»In der Tiefe verstanden heißt ›Commoning‹, dass wir selbst zu einem Commons werden.« – Silvia Federici
von Maria König, erschienen in Ausgabe #82/2025
Commons sind keine Dinge, sondern Ausdruck gemeinschaffenden, pflegnutzenden Tuns.Wenn wir uns commonischen Zusammenhängen zueignen, dann verändern die so entstehenden Beziehungen auch uns selbst. Die Grenzen zwischen handelndem Subjekt und vermeintlich unbelebtem Objekt beginnen sich dann aufzulösen. Plötzlich erscheint es ganz selbstverständlich, dass ein Fluss oder ein Theater zum gleichwürdigen Gegenüber wird und das Sorgen für einen Aufenthaltstitel oder den gemeinsamen Haushalt uns alle angeht.
Seit acht Jahren findet in und um die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin die transmediale Inszenierung »B6112« statt. Alle können mitmachen und gestaltend mitbestimmen, ob und wie sich ein Theater von Hierarchien befreien lässt. Die fortdauernde fiktionale wie reale Performance soll im Modellprojekt »Theater der Commons« münden. Initiiert wurde B6112 vom Kollektiv »Staub zu Glitzer«, das sich 2017 gegründet hat. Damals fürchteten viele den Verlust eines bedeutsamen linken progressiven Ostberliner Kulturorts durch einen Intendanzwechsel, »Staub zu Glitzer« besetzte kurzerhand die Volksbühne. »Wir fragten uns, wie aus der Empörung ein Impuls werden könnte, der das Haus in einem selbstorganisierten Prozess für die ganze Stadtgemeinschaft öffnet,« erklärt Kollektivmitglied Cia Hussinger. Im Gespräch entsteht das Bild einer künftig commonisierten Volksbühne, in das sich Momentaufnahmen aus der sechstägigen Theaterbesetzung vor acht Jahren mischen: Die Hallen– die jetzt oft leer sind – voll mit Menschen, die sich unter-halten und miteinander künstlerisch tätig sind. Im Foyer hat eine Bilder aufgehängt, ein anderer spielt Kontrabass. An der Küfa-Station gibt es Essen für alle. Eine Schulklasse ist gerade eingetroffen und die Lehrerin fragt: »Wer weiß, was Demokratie ist?« Im grünen Salon tanzt eine Frau allein zu Musik. Gegenüber ist ein Raum zum Schlafen und Ausruhen …
Die Gegenwart sieht jedoch noch anders aus. Viele Kultureinrichtungen erhalten öffentliche Unterstützung, da ihre Angebote allein durch Eintrittsgelder nicht finanzierbar sind – gleichzeitig erreichen sie nur ein begrenztes Publikum. »Lasst uns also gerade jetzt, wo staatliche Finanzierungen für Kunst und Kultur gekürzt werden, nicht nur für den Erhalt des Status quo streiten, sondern Strukturen für partizipatives und demokratisches Miteinander schaffen«, meint Sarah Waterfeld, die das Kollektiv mitinitiiert hat und unweit der Volksbühne aufwuchs. »Staub zu Glitzer« ist inzwischen Teil des bundesweit agierenden Bündnisses »Union für Cultural Commons«, das sich für die Etablierung von kulturellen Commons einsetzt.