In Oya 51, »Garten Erde«, zeigten mehrere interessante Beiträge, dass die Besinnung auf Waldgartensysteme – die früheste bekannte Form von Landwirtschaft! – Lösungen für eine enkeltaugliche Ernährungsweise bereithält. Das Titelbild und ein Artikel stellten dabei die Esskastanie ins Rampenlicht, und auch um das Potenzial von Haselnüssen ging es im Heft. Eher ein Schattendasein fristete in jener Ausgabe hingegen die Walnuss. Das ist angesichts der Menge an wohlschmeckenden, gesunden Kalorien, die so ein Baum auch in unseren Breitengraden (fast) jedes Jahr hervorbringt, erstaunlich. Möge deshalb die Vorstellung von Jonas Freis frisch im AT-Verlag erschienenem Buch »Die Walnuss – Alle in Mitteleuropa kultivierten Arten – Botanik, Geschichte, Kultur« das Versäumte ein wenig nachholen. Frei zufolge hat der Walnussbaum trotz seiner Verbreitung in unserer Kulturlandschaft und trotz der Beliebtheit seiner Früchte den Stellenwert verloren, den er einst innehatte. Die Nüsse, die wir kaufen, stammen in vielen Fällen aus industriellem Monokulturanbau auf anderen Kontinenten. Dem Autor ist es offenbar ein Herzensanliegen, mit seinem wunderbar gestalteten, großformatigen Buch zur Renaissance einer etwas in Vergessenheit geratenen Kulturpflanze beizutragen. Seine Faszination für die Walnussgewächse möchte er seinen Lesern nahebringen, indem er an die 40 in Europa kultivierbare Arten der vielfältigen Pflanzenfamilie – zu der neben den Walnüssen auch die Gattungen der Flügel- und Zapfennüsse sowie Hickorys gehören – vorstellt. Neben dem komplexen, anspruchsvollen Buchteil zur Botanik lesen wir bei Jonas Frei auch Interessantes zur Kultur der Walnuss, etwa über die Vorzüge des Nussbaumholzes, die medizinische Verwendung von Pflanzenteilen oder deren Fruchtbarkeitssymbolik. Den größten Gewinn zog ich jedoch überraschenderweise aus den Buchseiten zur tiefwurzelnden Entwicklungsgeschichte der Walnuss, und das hat letztlich gar nichts mit der Pflanze zu tun! Es ist nur schlicht so, dass die Beschäftigung mit dem Wirken der Jahrmillionen auf Erden – mit dem Kommen und Gehen von Warm- und Kaltzeiten, dem Wandern von Kontinentalplatten und der allmählichen Evolution von Flora und Fauna – den Blick auf die Wirrungen und Fährnisse der Gegenwart entspannt. Das Einnehmen solch einer riesenhaften Perspektive bringt interessante Effekte mit sich! Aber zurück zum Thema: Mit »Die Walnuss« huldigt Jonas Frei einer Pflanze, die für uns – wie es im Vorwort heißt – »geläufig und doch unbekannt« ist. Es gelingt ihm gut, seine eigene Faszination für die Walnussgewächse und die Schönheit der Juglandaceae zu transportieren. Das Buch ist allerdings eher weniger für Praktiker geeignet, die etwa wissen möchten, welche Sorte zu welchem Klima und welchem Boden passt. Hier wäre eher Vivian Böllersens Buch »Revival der Walnuss – Neues und altes Wissen zum Walnussanbau in Deutschland« (OLV) zu nennen, dessen zweite Auflage in diesem Jahr erschienen ist.
Die Walnuss Alle in Mitteleuropa kultivierten Arten. Botanik, Geschichte, Kultur. Jonas Frei AT Verlag, 2019 240 Seiten ISBN 978-3039020218 39,00 Euro