Buchtipps

Kleine Gefühlskunde für ­Eltern (Buchbesprechung)

von Maja Klement, erschienen in Ausgabe #29/2014
Photo

»Eltern-Kind-Beziehungen sind in erster Linie Liebesbeziehungen«, zitiert Vivian Dittmar den bekannten Familientherapeuten Jesper Juul am Anfang ihres Buchs »Kleine Gefühlskunde für Eltern«. Wie jede Liebesbeziehung rufe auch diese Gefühle von größter Intensität wach, und manche Eltern seien von deren zum Teil überraschender Heftigkeit überfordert. Viele Menschen lernen früh, dass bestimmte Gefühle unerwünscht und »schlecht« sind. Sie werden so sozialisiert, dass sie diese in Schach halten oder gar wegdrücken. Das räche sich jedoch, so die Autorin, langfristig genauso wie deren ungefiltertes Ausleben. So scheiterten Eltern nicht selten im Umgang mit ihren eigenen Gefühlen. Um uns und unsere Kinder besser zu verstehen und sie in der Ausbildung ihrer emotionalen und sozialen Kompetenzen gut zu begleiten, sei daher ein Verständnis für die eigentliche Funktion von Gefühlen von entscheidender Bedeutung.
Vivian Dittmar erläutert dafür zunächst die sogenannten reinen Gefühle: Freude, Wut, Trauer, Angst und Scham. Nachdem diese in den ersten beiden Kapiteln in ihrer Qualität und Funktion sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern von Nahem betrachtet werden, beschreibt Dittmar im dritten Kapitel die Zusammenhänge wichtiger Aspekte des Familien­lebens: Bedürfnisse, Macht, Konfliktfähigkeit und Kooperations­bereitschaft. Sie geht den Fragen nach, wie sich soziale Kompetenzen ausbilden und wie bei entstehenden Konflikten gemeinsam verbindende Lösungen geschaffen werden können. Die Kapitel sind von kleinen Übungen und Lernschritten durchwoben, die es erleichtern, die eigene Lebenssituation zu betrachten und zu hinterfragen. Die Leser werden ermutigt, Gefühle als Beziehungskräfte zu sehen und nicht als Probleme, denn sie formen unser Miteinander und definieren, wie wir mit was und wem in Beziehung stehen. Die Autorin erklärt, warum es an der Zeit sei, die »Man-Sätze« aus unserer Sprache zu verbannen und sich von vermeintlichen Allgemeingültigkeiten zu befreien. Sie betont, wie wichtig es in der Beziehung zu Kindern ist, für sich selbst zu sprechen und dabei für die eigenen Bedürfnisse einzustehen.
Das Buch ist ein wichtiges und lesenswertes Plädoyer für eine vertrauensvolle Haltung und dafür, sich auf einen gemeinsamen Wachstums­prozess mit Kindern einzulassen. Sie wollen und brauchen keine perfekten Eltern, sondern dass wir mit uns selbst und mit ihnen in Kontakt sind. Erst unsere Gefühle ermöglichen es, die Eltern zu sein, die unsere Kinder brauchen! ◆

 

Kleine Gefühlskunde für ­Eltern
Wie Kinder emotionale & soziale Kompetenz entwickeln.
Vivian Dittmar
Verlag V. C. S. Dittmar, 3. Aufl. 2014
223 Seiten
15,50 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #29

Photo
Bildungvon Wolfram Nolte

Wo Spaghetti im Winde wehen

Es begann damit, dass ein Freund mir ein Kochbuch aus Tirol mit dem Titel »Sinnesschmaus« mitbrachte. Der Inhalt hielt, was der Titel versprach. Viele, oft ganzseitige, ­Fotos zeigen die kreative Freude von Kindern bei der Zubereitung von Speisen und beim gemeinsamen

Photo
Gesundheitvon Beate Küppers

Mehr Sorge für Sorgearbeit

Der Begriff »Care« begegnet mir in letzter Zeit immer häufiger, wenn es um Veränderungsbedarf im Gesundheitsbereich geht. Was muss ich mir darunter vorstellen?Im engeren Sinn sind damit alle sorgenden Tätigkeiten – von der Pflege über Erziehung bis zur

Photo
Gemeinschaftvon Susanne Fischer-Rizzi

Heimat der Sonne im hohen Norden

Island – ein karges, kaltes Land im Norden – sind die Menschen so unzugänglich wie die Natur? Susanne ­Fischer-Rizzi entdeckt die einzigartige Schönheit der Insel und einer Gemeinschaft, die sich hier zu Hause fühlt.

Ausgabe #29
Satt und glücklich

Cover OYA-Ausgabe 29
Neuigkeiten aus der Redaktion