»Das peppt die Ecke auf!«
Die Initiative Mündener Altstadt hat sich zum Ziel gesetzt, die Sanierung von Fachwerkhäusern im Stadtkern zu fördern. Im Lauf des Projekts ist eine Bürgergemeinschaft herangewachsen.
Wandernd bin ich Anfang Mai dieses Jahres mit der Freiburger Gruppe der »Funkenflieger« gestartet. Die Route führte nach Berlin und ist Teil einer wachsenden Bewegung von Schülern, Studentinnen und einigen jungen Lehrern, die die Frage »Was würde passieren, wenn wir unser Leben selbst in die Hand nähmen und wir versuchten, unsere Träume zu leben? « antreibt. Wir hatten nichts vorausgeplant und wussten daher auch nicht, wo wir unterwegs schlafen würden. Einzig der Wunsch, Neues zu wagen, trieb uns an. Jeder Mitwandernde könnte über seine Erlebnisse Bücher schreiben, und für jeden haben sie Konsequenzen. Denn man kann nicht unverändert zurückkehren – auch ich nicht.
Rebell im System?
13. Mai 2014: Seit zwei Wochen bin ich nun schon unterwegs. Eigentlich wollte ich nur vier Tage mitlaufen, aber durch alle möglichen Ereignisse waren es schon 13 Tage geworden.
Ich bin 18 Jahre alt und Schüler der 12. Klasse in einer Berliner Schule. Mein Abitur wollte ich nächstes Jahr ablegen. Schon oft hatte ich darüber nachgedacht, es nicht zu machen. Diese Frage wollte ich auf der Wanderung nun mit mir allein klären. So beschloss ich, den ganzen Tag zu schweigen, um mich aus der Gruppe etwas auszugrenzen.
Meine Schule war ja bereits besonders. Ich fühlte mich dort eigentlich wohl. Alles fiel mir leicht. Ich mochte die Lehrer und konnte mit ihnen die Schule neu gestalten. Trotzdem wusste ich nicht, wieso man eigentlich Abitur machen sollte. Es gab Gründe dafür, aber auch Gründe dagegen: Ich selbst passte zwar sehr gut in das System »Schule«, aber es gab viele, deren Fähigkeiten anders gelagert waren und die hier keine Anerkennung erhielten. Ich fand es unfair, dass nur diejenigen »gut« sein sollten, die einem bestimmten Lerntyp entsprechen. Warum gibt es so wenig Vertrauen in die Menschen und ihre Entwicklungsfähigkeit? Warum sollten Kontrollen aussagen, was allgemein wichtig ist? Ich verstand es nicht. Ich verstand nur, dass man so besser selektieren konnte. Seltsamerweise war das sogar die Antwort, die mir einige Menschen, zum Beispiel Politiker, auf meine Fragen gaben.
Trotz allem hatte ich mich bisher immer wieder für das Abitur entschieden – mit der Vorstellung, den Wünschen der Gesellschaft zu entsprechen und dennoch nebenbei die Welt zu verbessern. Statt von außen gegen die Mauern zu klopfen, wollte ich das System von innen heraus verändern.
Außerdem gab es auch den Wunsch, von der Gesellschaft anerkannt zu werden. Ich wollte einen »Einser«-Schnitt, auch wenn ich nur die Hälfte der Zeit in der Schule war. In meiner Abwesenheit war ich immer unterwegs, mit Visionen und dem Willen, eine schönere Welt zu schaffen. Irgendwie hatte das bisher auch geklappt – mein Schnitt war sehr gut.
Die Entscheidung
Am 13. Mai stand ich am Scheideweg: Würde ich mich diesmal gegen das Abitur entscheiden, würde ich mit den Funkenfliegern weiterlaufen? Oder würde ich umkehren? Mein Nachdenken in aller Stille, alleine hinter der Gruppe wandernd, hatte mich klar an den Punkt geführt, morgen wieder zurückzufahren, denn ich hatte festgestellt: Schule war nicht mein Problem. Ich würde auch noch das nächste Jahr ohne allzu große Verletzungen überstehen, mich noch mehr in verschiedenen außerschulischen Projekten engagieren, um mir die Absurdität der Prüfungen nicht ständig bewusstmachen zu müssen. Doch ich analysierte diesen Beschluss, um sicherzugehen, dass er gut war. Da kam die Einsicht: Ich würde die Entscheidung für das Abitur nur aus Angst fällen – aus der Angst heraus, aus dem System zu fallen, meine Chancen zu vergeben. Ich hatte Angst davor, die mir lang erarbeitete Position eines vom System anerkannten Rebellen aufzugeben.
