Böckchen zu Gärtnern
Was zunächst anstrengend klingen mag, kann sich mit dem richtigen Gartendesign als entspanntes, produktives Tun entpuppen: Gärtnern mit kleinen Kindern.
Das Buch »Fortschrittsgeschichten – Für einen guten Umgang mit Technik« des Schweizer Wissenschaftsjournalisten Marcel Hänggi war mir mit seiner Zahnräder-Optik zuerst etwas suspekt. Aber dann entpuppte sich die vermeintlich trocken-theoretische Kost als ebenso unterhaltsamer wie lehrreicher Ausflug in die Geschichte der Technik. Ob in den Kapiteln über Buchdruck, die Entdeckung der Gründüngung, die Einführung der OP-Narkose, den geplatzten Traum des zivilen Überschallflugverkehrs oder auch in der verblüffenden Fortschrittsgeschichte über die unterschiedliche (teilweise Rück-)Entwicklung des Rads in diversen Kulturkreisen – weil der Autor stets die soziologischen, ökologischen und politischen Bedingungen für und Auswirkungen von technischen Entwicklungen in seinem sympathischen Blick behält und weil ihm außerdem daran gelegen ist, vermeintliche Gewissheiten als Mythen zu entlarven, sehe ich die Welt(-geschichte) nach der Lektüre tatsächlich mit anderen Augen.
So ist etwa die in den Haushalten für das Wäschewaschen aufgewendete Zeit mit der Einführung der Waschmaschine nicht (!) gesunken, und die Erfindung der Dampfmaschine war für die Entwicklung der Industrialisierung – zunächst – tatsächlich eher unbedeutend. Mythen erkennt Marcel Hänggi immer wieder auch in der zeitgenössischen neoliberalen Ideologie: Investitionen in die Wissenschaft erzeugen nicht automatisch gesellschaftlich-technischen Fortschritt. (Das F-Wort steht im Buch übrigens meist in Anführungsstrichen.) Auch funktioniere es nicht, sämtliche Volkswirtschaften der Welt nach dem Vorbild weniger Blutsauger-Staaten in Dienstleistungsgesellschaften zu »entwickeln«.
Was die Beantwortung der neben den Zahnrädern auf dem Buchcover prangenden Fragen »Welchen Fortschritt wollen wir? Was ist wirklicher technischer Fortschritt, und wie kommt er zustande?« betrifft, so hat Hänggi die Ressourcen-Problematik voll im Blick. Kein Wunder, erscheint sein Buch doch in der von Harald Welzer und Klaus Wiegandt kuratierten Edition »Entwürfe für eine Welt mit Zukunft«. In den allgemeinen Technik-Taumel einzufallen, dafür sieht Hänggi in Geschichte und Gegenwart wenig Anlass. Für ihn ist wahrer Fortschritt eben nicht das, was sich die Vertreter eines technischen Machbarkeitswahns bzw. der Innovationsideologie darunter vorstellen, sondern das, was sich als gesamtgesellschaftliche Verbesserung der Lebensumstände zeigt. Fortschritt kann hier auch sozialer bzw. sozialtechnischer Natur sein. »Wir sind nicht Sklaven unserer Technik«, so lautet der letzte Satz. Ein Dutzend Seiten vorher konstatiert Hänggi: »Techniken, unerwünschte Techniken loszuwerden, müssen zuallererst Techniken für den Umgang mit Macht sein – Demokratietechniken, Zivilgesellschaftstechniken.«
Fortschrittsgeschichten
Für einen guten Umgang mit Technik.
Marcel Hänggi
Fischer, 2015, 304 Seiten
ISBN 978-3596032204
12,99 Euro
Was zunächst anstrengend klingen mag, kann sich mit dem richtigen Gartendesign als entspanntes, produktives Tun entpuppen: Gärtnern mit kleinen Kindern.
Spenden können Lebensbedingungen in Slums nicht wirksam verbessern, solidarökonomische Netzwerke hingegen sehr. Schülerfirmen helfen bei der Gründung.
Wenn eine Gesellschaft des guten Lebens achtsam Tiere halten und eine Hegejagd betreiben will, ist das giftfreie Gerben von Häuten ein wichtiges Thema. Worauf würden wir unsere Pferde und Drahtesel reiten? Was gäbe unseren Füßen Halt auf dem Boden?