von Jonas Hentschel, erschienen in Ausgabe #21/2013
»Auf Umweltzerstörung gegründeter Wohlstand für einige Wenige kann nicht die Grundlage einer zivilisierten Gesellschaft sein«, ist die Botschaft des englischen Wirtschaftswissenschaftlers Tim Jackson. Sein inzwischen als Standardwerk der Wachstumsdebatte gehandeltes Buch »Wohlstand ohne Wachstum« ist eine Überarbeitung des 2009 erschienenen Abschlussberichts der »Sustainable Development Commission«, eines unabhängigen Beratergremiums der britischen Regierung, dem Jackson vorstand. Darin wird die Wachstumsmaxime des Kapitalismus zuerst einmal regelrecht demontiert, zumindest was die Industrienationen angeht. Hier habe sich der Kapitalismus längst über seine Wohlstand stiftende Funktion hinaus ins Gegenteil verkehrt, so der Autor. Ungleichheit im Verein mit dem »stahlharten Gehäuse des Konsumismus«, in dem Zugehörigkeit über Konsum zu erreichen versucht wird, haben das Gemeinschaftsgefühl bereits katastrophal untergraben und zerstören die Umwelt in bislang nicht gekanntem Ausmaß. Wachstum schaffe also längst keinen Wohlstand im Wortsinn mehr, da alle materiellen Bedürfnisse des Menschen in den Industrienationen im Grund längst gedeckt seien. Hierzu werden Beispiele diskutiert und durch allerlei Schaubilder und Grafiken unterlegt; am Buchende gibt es außerdem lesenswerte Hintergrunderläuterungen zu den oftmals vielschichtigen Sachverhalten. Wie eine Alternative aussehen könnte, wird im zweiten Teil umrissen, wobei der Autor offen einräumt, einen fertigen Entwurf nicht annähernd leisten zu können. Jedenfalls heißt die Maxime »Weg vom Statuskonsum, hin zum Bruttosozialglück!«. Grundpfeiler ist dabei ein neuer Wohlstandsbegriff, der statt überbordenden Konsums die Teilhabe an Gemeinschaft, Gesundheit und Freundschaft wieder in den Vordergrund stellt. Regionales Wirtschaften und sinnvolle Arbeit, die nicht den Profit, sondern das Gedeihen des Menschen im Fokus haben, sollen das neue System bestimmen. Auf den Weg zu bringen ist diese Entwicklung durch die Politik. Probate Mittel dazu sieht Jackson in ökologischen Investitionen, einem harten Durchsetzen von Emissionsgrenzen und dem Schaffen von Anreizen für weniger Konsum und Ungerechtigkeit. Außerdem verlangt er komplett neue Bilanzierungsnormen, die die Umwelt als »natürliches Kapital« internalisieren und somit auch deren Zerstörung in die Bilanzen des Verursachers einfließen lassen. Um diese neue Wirtschaftsform scharfzuzeichnen, müsse eine neue Makroökonomie-Strömung geschaffen werden, welche die Politik anleitet. Jacksons Buch bringt in der Tat schnell und verständlich auf den Punkt, worum es in der Wachstumsfrage geht. Somit ist es insbesondere als guter Einstieg in die Materie empfehlenswert.
Wohlstand ohne Wachstum Leben und Wirtschaften in einer endlichen Welt. Tim Jackson oekom Verlag, 2013, 221 Seiten ISBN 978-3865814142 12,95 Euro