Permakultur

Baut Mauern auf!

Trockenmauern bieten Lebensraum für kleine Wildtiere.
von Ulrike Meißner, erschienen in Ausgabe #50/2018
Photo
© Stefan Ortmayr

Die Ritzen und Nischen von Trockenmauern sind wertvolle Quartiere für zahlreiche Tiere. Solche Mauern sind aber auch echte Hingucker im Garten; schon die verwendeten Materialien lassen sie ansprechend aussehen. Sie können deshalb gut als dekorative Elemente bei der Gartengestaltung eingesetzt werden. Aufgebaut werden die Mauern, wie der Name sagt, trocken – das heißt: ohne den Einsatz von Mörtel. Dabei werden meist unbehauene Natursteine verwendet, doch sogar aus ­recycelten Betonteilen – insbesondere aus solchen mit rauen Bruchkanten – lassen sich schöne Mauern bauen.
Traditionell wurden ­Trockenmauern gesetzt, um Gefälle und ­Böschungen abzufangen. In Weinbau­ge­bieten wird diese Form der Terrassierung heute noch gepflegt. In manchen Regionen schichtete man solche Bauwerke auch freistehend als Abgrenzung zwischen Grundstücken auf, wobei sich Steine anboten, die von einer Weide oder einer Ackerfläche abgesammelt wurden.
Eine Trockenmauer aus nicht zu großen Steinen ist verhältnismäßig einfach zu errichten: Auf verdichtetem Boden werden Steinschichten aufeinandergelegt. Dabei wird die unterste Lage etwa 30 Zentimeter tief in den Boden versenkt, um der Mauer ein Fundament zu geben und zu verhindern, dass sie hangabwärts rutscht. Diese Schicht wird so ausgerichtet, dass die Mauer ein leichtes Gefälle von 10 bis 15 Prozent zum Hang hin hat.
Ab einer Mauerhöhe von etwa einem Meter und auch bei feuchtem Untergrund sollte ein festgestampfter Unterbau aus Schotter bzw. einem Schottergemisch (als »Frostschutz« im Kieswerk erhältlich) erfolgen. Idealerweise setzt die Mauer darunter auf festem, gesetztem Mutterboden auf.
Hinterfüllt werden die untersten Steinlagen mit Schotter und kleinem Steinmaterial; auch zwischen den größeren Steinen werden, wo nötig, kleinere Steine verkeilt, um die Stabilität zu erhöhen. Ist die Mauer etwas gewachsen, kann man hinter ihr auch mit Erde auffüllen. Die Räume zwischen den Steinen dürfen nicht mit Erde gefüllt werden, da Erde im Winter leicht auffriert und die Mauer dann zu »gehen« beginnt. Beachtet werden muss zudem, dass von Steinlage zu Steinlage möglichst keine vertikalen Fugen direkt aufeinander stehen (»Kreuzfugen«). Dass nicht auf wackeligen Steinen aufgebaut wird, versteht sich von selbst.
Bei breiten Trockenmauern sollten schmale, längliche Steine immer wieder quer zur Mauerbreite gelegt werden. Diese Ankersteine verbinden den vorderen mit dem hinteren Teil und bringen so mehr Stabilität in den Aufbau. Keinesfalls sollten derart geformte Steine ganz vorne längs zu liegen kommen, da sie dort bei schlechter Auflage leicht aus der Mauer herausfallen können.
Der Bau einer Trockenmauer ist wie ein großes Puzzle. Er benötigt Zeit und fordert manchmal Geduld. Benötigte Werkzeuge sind Schaufel, Spaten, gegebenen­falls Spitzhacke, Maurerhammer, Markierungsschnur und -stäbe, für den Transport größerer Steine eine Sackkarre, Brechstangen, um vor allem größere Steine in die richtige Position hieven zu können, sowie Arbeitshandschuhe.
Die gesetzlichen Bestimmungen zur Genehmigungspflicht von Mauerbauten sind in den Bundesländern und Kommunen unterschiedlich geregelt. Bei größeren Bauvorhaben sollten diese im örtlichen Bauamt erfragt werden.

