Kunstwerk sein. Bericht von einer Innenreise anlässlich Spencer Tunicks Art-Work.von Geseko von Lüpke, erschienen in Ausgabe #49/2018
Vorwort von Jochen Schilk, der den Beitrag für Oya 49 auswählte: 2012 hatte Geseko von Lüpke der Oya-Redaktion einen Text über das Fotoprojekt von Spencer Tunick anlässlich einer Opern-Inszenierung des »Ring der Nibelungen« in München angeboten. Doch ergab sich in der Folgezeit keine thematisch stimmige Gelegenheit zum Abdruck. Ich konnte das Manuskript seither nicht vergessen, denn selten nur bereitet mir eine Lektüre so viel Freude. Die speist sich hier wohl aus einem aufregenden, unerhörten Gegensatz: die vielen Hundert von Kleidung und Konvention befreiten Körper in der ansonsten dem Konsum und der Verwaltung geweihten Umgebung des Stadtzentrums – bewusstseinserweiternde Erotik gewissermaßen. Der wunderbare Bericht ermöglicht es mir fast schon körperlich, an der außergewöhnlichen Kollektiv-Erfahrung teilzunehmen.
Es klang nach einer Grenzerfahrung im Alltag – die Teilnahme am Kunstprojekt des amerikanischen Fotographen Spencer Tunick zum Auftakt der Operfestspiele in München. Das ein Foto-Shooting mit bemalten Körpern im Zusammenhang mit der Aufführung von Wagners ‚Ring der Nibelungen’ aber eine massenhafte Trance-Erfahrung, ein kollektives Ritual, ein anarchistisches Happening und eine sinnliche Wir-Erfahrung werden würde, das ahnte wohl niemand der 1.700 Teilnehmer. Wer mitmachen wollte, war gefordert. Eine Mail des Münchner Opernhauses hatte die freiwilligen Fotomodelle zum Shooting um 3 Uhr morgens an die Oper bestellt. Wer nicht direkt vom ‚Public Viewing’ der Fußball-Europa-Meisterschaft kam, kam mit der letzten S-Bahn für die Freitags-Ausgeher in die Stadt. Je näher man der Münchner Oper kam, desto ausgelassener wurde die Stimmung der Passanten. Denn alle wussten, wer sich nachts um drei auf Münchens Edelmeile ‚Maximilianstraße’ herum treibt, nimmt Teil am kollektiven Tabubruch: nackt in der Münchner Innenstadt zu posieren. Die Stimmung aus Nervosität und kollektiver Freude war wie ein Feld, das jeden der Nachschwärmer anzustecken schien. Dann am Treffpunkt Marstallplatz die Überraschung: Endlose Schlangen von Menschen, die an dem Kultur-Event teilnehmen wollten. Sprachlose Verunsicherung angesichts der Tatsache, dass Mann und Frau, Nachbarn in der Warteschlange, gleich nackt neben einem stehen würden. Die Polarität zwischen anerzogener Scham und Öffnung in ein unbekanntes kollektives Körper-Feld begann spürbar zu werden. Am Eingang zum Marstallplatz hinter der Oper wurde die Menge von Frauen und Männern in zwei Gruppen aufgeteilt – die Roten und die Goldenen, jeder bekam eine Dose mit der entsprechenden Körperfarbe ausgehändigt. Der Autor gehörte zu den Ersteren. Im Dunkel der Nacht ließen sich die Menschen bis zum Startschuss auf dem noch sonnenwarmen Boden des Platzes nieder, in Gruppen begannen Vereinzelte im Spiel sich mit der Farbe zu schminken, wie Kriegsbemalung, um den Mut nicht zu verlieren. Wieder diese Spannung zwischen Scheu und Erwartung, Neugier und Zurückhaltung. Kurz vor vier war es, als der amerikanische Künstler, der schon rund um die Welt Tausende von Menschen in nackten Massenevents abgelichtet hatte, die Anweisungen gab: Kleidung ablegen und den gesamten Körper mit dem warmen Rot zu bedecken. Fußsohlen, Haare, Geschlecht, Ohren