Das Sonnenhaus
Aus ökonomischer und ökologischer Sicht wäre es am sinnvollsten, Häuser so zu bauen, dass sie keine Heizung benötigen – ein Gedanke, der Werner Schmidt seit seinem Architekturstudium nicht mehr losließ.
»Das Prinzip der Schwerkraftheizung wird heute nur noch selten genutzt«, erklärt Ofenbauer Olaf Giertz. »Noch zu DDR-Zeiten war sie in Berliner Altbauten durchaus üblich. Warmes Wasser steigt nach oben – das kann die Umwälzpumpe ersetzen.«
Erstmals begegnete ihm die Methode in Frankreich. Ein Bekannter hatte dort eine alte Mühle gekauft: Ein runder Turm von etwa fünf Metern Durchmesser mit mehreren Etagen sollte eine Wohnung werden. Es gab nicht viel Platz für Heizkörper, und so entstand die Idee, an den Wänden Wasserleitungen hochzuziehen. Ein Grundofen sollte das Wasser erwärmen. Olaf kannte das Prinzip aus der Theorie und setzte es in der Mühle zum ersten Mal um. Es funktionierte bestens. Als er sein heutiges Wohnhaus in Kirch-Mulsow renovierte, wollte er das Experiment wiederholen.
In die Mitte des Erdgeschoßes baute er einen Grundofen. Wie üblich fassen wärmespeichernde Schamottsteine die Brennkammer ein. Direkt auf ihrer Außenseite ist ein Wärmetauscher angebracht, ein sogenannter Harfen-Absorber: mehrere vertikale, miteinander verbundene Kupferleitungen, in denen das kalte Wasser die Wärme der Schamottsteine »absorbieren« soll. Oben führt ein schmales Steigrohr in den ersten Stock und dort hoch zur Decke. Wenn sich etwa zwei Stunden nach dem Anheizen der Harfen-Absorber erwärmt, will das warme Wasser genau dorthin, an den höchsten Punkt, und strömt dann in ein Wärmeregister – eine ähnliche Harfe aus Kupferrohren – in einer Trennwand aus Lehm zwischen zwei Zimmern. Während die Wand sich erwärmt, kühlt das Wasser ab und sinkt wieder nach unten – der Kreislauf kann so den ganzen Tag von selbst weiterlaufen. Schließlich muss ein guter Grundofen nur einmal am Tag geheizt werden.
Wichtig dabei: Alle horizontal verlaufenden Leitungen weisen ein kleines Gefälle auf. Am höchsten Punkt des Systems befindet sich ein Entlüftungsventil, so dass bei Bedarf Luftblasen entweichen können.
»Dieses System nennt sich Absorberofen«, erklärt Olaf. »Es gibt noch ein zweites, das auch von der Industrie angeboten wird. Dabei befindet sich ein Wärmetauscher unmittelbar im Brennraum. Das hat jedoch den Nachteil, dass den Rauchgasen so viel Wärme entzogen wird, dass sie im Schornstein kondensieren können – er versottet und muss aufwendig gereinigt werden. Auch sammelt sich auf dem Wärmetauscher in der Brennkammer – meist eine Wassertasche – Ruß. Deshalb kam diese Alternative für mich nicht in Frage. Ich wollte auch etwas bauen, das ich handwerklich, so weit es geht, selbst bewerkstelligen kann.«
In Deutschland sind Schwerkraftöfen, die mehrere Räume beheizen, rechtlich eine Grauzone, denn es wird zwischen Einzelraumfeuerstätten und Heizungen für ein gesamtes Haus unterschieden. Erstere darf ein Ofensetzer bauen, für letztere müsste ein Heizungsbauer ans Werk. Wer sich eine Grundofenheizung fürs ganze Haus anschaffen möchte, braucht also einen kooperativen Schornsteinfeger.
Vielleicht ließe sich aber auch eine neue gesetzliche Regelung schaffen, wenn die Grundofen-Schwerkraft-Harfenheizung (vielleicht erfindet noch jemand einen schöneren Namen?) modern wird.
»Mit diesem Prinzip ließe sich selbstverständlich auch ein im ersten Stock untergebrachter Wasserspeicher für heißes Trink- oder Brauchwasser heizen«, erklärt Olaf. »Im Sommer könnte das eine Schwerkraft-Solaranlage übernehmen: An die Südseite könnte man schwarze Kästen als Solarkollektoren unten an die Hauswand lehnen. Wasser, das in Rohren durch diese Kollektoren geführt wird, erwärmt sich und steigt auf – schon ist der Kreislauf in Gang.«
Genial – menschenfreundliche Haustechnik, die jeder versteht und jede Handwerkerin bauen kann. Damit sie wirklich freundlich ist, müsste noch sichergestellt werden, dass das Kupfer für die Rohre nicht aus dem Kongo kommt, sondern von einem lokalen Recyclingbetrieb … •
Mit dem Schwerkraftspezialisten fachsimpeln?
www.lehmofenbau-giertz.de
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Auf Crowdfunding – frei übersetzt »Schwarmfinanzierung« – setzen viele Initiativen derzeit, um das nötige Geld für ihre Projekte aufzutreiben. Ob Café, Hofkauf oder Bauprojekt: Kreative, witzige und zugleich informative Spendenkampagnen finden sich auf
Inga, dieses Jahr haben wir uns beim Bauen gut kennengelernt. Darf ich dir für unsere Leserschaft ein paar Fragen stellen? Etwa wie du zum Lehm gekommen bist?Während meines Architekturstudiums an der Fachhochschule Aachen hatte ich mich an die Fersen einer begnadeten