Bildung

Nein sagen ist nicht verzichten

Zwei Pioniere der freien Bildung, der Philosoph Bertrand Stern und Oya-Herausgeber Johannes Heimrath, ­entwickeln gemeinsam ein Weltverständnis, das von selbstbestimmten Subjekten ausgeht.von Johannes Heimrath, Bertrand Stern, erschienen in Ausgabe #15/2012

Johannes Heimrath Bertrand, ich freue mich, dass wir hier in Berlin zusammenkommen. Fast dreißig Jahre sind wir Freunde und Wegbegleiter. Ich erinnere mich an die Zeit Ende der 80er Jahre, in der wir über das Wort »Kind« nachgedacht und festgestellt haben: Solange wir es unreflektiert verwenden, sind wir Teil eines Denkens, das in Gradienten urteilt. Kindsein wird bis heute in der Regel als defizitärer Zustand begriffen: Aus dem Kind muss erst noch etwas werden. Das zu ändern, war und ist noch immer die Grundlage unserer Bemühungen für freie Bildung. Du hast damals vorgeschlagen, anstelle von »Kind« zum Beispiel »der junge Mensch« zu sagen. Für mich war es eines der aufregendsten Experimente in meinem Leben, konsequent für zwei Jahre das Wort »Kind« und auch das Wort »Schule« wegzulassen. Wie ist es dir damit gegangen?

Bertrand Stern Das war wie das Erkunden eines fremden Kontinents. Mit der Zeit wurde ich dabei sicherer, mir wurde bewusst: Wir sind das zu Erkundende! Es geht um uns, um unsere Potenzen, um unsere Fähigkeiten, unsere Freiheit, Würde und Autonomie. An das Wort »Kind« ist der Gedanke der Erziehung gebunden, wie das Wort »Lernen« an das Üben, an Ziele, an Prüfungen gebunden ist. Wenn ich mich davon verabschiede, eröffne ich mir zugleich andere Horizonte – beispielsweise für ein nicht mehr zielgerichtetes Entdecken oder für ein Erinnern, das prozesshaft auf mich als Subjekt hinweist.

JH  Wenn das Kind als Subjekt begriffen wird, ist es ein gleichwertiges, gleichrangiges Gegenüber. Dieser Gedanke hat sich bei mir so fortgesetzt, dass jedes Gegenüber zum Subjekt geworden ist. Die Pflanze vor unserem Fenster – oder diese Rosenblüte auf dem Tisch: Sie ist zwar Opfer unseres Ergreifens der Objektwelt, aber an sich steht sie mir als etwas Eigenständiges, Lebendiges gegenüber. Sie sagt etwas über mich, über den Teil von mir, der Teil von ihr ist. Wir bewegen uns grundsätzlich in einer Welt der Subjekte. Genau das wird von der Gesellschaft heute nicht verstanden.

BS Aus verschiedenen Erwägungen, Gründen und Motiven heraus kann ein Mensch die Objektrolle annehmen. Sie ist aber immer nur ein Schein, eine Schminke, ein Alibi – hinter dieser Maske ist und bleibt die Person ein Subjekt. In der heutigen Zeit der Krise erkennen immer mehr Menschen, dass sie mit ihrer objekthaften Funktion nicht mehr zurechtkommen. Und das ist eine Chance. Sie werden die Hüllen fallen lassen – ich nenne das »zwiebeln« –, und werden erkennen, dass es in ihnen einen gesunden, dynamischen, potenten Kern gibt, der danach strebt, sich zu entfalten.
Betrachten wir die Diskussion um das Thema Schule: Verläuft sie nicht zumeist so, dass es nur um das Objekt Kind geht, um die Klärung, wie das Kind zwangsbeglückt werden soll? Ob in staatlichen Schulen oder Reformschulen: Immer dreht es sich um die ­Pädagogisierung des Zöglings, des Kindes.
Wenn junge Menschen sich der Schule verweigern, rufen gelegentlich Mütter oder Väter bei mir an und fragen: »Was können wir tun?« Ich plädiere nicht für Homeschooling, zumindest nicht dafür, was in Deutschland leider oft daraus gemacht worden ist, nämlich eine neue Form der Zwangsbeglückung. In England ist das anders. Was sollen Mütter und Väter tun, die die Rechte ihrer Töchter und Söhne erkennen und anerkennen, denen aber auch bewusst ist, dass wir in einer Welt leben, in der es nicht nur den schulischen Anwesenheitszwang gibt, sondern auch kein Umfeld, in dem junge Menschen sich erkunden und erfahren könnten? So wie du und ich es vielleicht noch konnten, wo es in den Städten noch Trümmerhaufen und ungesichertes Gelände gab und auf dem Land der Raum unbegrenzte Möglichkeiten bot. Ich halte, um Stefan Zweig zu zitieren, die heutige Gesellschaft für eine Welt von gestern, die im Untergang begriffen ist.

