Auf dem Cover eine Nonne in Ordenstracht – knallgelbe Crocs an den Füßen, Katze auf dem Arm, umgeben von einem neugierigen kaffeebraunen Schaf und einer pickenden Henne. Wer losliest, lernt eine erstaunliche Mystikerin kennen, die zum Oya-Motto »anders denken, anders leben« viel zu sagen hat. Theresia Raberger ist Franziskanerin. Der Namensgeber ihres Ordens, Franziskus von Assisi, lehrte im 13. Jahrhundert selbstgewählte Armut und Liebe zur Natur. Zeitgenossen rühmen, er habe die Sprache der Tiere verstanden und den Vögeln gepredigt. Seine Nachfolgerin kombiniert Spiritualität, Tierliebe und weltliches Engagement im eigenen Stil. Als Nonne mit Heilpädagogik-Ausbildung und Motorradleidenschaft arbeitete sie zunächst mehr als 20 Jahre in einem Heim für Schwerstdrogenabhängige und Jugendliche aus katastrophalen Familienverhältnissen. Damals lernte Raberger die buddhistische Zen-Meditation kennen und erlebte eine »universelle, kosmische Dimension«, die sie im eigenen Orden vermisst hat: die Erkenntnis, »dass wirklich alles ein Leben ist, dass die Tiere und alle Wesen zusammengehören«. Sie ließ sich – mit Billigung ihrer Oberin – zur Zen-Priesterin ordinieren und fand ihre Berufung: als Leiterin der Tierschutzstelle im Zen-Seminarzentrum Felsentor in den Schweizer Alpen. Dort betreut sie nun seit zwölf Jahren Tier-Individuen, die dem Fluch des Daseins als Massen-Nutztier entkommen sind: etwa Nandi, den 1000-Kilo-Stier, der spektakulär aus dem Schlachthof floh, oder Eber Anton, den ein Hochzeitspaar als Spanferkel geschenkt bekam und nicht verzehren mochte. Die Tiere sind ideale Nachbarn für die Gäste des Zen-Zentrums. Mit der Meditation beginnt der Prozess, »lieben zu lernen und den Blick auszudehnen« – auch auf Mitgeschöpfe, die andersartig sind und zugleich gefühlvoll, intelligent, sozial wie wir. Das Buch enthält wunderbare Episoden aus dem Leben der Mensch-Tier-Gemeinschaft. Sie lehren, wie bereichernd der Kontakt zu nicht-menschlichen Kreaturen ist und was der Mensch verliert, wenn er »nur um sich selbst kreist«. Schwester Theresia setzt auf Begegnungen und innere Umkehr – und hatte eigentlich zwischen frühem Aufstehen, Futterschleppen, Meditieren, Hüten und Ausmisten keine Zeit, ihre Geschichte zu erzählen. Die Verlegerin Ursula Richard konnte sie glücklicherweise überreden, es doch zu tun.
Alles ist ein Leben Gespräche mit der Franziskanerin, Zen-Priesterin und Tierschützerin Theresia Raberger. Theresia Raberger Edition steinrich, 2016 176 Seiten 17,90 Euro