eingeschlossen. Wer noch farblose Flecken aufweist, könne nicht mitmachen, Und dann? Momente des Zögerns, der Unentschlossenheit, der Scheu. Bis einer, mit einem glücklich befreienden Ruf beginnt, sich aus der Kleidung zu schälen im öffentlichen Striptease. Und das Erstaunliche geschieht. Überall auf dem Areal der Roten fallen die Hüllen. Ein surreales Setting, Hinschauen erlaubt. Ein Aufleuchten in den Blicken, Schönheit, Gelächter über die Absurdität der Situation. Freundinnen, die aufeinander zu gehen und mit roten Händen eine deutliche Hand-Spur auf Brüsten und Po der lachenden Mitverschworenen hinterlassen. Albernheit wird wach, Übersprunghandlung angesichts des Sprengens der Mehr als die Hälfte der Menschen sind unter dreißig, Alte sind dabei, sogar Greise, Behinderte, Dicke, Dünne, alle mit einem stillen Grinsen im Gesicht oder mit einer fast religiösen Scheu angesichts eines Rituals kollektiver Körperlichkeit, das sich unerwartet hier entwickelt. Die rote Farbe! Symbol von Emotion, von Zorn, Wut, Leidenschaft, Erotik, körperlicher Reife. Von Süden, Kindheit, Sommer und Spiel. Von Kreativität und Unschuld, vom Jetzt, vom Ungestümen, Kindlichen, Unkontrollierbaren, vom Genuss. Es ist wie ein Ausziehen der Rollen, Masken und des Prestiges. Und dann ein Neubekleiden mit Rot. Bei manchen Frauen, die den Körper schon bis zum Ausschnitt in Rot getaucht haben, sieht es aus wie ein durchsichtiges Abendkleid, das die weiblichen Formen modelliert und zum Leuchten bringt. Ungewohnt intim, wenn Nachbarn sich darauf hinweisen, dass am Steiß, unter den Brüsten, in der Armbeuge, am Ohr, im Nacken noch weiße Stellen sind. Unbekannte helfen sich und tragen die auch im Dunkeln noch warm leuchtende Farbe auf dem Rücken auf – wie Sonnencreme, nur rot und nachts. Es entsteht – wie von allein – eine gemeinsame Identität. Die Roten. Die Nackten. Die Tabubrecher. Ein bewusstes Sich-gegenseitig-Sehen und -Erkennen. Ein Wir im Anderssein, ein Wir im gemeinsamen Schönsein. Und tatsächlich: Während am See, am Isarstrand oder in der Sauna zwar Nacktheit erlaubt ist, aber der offene Blick als Übergriff gilt, ist es hier anders. Es ist plötzlich nichts mehr schlecht am Geschlecht. Es werden Ge-schöne draus, Ge-gute. Ob große Geschöne oder kleine, alle wirken richtig und schön. Körperkunst in Massen, rot leuchtende Hintern, die mit Stolz wie Kunstwerke getragen werden, rasierte und unrasierte Schöße in aller Vielfalt modelliert und betont in Rot. Es ist ein kollektiver Schwindel spürbar, als die rote Menge von 850 Menschen unter dem Applaus der noch wartenden, später goldenen Körper den Marstallplatz verlässt und in Richtung Hofgarten loszieht. Wie eine Demo der leuchtenden Nacktheit, wie modellierte Kunstwerke in Bewegung. Alle zunehmend gefangen in einem Feld von kollektivem Eros, sich endlich zu zeigen, wie man/frau ist. Und das leuchtend! Mitten in der Stadt! Als Individuen! Und doch als kollektiver Körper. Als Wir der Authentizität, der provokativen Aufforderung: Schau hin! Das ist Mensch! Jenseits von Rolle, von Scheu, von Angst. Ein anarchischer Geist wird wach. Irgendjemand ruft, als rechts der Blick auf die Bayerische Staatskanzlei freiwird: »Die Roten stürmen die Staatskanzlei!