Die Stadt aller Menschen
Städte dominieren die Kulturen weltweit. Wer aber entscheidet, wie sich eine Stadt entwickelt und wie sich das Leben in ihr gestaltet?
Man lese dieses Buch unbedingt unter einem Baum! Dort koste man die Duft-, Tast- und Schmecknähe seiner ungezählten sinnlichen Bestandteile voll aus, streichele ihn, stecke die Nase tief in seine Rinde. »Der Baum« erschließt nach und nach die immer noch nicht wissenschaftlich fassbare Vielfalt, die die erstaunlichen holzigen Gefährten und Garanten unseres eigenen Überlebens in sich tragen.
Das gemeinsame Buch des Umweltaktivisten David Suzuki, Träger des Alternativen Nobelpreises, und des Schriftstellers Wayne Grady erzählt die siebenhundertjährige Geschichte einer Douglasie im Westen Kanadas – vom Aufschlag des Samens auf einen schicksalhaft glücklichen Erdflecken in dem Jahr, »als Edward I. zum König von England gekrönt wurde«, bis zu ihrem Vergehen als fruchtbares Totholz in der Gegenwart. Gleichzeitig ist diese Bio-Grafie, dieses poetisch-organische Beschreiben des Werdens und Vergehens einer Waldbewohnerin, auch ein konzentrierter Ausflug in die Entwicklung der Botanik und eine menschliche Kulturgeschichte. Die Erzählung entwickelt sich dabei selbst wie Astwerk: voller überraschender Gabelungen, die aber stets an neuer Stelle zum starken Stamm zurückführen. Überhaupt wächst mit der Lektüre das systemische Gefühl des Eins-mit-Allem-Seins, und zwar auf einer ganz und gar wissenschaftlichen Ebene, die so erstaunliche Fakten wie diese bereithält: »Der Rhythmus der Samenproduktion der Douglasie hat drei sich überschneidende Zyklen: ihren eigenen, zweijährigen Zyklus; einen Siebenjahreszyklus, dessen Ursachen noch nicht bekannt sind; und einen Zyklus von 22 Jahren, der offenbar die Spitzen der Sonnenfleckenaktivität […] spiegelbildlich nachzeichnet.«
»Der Baum« weist an vielen, vielleicht sogar an den meisten Stellen derart über sich selbst hinaus. Seinen beiden Autoren ist ein mutmachendes Beispiel für echte Geschichts-Schreibung gelungen: Das Buch wirkt wie mündlich erzählt und eignet sich (hier spricht die Erfahrung) wunderbar als Vorlesebuch im Grünen. Dazu trägt auch die Übersetzung von Eva Leipprand bei, die die Melodie des Originals begriffen und weitergegeben hat. Am Ende bleibt einerseits ein großer Trost, dass aus etwas derart Fragilem wie einem Samen eine so dauerhafte Existenz werden kann, die das Menschliche in vieler Hinsicht in seinen wohltuenden Schatten stellt. Andererseits wird nochmal klarer, welche Geschichten und Energien in den Ästen stecken, auf denen wir sitzen – und wie tief wir wirklich fallen werden, wenn wir weiter an ihnen sägen.
Der Baum
Eine Biographie.
David Suzuki, Wayne Grady
oekom, 2012
ISBN 978-3865813121
207 Seiten
19,95 Euro
Städte dominieren die Kulturen weltweit. Wer aber entscheidet, wie sich eine Stadt entwickelt und wie sich das Leben in ihr gestaltet?
Vermutlich haben Sie schon mal irgendwo gehört, was Anarchisten angeblich sind und glauben. Vermutlich ist alles, was Sie gehört haben, Blödsinn. Denn viele denken, Anarchisten seien für Gewalt, Chaos und Zerstörung und gegen jede Form von Ordnung und Organisation, oder sie
Jascha Rohr Heute ist der 23. Juli. Wir sitzen bei geschätzten 33 Grad in einem schattigen Bremer Hinterhof und trinken Cappuccino und Wasser. Roman, du arbeitest hier schon mehrere Tage für den Verein »Mehr Demokratie«. Worum geht es dabei?Roman Huber Da geht es