JH Darin sind wir uns einig! Du sagst, Homeschooling sei nicht das, was du dir unter den »Landschaften der freien Bildung«, über die wir schon in den 80er Jahren nachgedacht haben, ursprünglich vorgestellt hast oder was es in den Bildungs-Netzwerken im angelsächsischen Raum ist. Was stört dich?

BS Weshalb sollte eine Person überhaupt »be«schult und die Bildung »ver«schult werden? Wie geklärt werden muss, ob der Frieden nicht unvereinbar ist mit der Militarisierung, wie die Gesundheit nicht an die Medikalisierung gebunden ist und die eigene Mobilität kein Faktor der Verkehrsindustrie sein kann, so kann auch die Bildung kein Moment der Schule sein. Auch eine häusliche Beschulung ist Schule! Mit dem Begriff »Landschaften« betone ich das originelle, kreative, potente Verhältnis zwischen Subjekt und Umfeld.
Es gibt ein Phänomen, das ich gerne mit dem Begriff der »radikalen Reflexion« beschreiben möchte. Wo diese radikale Nachdenklichkeit fehlt, entsteht leider der Raum für Reformen. Re-Formieren aber steht für mich immer für Re-Normieren, also für das Wieder-Einsetzen des Alten in eine neue Form. Was geschah mit der Erkenntnis der 80er Jahre, wonach »Schule« in einer Sackgasse steckte? Als anzustrebende realpolitische Lösung galt: die Freie Schule! Vor lauter Streit um die Genehmigung von Freien Schulen wurde die Kernfrage so gut wie gar nicht gestellt: Was ist denn eine Schule? Aus meiner Sicht haben uns in den letzten Jahren viele Diskussionen viel Zeit und Energie gekostet und uns jetzt dahin zurückgebracht, wo wir vor 30 Jahren waren. Könnte es aber sein, dass immer mehr Menschen erkennen: So kann es nicht weitergehen!? Sie wollen mehr als Reformen. Damit kommen wir in einen Bereich, in dem sich für mich ein Zwiespalt auftut: Ich habe ein großes Problem mit der Definition des Worts »Demokratie«. Demokratie bedeutet Herrschaft des Volks. Ich will aber keine Herrschaft! Und so entsteht dieser Zwiespalt: Ein Teil meiner Seele denkt staatsüberwindend, und ein anderer Teil, weniger meiner Seele als meines Geistes, ist völlig staatsimmanent, indem ich mich der Verfassung, also demokratischer Mittel bediene, um zu sagen: In unseren Grundrechten gibt es ein paar wertvolle Aussagen, die, würden sie ernstgenommen, einen radikalen Systemwandel bedingten.

JH Ich bin ja schon vor vielen Jahren bei der Idee der Gemeingüter angekommen. Sie geht von der offensichtlichen Tatsache aus, dass wir uns mit diesem Baum da draußen, mit diesem Pflänzchen, selbst mit den Würmern und Bakterien, unsere Welt teilen. Sie ist unser gemeines Gut. Aus diesem Verständnis heraus ergibt sich ein anderes Lebensmodell, das in keiner Form mit Herrschaft zu tun hat, denn diese Kategorie existiert gar nicht mehr. Mein Begriff dafür ist die Commonie, abgeleitet aus dem englischen Begriff »Commons«, den ich gerade einzudeutschen versuche. Wenn wir die Welt als Gemeingut begreifen, können die Menschen nicht mehr die dominanten Wesen bleiben, die die Welt der Objekte manipulieren und sie irgendwelchen Zwecken zuführen, sondern wir werden zu Beschenkten. Wir sind Beschenkte, die nichts von dem, was sie physisch sind, selbst erarbeitet haben! Selbst das letzte Härchen, das letzte Zellchen meines Fingernagels kommt von woanders, von der gegessenen Gelben Rübe, von einem leckeren Apfel. Der Baustein, der mich da macht, das sind andere Lebewesen. Verstehst du?

