Vom Ich zum Du zum Wir
Als Beispiel für einen Weg, wie Menschen ihre eigene Lebensspur finden und gemeinsam mit anderen in einem größeren Zusammenhang wirksam werden können, geht es in diesem Beitrag um den »Essenz-Lebens-Design-Prozess« (ELD).
Die Rezension zu dieser Sammlung von Projektreportagen aus aller Welt lässt sich auf einen Punkt bringen: Wir haben hier quasi eine Oya in Buchform vorliegen. Zwar bietet »Völlig utopisch« ausschließlich längere Beiträge, und die Schauplätze sind internationaler als in einer gewöhnlichen Ausgabe dieser Zeitschrift. Aber das Lesegefühl und die Botschaft sind etwa dieselbe: Utopie ist machbar, Herr Nachbar!
Die Autorinnen und Autoren gehören dem Netzwerk freier Korrespondenten »Weltreporter.net« an. Sie berichten für deutschsprachige Medien aus 160 Ländern. Das Buch gibt ihnen Gelegenheit, ausführlich über die spannendsten, hoffnungsvollsten Projekte zu schreiben, auf die sie bei ihren Recherchen stießen: gelebte Träume, utopische Lebensentwürfe von Einzelnen, von Gruppen oder auch mal von ganzen Dörfern. Wir machen – unter anderem – Bekanntschaft mit einer von Arbeitern selbst organisierten Fliesenfabrik, mit neuseeländischen Aussteigern, mit sozial engagierten Kosaken, mit einer zwiespältigen brasilianischen Heiler-Gemeinschaft, mit der vermutlich einzigen chinesischen Waldorfschule, mit griechischen Neo-Selbstversorgern und auch mit einem Experiment, in dem sich erwies, wie die bislang im Elend lebenden Bewohner eines namibischen Dorfs mit dem plötzlichen Segen eines bedingungslosen Grundeinkommens umgingen.
Die meisten der Reportagen glänzen durch eine gekonnte Erzählweise. Zudem erscheinen fast alle vorgestellten »utopischen« Orte derart interessant, dass ich sie am liebsten selbst besuchen möchte – vielleicht mit Ausnahme des antireligiösen äthiopischen Dorfs Awra Amba, dessen Arbeitsethik mir allzu protestantisch – und damit wenig utopisch – erscheint.
Die spannendste Entdeckung im Buch ist für mich die anarchisch-matriarchal anmutende Gemeinschaft der »Samin« auf der indonesischen Insel Java. Es handelt sich bei diesen nicht etwa um eine traditionelle Ethnie, sondern um eine noch in tiefsten Kolonialzeiten entstandene humanistische Sekte: solidarisch, selbstbewusst, selbstorganisiert, egalitär, libertär, bäuerlich-bodenständig, widerständig-aufsässig gegen Staat und institutionalisierte Religion sowie gegen Konzerne, die danach trachten, ihre Landbasis in Zementfabriken umzuwandeln. Die in der Reportage von Christina Schott anklingenden Haltungen und Werte der Samin haben für mich vieles von einer wahrhaft idealen Gesellschaft.
Sollten Sie noch keine Sommerlektüre für Strand oder Balkon haben – hier ist sie!
Völlig utopisch
17 Beispiele einer besseren Welt.
Marc Engelhardt (Hrsg.)
Pantheon, 2014
272 Seiten
ISBN 978-3570552445
14,99 Euro
Als Beispiel für einen Weg, wie Menschen ihre eigene Lebensspur finden und gemeinsam mit anderen in einem größeren Zusammenhang wirksam werden können, geht es in diesem Beitrag um den »Essenz-Lebens-Design-Prozess« (ELD).
Strategien für neues Lernen in Schulen – Folge 6: Mit der Anne-Frank-Schule in Bargteheide schließt unsere Serie: Die Einrichtung am Rand einer Großstadt sortiert, anders als üblich, die Kinder nicht in »starke« und »schwache«, sondern fördert durch die Arbeit in Kleingruppen gegenseitige Unterstützung und die Würdigung von Andersartigkeit.
Sich auf tiefe Weise miteinander auszutauschen, ohne Grenzen zu verletzen – ist das möglich?