Geld und Natur in Literatur, Kunst und Musik (Buchbesprechung)
von Roland Geitmann, erschienen in Ausgabe #9/2011
»(Un)gleicher Zugang zu Geld und Naturressourcen aus künstlerischer Sicht«. So könnte ein Untertitel für das neue Buch von Werner Onken heißen, in dem er danach forscht, inwieweit Schriftsteller, bildende Künstler und auch Musiker die strukturelle Macht von Geld und privatem Bodeneigentum erkannt und thematisiert haben. Während Literaten lange Zeit die Fragen sozialer Gerechtigkeit eher auf einer individualethischen Ebene beschrieben haben, blieb die Geld- und Bodenreformbewegung weitgehend in abstrakten Erörterungen und Forderungen stecken und fand nur wenig Zugang zum Kulturleben. Erst in den vergangenen Jahrzehnten waren von beiden Seiten vielfältige Annäherungen zu beobachten. Der reichhaltige Anhang mit mehreren hundert Textauszügen und Bildern aus zweieinhalb Jahrtausenden ist eine ergiebige Fundgrube für alle, die in Gesprächen und Bildungsarbeit neben dem Verstand auch die Herzen erreichen wollen. Indes ist das Buch weit mehr als eine Materialsammlung. Die Fülle der ideen- und kulturgeschichtlichen Schätze, die Werner Onken den Leserinnen und Lesern im Textteil erschließt, liest sich wie eine Kulturgeschichte unter einem spezifischen Aspekt. Klarsichtig äußerten sich schon die antiken Schriftsteller Sophokles, Aristophanes und Aristoteles wie auch Horaz und Seneca über das Geld. Auch etliche Bildwerke des Mittelalters zeigen dessen dunkle und verführerische Seite. Tiefsinnig erfasste Goethe bekanntlich die gefährliche Dynamik der Papiergeldschöpfung in Faust II. Die Ungerechtigkeit der Bodenordnung ist Thema insbesondere bei Tolstoi und lateinamerikanischen Schriftstellern. In neuerer Zeit nimmt die künstlerische Beschäftigung mit den Ordnungsfragen um Geld und Natur zu. So gelangte Michael Ende, Autor des Märchenromans «Momo», zu der Ansicht, dass »unsere Kulturfrage nicht gelöst werden kann, ohne dass zugleich oder sogar vorher die Geldfrage gelöst wird.« Viele weitere Stimmen nennt Werner Onken, durch welche die Bewegung der Geld- und Bodenreform ihr kulturelles Potential entfaltet. Gewürdigt werden auch kreative Regiogeldinitiativen, angefangen vom Berliner »Knochengeld« bis zum »Chiemgauer«. »Geld und Natur« vermag bei jedem Blättern erneut zu inspirieren, zu fesseln und zu verblüffen.
Geld und Natur in Literatur, Kunst und Musik Werner Onken Gauke Verlag, 2010 285 Seiten ISBN 978-3879984602 29,90 Euro