« Zustimmendes Gelächter, denn das körperliche Feld der kollektiven Nacktheit hat was von Revolution. Es wird spürbar, dass alle – ohne wirklich zu ahnen, was passiert – in eine gemeinsame Trance gehen. Das Nackte in der Stadt entzieht sich Regeln und Gesetzen, der Straßenverkehrsordnung, der Vernunft. Auf dem Weg durch den Münchener Hofgarten, wo über Jahrhunderte die Könige, die Prinzessinnen und der Adel in Miedern, gestärkten Röcken und steifen Krägen um Etikette wetteiferten, treffen die roten Nackten auf einen Radler, der die frühe Morgenstunde nutzt. Der Ruf »Ausziehen, Ausziehen« erschallt. Der kollektive Körper johlt und lacht, als der Mann erst vom Rad und dann aus den Klamotten steigt. Teilnehmer mit einem Rest von Farbe in der Dose eilen hin, um ihn neu in rote Farbe zu kleiden, bevor er sich einreiht auf dem Weg zum Odeonsplatz. Dort wartet Spencer Tunick auf die Roten. Mit Hilfe der Kommiss-Stimme eines Helfers versucht er, das rote Getümmel für seine Bilder zu ordnen. Das erste Mal arbeitet der Fotokünstler, der in aller Welt nackte Menschenmassen ablichtet, hier mit Farbe im urbanen Raum. Auf der Leopoldstraße, der sechsspurigen Strecke zum Flanieren für die offenen Luxuskarossen der Schickeria, liegen nur wenige Momente später 850 wunderschöne Statuen wie am Strand. Keine Prestigesymbole können jetzt hier rollen, keine PS-Karossen als Potenzersatz. Es ist eine Rückeroberung des öffentlichen Raums durch das nackte Wir. Polizisten stehen am Rand und schauen scheu zu. Es ist Frieden auf der Straße, nackter Frieden, wilder Frieden. Ein Gefühl von Ruhe, während der Rücken auf dem Asphalt liegt, der ein Muster in den roten Rücken prägt. Ein Blick nach rechts und links. Überall sinnlich rote Schönheit. Die Stadt steht still. Die Wildheit wird durch strenge Anweisungen des Künstlers zu Ausdruck kanalisiert. Der rechte Arm wird auf Wunsch des Maestros nach oben gestreckt. Momente von Irritation. Wem folgt die Masse? Wann wird die Trance zum Kontrollverlust. Der Blick geht in den blauen Himmel, der kühle Morgenwind streicht über die Körper auf der Straße. Gänsehaut auf roten Körpern, Zittern auf der Haut. Paradoxer Eros. Dann eine zentrale Installation aus Wagners Ring: Der Drache und sein Feueratem. Die nackten Körper formen das Feuer, das Maul des Drachen wird durch den monumentalen Raum der Feldherrnhalle symbolisiert. Die architektonische Metapher für Gewalt, Krieg und Sieg, der Ort der heimkehrenden Soldaten, der Ort militärischer Hierarchie und der Formalität staatlicher Gewalt wird von den roten Wesen gestürmt. Sie schwingen sich auf die steinernen Löwen und scheinen auf ihnen zu reiten. Sie erklimmen die phallischen Säulen. Eine Reihe von Frauen steht wie aufrechte rote Amazonen am Rand der Halle, und gibt dem düsteren Ort, der seit dem Marsch auf die Feldherrnhalle 1923 zum Symbol der NS-Propaganda geworden war, ein neues Licht. Jetzt geflutet von roten Körpern, in einem paradoxen Ritual der Kunst jenseits von bürgerlicher Freikörperkultur in einem fast sexuellen Akt des kollektiven Rechts auf würdevollen Exhibitionismus. Ein erotischer Kontrapunkt an einem Ort der Gewalt. Aus der Scheu der Teilnehmenden ist Mut geworden, Selbstverständnis. In den Morgenstunden bilden die Nackten die Mehrheit. Dem Stadtreiniger der Fußgängerzone in seinem schrubbenden Fahrzeug bleibt der Mund offen stehen, als er, aus der Theatinerstraße kommend, auf eine rote Flamme aus Körpern