Es war schon kurz nach 23 Uhr, und ich hatte mir vorgenommen, um Mitternacht eine Entscheidung getroffen zu haben. Die Zeit zerrann, und die alten Gedanken, warum ich kein Abitur machen sollte, kamen ebenso wieder auf wie ihre Gegenspieler. Warum sollte ich in diesem System bleiben, wenn ich es doch offensichtlich falsch fand? War der gesellschaftliche Zwang so stark? Ja, der Zwang war tatsächlich so stark, dass ich mich ihm beugen wollte. Doch dann brannten Fragen auf: Was wäre, wenn ich in Zukunft immer so handeln würde? Wenn ich mich letztlich den größten Zwängen unterwürfe? Was dann?
Es dauerte ein wenig, bis mir eine Analogie bewusst wurde: Wenn ich das Abitur mache, wäre es, als zöge ich in den Krieg, obwohl ich für den Frieden bin. Im einen wie im anderen Beispiel folge ich nicht meinen eigenen Werten. Vermutlich kann ich das Abitur nicht alleine abschaffen, so wie ein Einzelner wohl den Krieg nicht stoppen kann. Aber ich kann zeigen, dass ich nicht mitmache. Ich kann zeigen, dass es auch anders geht. Nicht aus Flucht, denn in der Schule bin ich gut – sondern als Zeichen. Als Mensch, der zu seinen Werten steht!
Als diese Idee in mir Gestalt annahm, merkte ich, wieviel Mut es kosten würde, sie wirklich umzusetzen. Nicht in den Krieg zu ziehen, ist definitiv nicht leicht, wenn man dazu verpflichtet ist. Das Abitur ist keine Verpflichtung – aber wie würden die Menschen in meinem Umfeld reagieren? Überall müsste ich neue Wege finden.
Die Entscheidung gegen das Abitur ist vielleicht die mutigste, die man in meinem Alter heute treffen kann – so viel Angst ist damit verknüpft. Am 13. Mai wusste ich, dass ich diesen Schritt tun möchte, dass ich diese Entscheidung tragen werde! Ich werde sie leben! Denn wie würde die Welt aussehen, wenn niemand den Mut aufbrächte, zu seinen Werten zu stehen? So werde ich diesen Weg gehen! •
P. S.: Dies ist meine persönliche Entscheidung, weil ich glaube, dass es für mich so richtig ist – es ist keine allgemeine Empfehlung! Für einen anderen jungen Menschen kann es genau richtig sein, das Abitur zu machen.
Jonathan Schmalwasser (18) engagiert sich auch nach seiner Entscheidung weiter für eine innovative Oberstufe an der Evangelischen Schule Berlin Zentrum. Außerdem wird er einen Lern- und Lebensort mit aufbauen, der Menschen eine Heimat gibt, von der aus sie die Welt verschönern können. Er wird weiter bei »Funkenflug« aktiv sein. jonathan@schmalwasser.com
Mit den Funkenfliegern Funken schlagen?
www.funkenflug.de
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»Lichtschlürfende, lichtgrüne Luftschlösser auf organischen Portalen und Bündelverknüpf-Rundbögen aus Pfropfreisern gebündelt, gebunden, gewickelt, heilige Buckel-und Hohlraumhaine, Zufluchtsorte für zivilisationsgeschädigte Pflanzenseelen, die mit
Kaum eine andere Stadt in Deutschland hat einen so hohen Bestand an Häusern, die von der Architektur der Gründerzeit geprägt sind, wie Leipzig. Doch als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der DDR-Ästhetik entsprechend einheitliche Plattenbauten hochgezogen wurden,