich beschreibt er beispielsweise, wie er auf einem sehr ­flachgründigen Boden (darunter ist Fels) Küchenreste, gehäckselte Zweige und anderes Material als dicke Mulchlage legt, die über den Winter mit Reisig abgedeckt wird. Im Folgejahr wird das Reisig entfernt, der Boden bepflanzt und mit Gras gemulcht. Die Fütterung und der Schutz des Bodenlebens haben Priorität. Auch bei anderen von Pommeresche zitierten Praktikern brachte diese Herangehensweise sehenswerte Ernten und einen guten Boden. 


Humussphäre
Humus – ein Stoff oder ein System?
Herwig Pommeresche
OLV, 2017 (überarbeitete Neuauflage)
216 Seiten
ISBN 978-3922201502
28,00 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #47

Photo
von Thomas Oser

Eros und Enkeltauglichkeit

»Und ich neige mich nieder zu deinem Mund / die Erde zu küssen.« Diese beiden Verse aus einem erotischen Gedicht von Pablo Neruda habe ich vor einem Jahr bei einem Vortrag über Perspektiven für eine zukunftsfähige Stadt vorgetragen. Es ging dabei um Solarenergie,

Photo
von Elisabeth Voß

Jenseits von Zeit und Raum?

Schon wieder ist ein lieber Freund gestorben. Mehr als 40 Jahre lang gehörte Matthias zu meinem Leben. Wir liebten, stritten und trennten uns und blieben befreundet. Nun ist er mit nur 64 Jahren gestorben, einfach tot umgefallen, und dabei hatten wir doch noch so viel miteinander vor. Es kommt

Photo
von Friederike Habermann

Einfach anfangen!

Die meisten kennen das: Über Jahre bekommen wir mit, wie eine Freundin, ein Freund uns im Grunde von immer demselben Problem erzählt, an dem sie oder er leidet, und aus unserer Sicht immer nur nicht erkennt, wie einfach es wäre, durch eine Veränderung des eigenen

Ausgabe #47
Was ist wesentlich?

Cover OYA-Ausgabe 47
Neuigkeiten aus der Redaktion