stößt, die aus der Feldherrnhalle herauszufließen scheinen. Während in den Körperteppich kollektiv eine fast meditative Ruhe einkehrt, öffnet sich die Kirchentür der Theatinerkirche, die wie ein gelber Fels über die Szenerie herrscht. Ein Kirchenmitarbeiter tritt heraus, bewaffnet mit der Digitalkamera, und dokumentiert den künstlerischen Sündenpfuhl auf dem Kirchenvorplatz. Vereinzelt höhnisches Gelächter in Rot. Als wäre das Wir ein Körper aus vielen kleinen roten Teufeln, die es den Trägern der Soutanen zeigen wollen. Menschliche Schönheit. Dann läuten die Kirchenglocken. Freut sich der Schöpfer? Der Strom aus Körpern zieht weiter, die Residenzstraße entlang zur Münchener Oper, wo Spencer Tunick mittlerweile mit den goldenen Körpern arbeitet und symbolisch einen Ring bildet. Am Max-Joseph-Platz vor dem klassizistischen Opernhaus staut sich der nackte Zug. Rot muss warten, 30 Minuten lang. Aus den Fenstern schaut ein Paar auf die nackten Massen. Wieder kommt der Ruf »Ausziehen, Ausziehen«. Und wieder wirkt er. Die Frau am Fenster streift ihr Nachthemd über den Kopf, schaut barbusig aus dem Fenster und bekommt Applaus. Die Regeln scheinen außer Kraft gesetzt. Am Rand steht ein nackter junger Mann in Rot, der sich für seine Erektion entschuldigt. Die Schönheit dessen, was er vor sich sieht, entzieht sich den öffentlichen Regeln und der Selbstkontrolle. Er wird freundlich und verständnisvoll belächelt. Aus den Schaufenstern leuchten derweil Reklamen von Mannequins in dürftiger Sommerkleidung. In der Szenerie aus roten Nackten wirken die bemüht sinnlichen Werbebilder der Werbestrategen wie ein schlechter Scherz. Ein kühler Windzug lässt die Körper zittern. Die Menge rückt zusammen. Höchste Achtsamkeit bei nackter Nähe. Kein Übergriff, aber wohliges Schaudern. Momente der Wärme, Momente von fließender Energie. Dann die Abschlussszenen. Die Roten betreten den Vorplatz der Oper, wo sich aus den goldenen Körpern der anderen Gruppe ein Ring um das Denkmal des Bayerischen Königs Max I. Joseph gebildet hat. Ein Ring der Nibelungen in den Augen des Fotokünstlers. Die Begegnung der roten mit den goldenen Körpern ist wie ein staunender Schock. Goldene und Rote schauen sich an. So anders! Die golden modellierten Körper wirken wie Götter- und Göttinnenfiguren, die goldene Geschlechtlichkeit strahlt eine eigenartige Würde und Heiligkeit aus. Die goldenen Haare und Körper der Frauen machen aus ihnen etwas Engelsgleiches. Nackte Engel. So als wären alle griechischen und römischen Statuen aus der Antikensammlung der Münchener Glyptothek ausgebrochen und hätten sich vor der Oper versammelt. Manche in den beiden Gruppen haben Tränen in den Augen, überwältigt von dem Überfluss an Schönheit. Denn jetzt scheint keine körperliche Form mehr anders als schön. Es ist ein Bad in Schönheit, das alle hier nehmen, in dem Wissen, ein Teil davon zu sein. Dann wird der zweifarbige Ring aufgefordert, langsam auf das Standbild des Königs zuzugehen, der 1835 starb – und sicherlich noch nie soviel Haut um sich sah. Der anarchische Impuls geht mit den Roten durch, sie stürmen das Denkmal, werden zurückgepfiffen. Im zweiten Versuch gelingt die würdevolle Annäherung: Der Ring schließt sich um den alten König. Bis hoch zum Standbild drängen sich die roten Körper, die goldenen bilden den äußeren Ring. Dann sollen sich alle