BS Ja. Unsere Zivilisation hegt eine sehr dinghafte Sprache, die einer Logik des Habens folgt. Eine ganz andere Bemerkung scheint mir hier angebracht: Gattungsgemäß ist der Mensch – einzig? – in der Lage, bewusst »Nein« zu sagen. Mit einem Nein zum Essen kann ich mich für das Fasten entscheiden. Dies ist etwas Erstaunliches. Wenn nun unsere Commons als das uns Gemeinsame darauf aufbauen, was wir eventuell nicht zu haben brauchen, erweisen wir unserer Gattung eine Ehre, die uns allen – der Natur und den Menschen – gut ansteht. Ich unterscheide zwischen den Begriffen »Verzicht« und »Nicht-Bedürfen«. Der religiös gefärbte Begriff »Verzicht« ist verwandt mit »verzeihen« und dem Schweizerischen »verzeigen«: Ich offenbare nach außen, dass ich mich schuldig fühle, und verzichte deshalb auf etwas. Meine Position ist dagegen: Ich bedarf einer Sache nicht. Und das ist, glaube ich, ganz im Einklang mit dem, was du mit Gemeingütern ansprichst. Das hat, so glaube ich, wichtige Konsequenzen: Der junge Mensch wächst in unserer Zivilisation mit einer Vielzahl von Gütern und inmitten einer Menge von Wissen auf, mit dem er vollgepfropft wird. Ist aber das Allerwesentlichste für die menschliche Gattung nicht das »Nichts«, die Leere als die Grundlage der Muße? Eine ethische Konsequenz davon ist der Abschied von der Zwangsbeglückung, von der Zwangsfütterung durch die fremdversorgte Gesellschaft. Stattdessen hat die Person selbst zu entscheiden, wann sie etwas entdecken will, und auch, wann sie etwas nicht entdecken will. Das Grundrecht anzuerkennen, »Nein« sagen zu dürfen, hat eine enorme Bedeutung!

JH Ja, ganz und gar einverstanden. Das Nicht-Bedürfen und das Nein-Sagen sind von zentraler Bedeutung, da wir für die ökologisch notwendige Schrumpfung des Konsums zu einem »Weniger« kommen müssen. Wir übernutzen die Erde gegenwärtig zu 150 Prozent. Wenn wir nicht »Nein!« sagen, geht es sicher in den Graben. »Nein« zu sagen zum Haben, ist kein Verzicht, wenn ich es aus dem Gefühl der Fülle heraus tue. Muße ist ein Fülle-Begriff. Und »scholé«, also Schule auf Griechisch, heißt ja Muße. Das ist nicht Freizeit, sondern das ist die Zeit, die man unabgelenkt damit verbringt, das zu tun, was für einen selbst wichtig ist. Für mich ist Muße das, was ich voller Inbrunst und Energie tun kann.

BS Was ich aus mir heraus tun kann.

JH Ja, autopoietisch. Und daraus gewinnen wir erst die Fähigkeit, »Nein« zu sagen. Also erst aus dem Gefühl des Erfüllt-Seins kannst du ganz ruhig zu Dingen »Nein« sagen. Du wirst zu überflüssigen Dingen »Nein« sagen, aber selten zu Erfahrungen, weil diese dich innerlich reicher machen und weil dieser Reichtum sogar unbegrenzt wachsen kann, solange du lebst.
Wir haben zum Beispiel »Nein« zur Schule gesagt, »Nein« zur Diskreditierung des Lebensalters Kind – wir können heute auch »Nein« zur Diskreditierung des Lebensalters Alter sagen. Ich arbeite im Moment an einem Projekt unter dem Motto »Youth and Elders Alliance«, um diese Lebensalter zusammenzubringen.
Wie aber können wir dieses »Nein« zur Zwangsbeglückung, zur Bevormundung attraktiv machen?

