Meister der Melancholie
Am 14. Dezember 2011 jährt sich der Todestag des großen Schriftstellers W. G. Sebald zum zehnten Mal. Eine Würdigung von Leben und Werk.
»Die Katastrophe ist nicht das, was kommt, sondern das, was da ist«, schrieb das »Unsichtbare Komitee« in einer der radikalsten Veröffentlichungen des vergangenen Jahrs. Nils Boeings genial betiteltes Pamphlet »Alles auf Null«, ebenfalls in der verdienstvollen Reihe »Nautilus Flugschriften« erschienen, knüpft an diesen Geist an – wenn es auch nicht dasselbe Maß an Radikalität an den Tag legt. Es handelt von folgender Kollaps-Verheißung: »Wenn nichts mehr geht und alles zusammenbricht, wäre wieder alles möglich.« In knappen, aphoristischen Kapiteln vollzieht das Buch einen mal polemischen, mal nachdenklichen Rundumschlag gegen Verwertungslogik und soziale Ungleichheit. Mit Programmpunkten wie »Das Patriarchat wird ins Museum entsorgt«, »très simple, c’est la chose la plus importante« (»Die Einfachheit macht’s«) oder auch »Eulenspiegel aller Länder, vereinigt euch« wird es offene Türen in kulturkreativen Kreisen einrennen.
Kritisch anzumerken sind hingegen ein unreflektiertes Naturverständnis, das die Natur als eine außerhalb des Menschen gelegene, historische Größe betrachtet (»Zurück zur Natur führt kein Weg«), und ein wenig überzeugendes Plädoyer für die Stadt als Hort zukunftsweisender Impulse. Wenn es das Ansinnen von »Alles auf null« ist, zu polarisieren und die Zahl jener »Vielen, die ans Desertieren denken« – ihnen ist das Buch gewidmet – zu mehren, wird es seinem Anspruch gerecht. Eine binärlogische Gretchenfrage, die am Ende des Buchs bewusst offenbleibt, gibt Raum für Reflexion: Das abschließende der neunundneunzig durchnummerierten Kapitel endet mit der Ziffer 0:99 – folgt darauf 0 oder 1? Folgt Neustart oder Abbruch des Systems?
Alles auf Null
Gebrauchsanweisung für die Wirklichkeit.
Niels Boeing
Edition Nautilus, 2011, 128 Seiten
ISBN 978-3894017477
12,00 Euro
Am 14. Dezember 2011 jährt sich der Todestag des großen Schriftstellers W. G. Sebald zum zehnten Mal. Eine Würdigung von Leben und Werk.
Im Frühjahr 2011 wurde auf der »Naturinsel Drachenmühle« im sächsischen Schweta zum zweiten Mal ein Biomeiler errichtet. Die Methode wurde von dem französischen Forstwirt Jean Pain in den 70er Jahren entwickelt, um gehäckseltes Holz ökonomisch und ökologisch zu verwerten. Für Selbstversorger empfohlen.
K. – Katrin? Konrad? – schwer zu sagen, wer oder was K. ist. Eines steht jedoch fest: K. hat ein bewegtes Leben hinter sich. Auf verbaler Ebene kann sich K. nicht präzise äußern. Doch mit Hilfe hoher Professionalität in der Kunst des Deutens erscheint K. nicht weniger ausdrucksfähig als andere, der deutschen Sprache mächtige Menschen. Ja, manche spezifische Fähigkeit K.s kommt gerade dann am eindrucksvollsten ins Wirken, wenn keine Sprache im Spiel ist. K. nimmt vieles wahr, was anderen entgeht. Mit einem umfassenden Lautrepertoire, mit sprechenden Blicken, berührenden Gesten und mit der Art, zu atmen, formt K. den Dialog und fordert zur Entfaltung größtmöglicher Empathie heraus.