Buchtipps

Wo die wilden Nützlinge wohnen

von Silke Hoffmann, erschienen in Ausgabe #55/2019
Photo

Der »wilde Nützlingsgarten« der promovierten Landschaftsplanerin Sonja Schwingesbauer hat ein natürliches Erscheinungsbild. In ihrem sogenannten Laissez-faire-Garten greift die Gärtnerin lediglich lenkend ein und lässt dem Garten viel Dynamik und Spontanität, sich selbst zu entfalten. Sie wägt ab, welche Bereiche intensive Pflege benötigen (beispielsweise der Gemüsegarten) und welche Flächen kaum Eingriffe verlangen (etwa Kräuterrasen oder Blumenwiese).
Generell gilt: Weniger ist mehr! Das macht dem Menschen weniger Arbeit, und die oftmals übersehenen Gartenmitbewohner werden nicht gestört.
Das grundlegende Wissen für die Gestaltung lebenswerter Gärten – lebenswert für uns wie auch für Wildtiere – fasst Sonja Schwingesbauer in ihrem jüngst erschienenen Buch zusammen. Im ersten Teil führt sie Aspekte eines vielfältigen, lebendigen Ökosystems an und zeigt, wie wir die Lebenskreisläufe und Nahrungsketten der Organismen im Garten für unsere Zwecke nutzen können. Das bewusste Ansiedeln von Wildpflanzen, das Zulassen von Spontanwuchs sowie das Anlegen von geeignetem Lebensraum – wie Wildstrauchhecken oder Totholzhaufen – erschafft Mini-Ökosysteme, deren Vernetzung zu Grünkorridoren für den Erhalt der Artenvielfalt von Wildtieren von Bedeutung sein kann. Neben den Grundlagen zur Kultivierung eines gesunden Bio­gartens sowie zu schonenden Pflege-eingriffen und -maßnahmen geht die Autorin auch auf den Umgang mit Schaden anrichtenden Tieren ein.
Der Schwerpunkt des Buchs folgt im zweiten Teil, in dem die Autorin viele Tiergruppen und einzelne stellvertretende Arten  – orientiert an deren »hauptsächlichen Nutzaspekten« – porträtiert: Das sind sowohl Tiere, die wir häufig im Garten entdecken können, als auch solche, die nicht einfach zu erkennen sind. Nicht erwarten darf man bei den Kurzdarstellungen Fotos, wie man es aus Bestimmungsbüchern kennt. Stattdessen geht Sonja Schwingesbauer ausführlich auf die Futterquellen der Tiere in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien ein und erklärt ihre nützliche Rolle für das ökologische Gleichgewicht im Garten.
Im dritten Buchteil geht es schließlich um konkrete Tipps, wie man den vorgestellten Schmetterlingen, Bienen, Ameisen, Eichhörnchen, Vögeln, Igeln, Mäusen, Maulwürfen und Mauswieseln, Fledermäusen, Eidechsen, Schleichen und Schlangen, Fröschen und Kröten, auch Schnecken und Spinnentieren, zahlreichen Insekten, Parasitoiden und Bodenbereitern einen einladenden Lebensraum bereitet. Dazu gehört eine extensive Gartenpflege, die abgestimmt auf Lebenszyklen und das Verhalten von Tieren ist, oder auch die Entschärfung von Gefahrenquellen, wie sie etwa spiegelnde Fensterscheiben darstellen. Das Anlegen von Kräuterrasen und Wildblumenwiese, von Sonnen- oder Schattengärten mit Wildpflanzen und das Pflanzen von Wildsträuchern und Wildstrauchhecken wird erläutert. Daneben gibt es Hinweise zur Pflanzung und zur Pflege von Bäumen und »vertikalem Grün«. Tabellen verschaffen Übersicht über geeignete Pflanzensorten. Wie Wasserstellen, Futterstationen, Nisthilfen und Unterschlüpfe für verschiedene Tiere aufgebaut sein sollten, zeigt die Autorin mit einigen Bauanleitungen.
Ein ausführlicher Serviceteil und das Register runden das gelungene Werk ab, in dem die Liebe der Gärtnerin zu den zahlreichen sie umgebenden Wesen deutlich wird.


Wo die wilden Nützlinge wohnen
Gärtnern für eine bunte Tier- und Pflanzenwelt.
Sonja Schwingesbauer
Löwenzahn, 2019
320 Seiten
ISBN 978-3706626453
 29,90 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #55

Photo
von Andrea Vetter

Eine bunte und breite Palette

Das deutschlandweite Bündnis »#unteilbar« hat sich 2018 mit dem Ziel gegründet, eine Demonstration für eine offene und solidarische Gesellschaft im Oktober 2018 in Berlin zu organisieren. Bei #unteilbar sind zahlreiche Gruppen und Hunderte Einzelpersonen aktiv, Menschen

Photo
Die Kraft der Visionvon Silke Helfrich

Commons und Sein

Beim Nachdenken über die praktische Welt der Commons sind uns zwei Dinge klargeworden: dass das, was all diese Beispiele verbindet, auf einer tieferen Ebene liegt – der Ebene des Seinsverständnisses – und dass wir für das Besondere an Commons im Wortsinn sprachlos sind.

Photo
von Lara Mallien

Nachdenkfühlgezeichnet

Von Doreen Fenner-Kiepsel stammen das Titelbild sowie weitere Illustrationen der allerersten Ausgabe von Oya aus dem Jahr 2010. Das Heft kreiste um das Thema »Gemein­güter« und versuchte, das Phänomen »Allmende« in einen neuen Rahmen zu setzen. Daran wollten

Ausgabe #55
Gemeinschaffen - wie geht das?

Cover OYA-Ausgabe 55
Neuigkeiten aus der Redaktion