BS Wir können nicht absehen, was sich in Zukunft an Situationen ergeben wird. Ohnehin haben wir keine andere Wahl, als darauf zu warten, dass das System zusammenbricht. Erst dann haben wirklich neue Lösungen eine Chance. Aber es geht nicht um Patentlösungen, sondern darum, den Kern jeder Lösung freizulegen: den grundlegenden Wandel vom Objekt zum Subjekt! Das ist sozusagen der Kern allen Wandels und die einzige Möglichkeit, die ich sehe, dass wir tatsächlich aus den Sackgassen ausbrechen. Neue Wege könnten auf verschiedenste Weise gestaltet sein. Ich habe mir natürlich Gedanken darüber gemacht, wie die »Landschaften der Freien Bildung« aussehen könnten, habe mir Gedanken gemacht über das Verhältnis des sich frei bildenden Subjekts zu seinem Umfeld, auch bezüglich der Finanzierung und der rechtlichen Seite – das ist alles publiziert. Ich sage nicht, dass diese Vorschläge für alle Menschen richtig sind, aber immerhin können sie diskutiert werden.

JH All das nenne ich »Post-Kollaps-Strategien«, und je mehr ich darüber nachdenke, wie so eine Post-Kollaps-Gesellschaft aussehen könnte – wenn sie sich denn positiv entwickelt und nicht in einem Schreckensszenario endet, was ja viel wahrscheinlicher ist – desto mehr frage ich mich: Gäbe es dann überhaupt noch solche großen Strukturen wie heute? Gäbe es Nationalstaaten mit staatlichen Schulen? Wenn ich mir vor Augen führe, dass es mit dem »Haben« schon allein aus Ressourcengründen nicht so weitergehen kann, sehe ich für eine wünschenswerte Zukunft vor allem kleinere, nachbarschaftliche, gemeindliche, »commonische« Strukturen vor mir.

BS Die gemeindliche Gestaltung einer Welt sollte aber nicht als Rückführung zur dörflichen Kirchturm-Mentalität verstanden werden. Ich denke, dass einige Errungenschaften der letzten Jahrtausende nicht nur für die Gemeinde, sondern für die Menschheit schlechthin von Bedeutung waren. Würden etwa die Menschenrechte nicht mehr als absolute, unabdingbare Größe gelten, sondern wären sie abhängig von der jeweiligen Gemeinschaft, dann wäre es mit Sicherheit schnell mit ihnen vorbei …

JH Selbstverständlich kann es kein Zurück geben. Wenn wir zukunftsfähige ökonomische und politische Strukturen finden wollen – nicht mehr hypertroph, also krebsartig wuchernd, sondern organisch gesund – setzt das Vielheit voraus. Ein Biotop muss divers sein, Diversität ist sein Prinzip. Das ist ein ethisch viel stärkeres Prinzip als das Prinzip der Toleranz, von der die heutige Gesellschaft spricht. Ich spreche nicht von abgeschlossenen, hinterwäldlerischen Dörfern, sondern von einer diversen, bunten Gesellschaft, die es gelernt hat, Nein zu sagen und auf einem völlig anderen Niveau als heute ihre Übereinkünfte trifft. Wahrscheinlich gäbe es darin keine wie auch immer geartete Behörde, sondern es gäbe womöglich kompetente Organisations-Unterstützer, »Kümmerer«. Auch die Frage der Sanktionierung von Verbrechen müsste neu gestellt werden. Wir kennen ja aus der Ethnologie genügend Beispiele für »Versöhnungs-Gesellschaften«, wo keine Polizei oder Gefängnisse gebraucht werden.

BS  Ich denke an Arno Plack, der in den 70er Jahren ein »Plädoyer für die Abschaffung des Strafrechts« geschrieben hat. Es gibt keine andere Lösung, als aus dieser kriminalisierenden Scheinjustiz auszubrechen und endlich zu einem Gerechtigkeitsempfinden zu kommen, das selbstverständlich auch den jungen Menschen einbezieht.
Es sind bereits so viele wichtige Gedanken in der Vergangenheit entwickelt worden, die alle noch nicht in der Praxis greifen konnten. Ich denke auch an Ivan Illichs Buch »Entschulung der Gesellschaft«. Mich stimmt zuversichtlich, dass Menschen beginnen, sich für radikalere Visionen zu interessieren. Ihnen wird mehr und mehr bewusst, dass es nicht um Rezepte geht, wie sich Bildung gestalten sollte, sondern tatsächlich um eine Vision. Das »Wie« ist nicht entscheidend. Ich sage immer, das einzige Wie, das ich gelten lasse, ist das Wie von Vision …

JH Ja, anders geht es nicht. Aus der Vision kommt Kraft, nicht aus einem Rezept.

