Hat Gesualdo gelacht?
»Weshalb«, so ein dem Aristoteles untergeschobenes Traktat über medizinische Probleme, »sind die Genies der Philosophie und der Politik, der Dichtung und der anderen Künste allesamt Melancholiker?«
Der leichtfüßige Titel und das handliche Format dieses Buches lassen zu Beginn der Lektüre kaum erahnen, welch schwergewichtigen Inhalt den Leser erwartet. Viel mehr als nur ein Denkanstoß, ist dies ein Buch, das lange nachwirkt.
Der erste Teil untersucht die Geschichte des Kolonialismus und den Ursprung des Überlegenheitsgefühls, das bis heute fest in unseren Köpfen sitzt. Er analysiert auf sehr deutliche Weise, wie die europäischen Kolonialstaaten sich das angeblich »leere Land« in weiten Teilen Afrikas und der Südsee aneigneten. Die Einwohner dieser Länder, auf die sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund Anspruch zu haben glaubten, nahmen sie als Menschen kaum wahr, und wenn, dann keinesfalls als gleichwertige, sondern als dumme, zurückgebliebene und bösartige Wesen. So ging es bis ins 20. Jahrhundert hinein.
Wer meint, dass dann alles besser geworden wäre (schließlich lieben die Deutschen Barack Obama), der irrt gewaltig: Im zweiten Teil deckt das Buch schonungslos den alltäglichen Rassismus auf, der uns heute noch umgibt und den wir alle mehr oder weniger in uns tragen. Kinderbücher (siehe die Debatte über die Entfernung rassistischer Ausdrücke aus Werken von Lindgren, Preußler, Ende usw.), Geschichtsbücher, Zeitungen und Gespräche sind voll davon. Wo kann man schon lesen, dass der 2. Weltkrieg einundzwanzig Millionen (!) Opfer in China gefordert hat? Oder, dass in der Türkei 12 Prozent der Vorstandsmitglieder Frauen sind, in Deutschland gerade mal 3,2 Prozent?
Afrika wird ohnehin nur als Kontinent der Hungernden wahrgenommen, die dringend uns Europäer als ihre Wohltäter und Retter brauchen. Niemand mag sich daran erinnern, dass vor der Invasion der Europäer keine Lebensmittellieferungen nötig waren. Das wird gerne »Entwicklungshilfe« genannt, aber Entwicklung wozu oder wohin? Sollen alle so werden wie wir? Da ist dieses Überlegenheitsgefühl ebenso stark wie bei dem Ehepaar, das eine russische Haushaltshilfe einstellt und sich keine Gedanken darüber macht, warum deren Universitätsabschluss in Deutschland nicht anerkannt wird – man gibt ihr doch Arbeit und fühlt sich gut dabei.
Die Liste des Alltagsrassismus ist lang und unerfreulich und jeder, der dieses Buch liest, wird sich an irgendeiner Stelle ertappt fühlen. Die Frage am Ende ist: Was tun mit dieser Erkenntnis? Ist es möglich, den Rassismus aus den Köpfen zu verbannen? Werden wir ihn wieder los, den weißen Mann, der auszog, die Welt zu »zivilisieren«? Werden wir irgendwann auf Augenhöhe miteinander leben und reden? Die Autorin hat noch Hoffnung und gibt diese an uns Leser weiter. Versuchen wir es. Aber leicht ist es nicht. Da bedarf es noch viel Übung und vor allem auch öffentlicher Diskussion.
Der unsichtbare Tropenhelm
Wie koloniales Denken noch immer unsere Köpfe beherrscht.
Friederike Habermann
thinkOya, 2013, 112 Seiten
ISBN 978-3927369757
»Weshalb«, so ein dem Aristoteles untergeschobenes Traktat über medizinische Probleme, »sind die Genies der Philosophie und der Politik, der Dichtung und der anderen Künste allesamt Melancholiker?«
Er ist Friseur, Revolutionär, Schauspieler und eher ein Magier als ein Clown: Eduardo Mulone. Für Kinder holt er Träume vom Himmel auf die Erde – auch seine eigenen.
Der leichtfüßige Titel und das handliche Format dieses Buches lassen zu Beginn der Lektüre kaum erahnen, welch schwergewichtigen Inhalt den Leser erwartet. Viel mehr als nur ein Denkanstoß, ist dies ein Buch, das lange nachwirkt.Der erste Teil untersucht die Geschichte des