Dauerhafte Puzzles mit Sinn
Oya-Leser Stefan Ortmayr beschäftigt sich schon seit gut 20 Jahren mit dem Trockenmauerbau und hat die Fotos sowie einige wertvolle Hinweise zum Text beigesteuert. Er lebt auf einem am Hang gelegenen alten Gehöft am Stadtrand von Linz. Hier baute der Tischler mit zahlreichen Helfern Trockensteinmauern von bis zu 40 Metern Länge, 2,5 Metern Tiefe und 2,3 Metern Höhe zur Abstützung des Hangs bzw. zur Schaffung von terrassierter Gartenfläche. Bei zwei Mauern mit sehr großen Steinblöcken kam ein Bagger zum Einsatz; alles andere wurde mit sehr viel gemeinschaftlicher Handarbeit aufgebaut. Bei der Organisation der Gruppen freiwilliger Helfer, ohne die das Unterfangen nicht möglich gewesen wäre, erhielt Stefan von einem Freund Unterstützung. Während der Arbeitswochen konnten viele Menschen mit Freude lernen.
Der überwiegende Teil der verbauten Steine stammt vom Grundstück. Sie wurden bei der Trockenlegung der jahrhundertealten Gebäude ausgegraben.

Nischenbewohnerinnen
Eine tierische Gemeinschaft zieht in neu gebaute Trockenmauern ganz von selbst ein. Zahlreiche kleine Tiere, wie Insekten und Spinnen, finden hier Versteck und Winterquartier. Voraussetzung ist eine pflanzliche Umgebung, die genug Nahrung – meist tierischer Art – bietet. Wenn die Zwischenräume groß genug sind oder gezielt größer gebaut wurden, finden sich oft auch Kleinsäuger wie Igel, Mauswiesel oder Schlangen und Kröten ein. Stefan Ortmayr baute im hinteren Teil der Mauern teilweise alte Betonrohre ein, um größere Rückzugsräume zu schaffen.
Besonders in Gärten oder ­Obstanlagen können Trockenmauern interessant sein, um Nützlingen wie Marienkäfern, Florfliegen, Ohrwürmern oder Schwebfliegen ein Winterquartier zu bieten. Denn wenn diese kleinen Helfer vor Ort überwintern, sind sie im kommenden Jahr gleich zur Stelle, wenn die ersten unerwünschten Pflanzensauger wie Blattläuse auftauchen.


Erst lesen, dann legen
Jana Spitzer, Reiner Dittrich: Trockenmauern für den Garten. Bauanleitung & Gestaltungsideen, Ökobuch, 2015, 93 Seiten

weitere Artikel aus Ausgabe #50

Photo
von Susanne Aigner

Gemeinschaftsprojekt Obstgarten

Das hessische Witzenhausen ist für seine Kirschen und seine Universität für Ökologischen Landbau bekannt. Die Kirschen werden hier meist im Nebenerwerb kultiviert. Anfang April verwandelt die Kirschblüte das ganze Werra­tal in ein Blütenmeer, das viele Touristen

Photo
von Annalena Ehrlicher

Von der Freiheit, klein zu sein

Markus Noppenberger greift in die lockere Erde in seinem Gewächshaus: »Schau mal, in so einer Handvoll befinden sich mehr Lebewesen, als es Menschen auf dem Erdball gibt«, sagt er mit funkelnden Augen – und schüttelt den Kopf: »Warum bilden wir Menschen uns ein,

Photo

Herzsinn und Weltangst (Buchbesprechung)

Die gut 30 Essays in Rudolf Gaßenhubers »Herzsinn und Weltangst« kreisen um folgende Fragen: Wieso nimmt unser Grundvertrauen in die Welt ab? Wieso macht sich stattdessen zunehmend eine Art Weltangst bemerkbar? Wieso lässt diese Angst unseren Herzsinn verkümmern? Die

Ausgabe #50
Landfürsorge

Cover OYA-Ausgabe 50Neuigkeiten aus der Redaktion