nach hinten zu Boden gleiten lassen. Eng gedrängt, wie die 1700 Körper stehen, wird die Berührung zum Höhepunkt der Erfahrung. Köpfe in Schößen, Arme auf Bäuchen, Gesäß an Taille, Berührung mit Bäuchen und Busen. Fremde Körper ganz nah. Berührung ohne Absicht. Ein Bad der anderen Art. In voller körperlicher Präsenz, wie eine Orgie der Bewegungslosigkeit. Auch hier: kein Übergriff. Das Kunstwerk ist achtsam in der Konventionen sprengenden Nähe auf offener Bühne. Ein Gesang der Sinne vor der Oper. Schließlich das Abschlussbild. Spencer Tunick formiert die roten und goldenen Wesen zu einem gestreiften Gemälde auf den breiten Treppen der Oper. Ein alter Mann, der nach den Kilometern des nackten Barfußlaufens auf dem Kopfsteinpflaster des Max-Joseph-Platzes ins Straucheln gerät, bleibt zögernd stehen. Aus dem Treppen-Gemälde laufen zwei rote Faune auf ihn zu, greifen ihn unter den Schultern und tragen ihn zur Operntreppe. Die mitfühlende Hilfe bekommt Szenenapplaus. Noch mal Staunen über die Lust, zu sehen und gesehen zu werden. Gold und Rot im Wechsel. Und oben auf der Hebebühne Spencer Tunick mit einer uralten Kamera. Dann plötzlich schließt sich der Raum, die Installation ist zu Ende. Rot und Gold vermischen sich, steigen die Treppe des Opernhauses hinunter und laufen im Adams- und Evakostüm zurück zum Marstallplatz, als wären sie nackt auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Die Trambahnfahrerin auf der Maximiliansstraße stoppt entgeistert, öffnet die Türen, um mit ihrem Mobiltelefon fotografisch das Unmögliche festzuhalten. Siebzehnhundert Statuen, die Münchens edelste Konsummeile entlangschlendern, ohne die Modehäuser und Pelzmäntel eines Blicks zu würdigen. Mit ein bisschen Verwirrung im Gesicht, dass nun alles zu Ende sein soll und München zu einem gewöhnlichen Samstagmorgen im Juni erwacht. Ob der Fotokünstler weiß, was er da installiert hat? Ob die Fotos wohl wiedergeben, wie sich das Kunstwerk von innen anfühlte? Vielleicht war Spencer Tunick selbst noch nie nackt in einer Metropole unterwegs, in der er die Kunstkörper ablichtet. Aber er schenkt Menschen nicht nur erstaunliche Bilder, sondern auch eine unvergessliche Erfahrung: selbst ein Kunstwerk zu sein, umschlossen von einem Ring aus anderen Kunstwerken. Frei von Vergleich, frei von Hierarchien, frei von Herrschaft. Frei.
Geseko von Lüpke (60) studierte Politologie und Ethnologie. Heute arbeitet der internationale Netzwerker als Buchautor zum gesellschaftlichen Wandel sowie als freier Journalist und Redakteur für Rundfunkanstalten, Tageszeitungen und Zeitschriften.
Wer kann so frei sein? Ein Kommentar von Andrea Vetter Ich will Geseko von Lüpke glauben: nackt und frei von Hierarchien. Aber es fällt mir schwer. Wie hätte ich mich gefühlt, wenn ich dabei gewesen wäre? Ist dieses Erlebnis eines, das für alle Menschen gleichermaßen erfahrbar ist? Wie hätte eine beteiligte Frau das Gesehene und Gefühlte beschrieben? Wie eine Person, die nicht weiß ist? Welche Möglichkeiten bieten sich uns, eine solche kollektive Trance zu erfahren – je nachdem, wo wir aufgewachsen sind, was wir erlebt haben, wie unser Körper aussieht, wen wir begehren? Wem ist es möglich, sich körperlich so nahe zu sein, ohne unangenehm berührt zu sein – welche Berührungen muss eine davor gemacht haben und welche nicht? Ich bleibe neugierig.