Der Bildungs-Spielfilm »CaRabA« kommt ins Kino.
von Joshua Conens, erschienen in Ausgabe #53/2019
Die Welt geht zugrunde – und brav gehen junge Menschen in die Schule. Außer freitags. Da geht es endlich ums Ganze. Was wäre, wenn jeden Tag Freitag wäre? Der Spielfilm »CaRabA« zeigt eine Welt, in der es keine Schulen im heutigen Sinn gibt, in der junge Menschen Raum haben, das zu tun, was für sie von Bedeutung ist. Vor über fünf Jahren hatte der Philosoph Bertrand Stern eine Idee für einen Film und fragte mich, ob ich diese umsetzen wollte. Nun ist soweit: Am 4. Mai feiert »CaRabA #LebenohneSchule« seine Premiere in Berlin. Anschließend sind wir mit dem Film auf Tour – in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch Luxemburg, Frankreich, Spanien und weitere Länder stehen auf dem Plan. Über 30 Veranstaltungen sind bereits gebucht. Seit vielen Jahren drehe ich Filme. Dabei galt meine Liebe immer in erster Linie den Inhalten und Hintergründen, nicht so sehr dem Filmemachen selbst. Hinter CaRabA steht vor allem das Anliegen, ein Bewusstsein für die Frage zu schaffen, wie wir junge Menschen beim Aufwachsen begleiten wollen. Die Frage nach »Schule« ist dabei der Aufhänger für eine Grundsatzdiskussion. Gerade weil die Schule als Institution normalerweise nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, lässt sich daran so viel Grundlegendes aufdecken. Gespräche über nicht-institutionalisierte Formen von Bildung sind oft abstrakt, weil es dazu kaum Erfahrungsbezüge gibt. Wer hat schon erleben können, wie sich ein Leben jenseits von Institutionen anfühlt? Wie kommt also das Neue in die Welt? Oder, wie Oya einmal fragte: Wie kann ich von etwas träumen, das ich noch nicht kenne? – CaRabA ist der Versuch, ein Lebensgefühl zu vermitteln: nämlich wie es sich anfühlt, aus dem Leben heraus das Leben zu gestalten. Steckt hinter der Suche nach sinnvollen Bildungswegen nicht immer die Kernfrage, was Leben eigentlich ist? Institutionen, die junge Menschen zwangsbeschulen, sind nur eine von vielen Möglichkeiten, wie Leben und Lernen stattfinden können. Seitdem ich der Schule den Rücken gekehrt habe, bin ich konsequenter Autodidakt und meide Institutionen, wo ich nur kann. Aus dem Leben – das heißt, aus dem, was ich tue, aus den Begegnungen und Kontakten – entsteht das, was meinen Alltag ausmacht. So ist es auch bei diesem Film: Aus dem Willen heraus, etwas zu realisieren, entstehen die dafür nötigen Fähigkeiten. Das Noch-nicht-Können bewegt mich dazu, mich tiefer in die Materie einzuarbeiten. Etwas nur deswegen zu tun, weil ich es kann, empfinde ich als unbefriedigend. Meine Aufgabe bei CaRabA war und ist es, die Fäden des Projekts zusammenzuhalten. Bei vielen Gelegenheiten konnte ich spezifisches Wissen sammeln, zum Beispiel auf welch unterschiedliche Weise man in den Berliner Stadtbezirken Auskunft über Grundstückseigentümer einholen muss, um Drehgenehmigungen zu erhalten, oder wer wann dafür aufkommt, wenn wir auf von uns abgesperrten Parkplätzen ein Auto abschleppen lassen müssen. Von Anfang an waren wir uns im Team einig: CaRabA soll keine Idylle zeigen und auch nicht plump behaupten, frei sich bildende Menschen seien automatisch glücklicher. Wir versuchten, authentische und selbstbestimmte Persönlichkeiten darzustellen – nicht mehr und nicht weniger. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Das Leben wird bei einem größeren Maß an Selbstbestimmung viel aufregender, auch anstrengender – und gleichzeitig tiefer, wesentlicher, sinnhafter, vielleicht auch glücklicher. Ich wünsche mir, dass CaRabA dazu einlädt, gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir eigentlich leben wollen und was »Leben« überhaupt bedeutet. Davon hängt nicht nur ab, wie wir junge Menschen auf ihrem Weg begleiten, sondern auch, welche Welt wir uns gemeinsam erschaffen.
Joshua Conens (30), Filmemacher, experimentiert seit 12 Jahren mit Infrastrukturen für selbstbestimmte Bildung.