Wir sind jung und brauchen die Welt (Buchbesprechung)
von Sylvia Buttler, erschienen in Ausgabe #14/2012
Niemand hat in Bezug auf den Klimawandel so viel zu verlieren wie die Jugend. Aber zu demonstrieren im herkömmlichen Sinn, wie Eltern und Großeltern es getan haben, gilt als uncool. Also macht die Jugend ihrer Wut jenseits von Umweltorganisationen und Parteien Luft und vernetzt sich dank Internet mit Gleichgesinnten in der ganzen Welt. Der Autor Daniel Boese, selbst Online-Redakteur beim Kunstmagazin »art«, hat Akteure dieser neuen Jugendbewegung besucht und eine beeindruckende Vielfalt von jungen Leuten gefunden, die gegen den Klimawandel ankämpfen. Sei es praktisch oder politisch, der Klimakampf wird global geführt, in Kanada, Indien oder Deutschland. Ein junger Australier fährt mit dem Fahrrad von Sydney zum Klimagipfel nach Kopenhagen und braucht dafür anderthalb Jahre. Auf der letzten Etappe begleiten ihn 70 Gleichgesinnte. Andere treten in einen 42-tägigen Hungerstreik, um gegen die Kohlewirtschaft zu protestieren, und riskieren damit ihr Leben. Ein neunjähriger Junge aus Deutschland ruft seine Schulkameraden dazu auf, eine Million Bäume zu pflanzen, und findet Mitstreiter auf der ganzen Welt … Gerade in den sogenannten Entwicklungsländern sind junge Menschen viel aktiver, als wir denken. Und sie nutzen die Möglichkeiten, die neue Technologien ihnen bieten. Damit erreichen sie manchmal mehr, als Umweltminister und Umweltschutzverbände zu träumen wagten. Aber ganz so einfach, wie es aussieht, ist eine Internetbewegung dann auch nicht zu starten. Das musste der Autor am eigenen Leib erfahren, als er einen Anti-Kohle-Protest anstoßen wollte. Angeregt vom Erfolg amerikanischer Serienfans, die nach dem Ende ihrer Lieblingssendung dem verantwortlichen Sender 25 Tonnen Nüsse schickten und so ihre Serie wiederbelebten, versuchte er etwas Ähnliches. Er musste aber – übrigens wie Prince Charles und Al Gore vor ihm – feststellen, dass zu einer erfolgreichen Aktion ein gutes Netzwerk, eine Community, gehört, deren Enthusiasmus geweckt werden kann. Erfahrenere Blogger und Aktivisten bereiten daher ihren Protest mindestens ein oder zwei Jahre lang im Internet vor. Dieses Buch versammelt eine beeindruckende Bandbreite solcher Aktionen und macht Hoffnung, dass es doch noch eine Zukunft geben könnte. Für diejenigen, die sich mit der virtuellen Welt des Klimakampfs noch nicht so gut auskennen, gibt es im Anhang ein Glossar der wichtigsten Begriffe und eine Liste mit Webseiten, die jeder kennen sollte. Wenn Ihre Tochter oder Ihr Enkel demnächst mal wieder im Internet surft – ärgern Sie sich nicht! Es könnte sein, dass sie oder er gerade eine Revolution anzettelt.
Wir sind jung und brauchen die Welt Wie die Generation Facebook den Planeten rettet. Daniel Boese oekom 2011, 256 Seiten ISBN 978-3865812520 14,95 Euro