BS Diese Energie der Vision hat etwas Würdigendes. Sie würdigt das Gegenüber und gesteht ihm zu, die eigene Vision zu finden und zu leben. Wenn mich Menschen fragen: »Wie soll das Ersehnte denn konkret aussehen?«, sage ich: »Da ich nicht du bin, kann ich ja nicht wissen, was du konkret in deinem Leben gestalten willst, welche Gestalt du deiner Lebens-Vision geben kannst! Aber auf die Kernfrage wirst du erst kommen, wenn du statt der ›Wie?‹-Frage die ›Warum?‹-Frage stellst.« Wenn wir uns nämlich die ethisch relevanten »Warum?«-Fragen stellen, hören wir auf, Patentlösungen zu suchen. Dann erst offenbart sich der Irrsinn des Systems.

JH Aber unsere Visionen dürfen konkret werden. Wie siehst du die Brücke in eine positive Post-Kollaps-Gesellschaft?

BS Ich denke, diese Brücke bauen junge Menschen, die ganz bewusst und konkret »Nein« gesagt haben: beispielsweise zur Schule, zur Konsumkultur, zur Naturzerstörung. Sie brauchen eine wirksame, intellektuell kluge Unterstützung und Begleitung. Und da sind wir aufgefordert, uns mit unserer Erfahrung einzubringen.
Ich möchte junge Menschen bestärken in ihrem Recht auf ein würdevolles Da-Sein und So-Sein. Diese Aufgabe haben wir, du und ich, vor 30 Jahren so noch nicht gesehen, oder doch?

JH Vision ist das Vertrauen auf diese innewohnende Kraft, vorauszusehen, was ich getan haben werde. Ich kann mich mit dieser Kraft in die Zukunft versetzen und dort allen Ernstes meinen Lebensweg überprüfen, den ich noch gar nicht gegangen bin, aber von dem ich weiß, dass ich ihn zu gehen habe, und dass ich ihn gehen werde. Das ist für mich eine große Unterstützung, um diese Kluft auch in mir selbst zu überbrücken.

BS Du wirst feststellen, dass du gar keine andere Wahl hast, als visionär zu sein. Eine Vision lässt sich nicht erlangen, nicht erkaufen, sondern sie ist ein Feuer, das in uns brennt. Eigentlich haben Menschen keine andere Möglichkeit, als visionär zu sein. Was sehen wir beim Anblick eines soeben geborenen Menschen? Doch wohl die Lebenspotenz. Ist diese Potenz nicht visionär? Müsste ein jeder Mensch nicht nur das Recht, sondern die ethische Pflicht haben, dieses Visionäre zu leben, zu gestalten? Gehört hierzu nicht an erster Stelle das Recht der Person, sich frei zu bilden? Das Visionäre einer entschulten Gesellschaft liegt in den Fragen: Was ist näherliegend? Was ist natürlicher? Was ist ethisch triftiger? Was ist einfacher? Was ist auch prospektiver?

JH Ja, das ist die Kraft der Vision. Das ist schön gesagt. Also lass uns noch weitere 30 Jahre an diesen Dingen arbeiten! 

  

Bertrand Stern (64), Philosoph, sieht im Freischaffenden sowohl die Selbst­verpflichtung zu einer Freiheit schaffenden Reflexion wie auch eine freie, an keine Institution gebundene Aktivität. Im Mittelpunkt seines zivilisationskritischen ­Schaffens steht für ihn die (Selbst-)Befreiung von Ideologien und Institutionen.
www.bertrandstern.com

Johannes Heimrath (59), ursprünglich Komponist und Musiker, beendete früh seine Karriere, als er erkannte, dass sich Freiheit nicht mit festgelegten Rollen ­verträgt. So wurde er Unternehmer, Kinderrechtler, Medienmacher, Berater, Gemeinschaftspionier – und hört all das als aufregende, vielstimmige Sinfonie des Lebens.
www.johannesheimrath.de

  

Literatur:
Johannes Heimrath (Hrsg): Die Entfesselung der Kreativität. Das Menschenrecht auf Schulvermeidung. Drachen Verlag, 1988 

Bertrand Stern: Weile statt Eile! Unterwegs zu einer Kultur der Muße? Klemm & Oelschlager, 1996; Schluß mit Schule! Das Menschenrecht, sich frei zu bilden. tologo, 2006; Sehr verehrte Frau Bundesministerin für das deutsche Schulwesen … tologo, 2008; mit Ulrich Klemm: Vom Glück des Nichtstuns. Muße statt Pädagogik. tologo 2011

 

 

 

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