Die Würdigung der Erde wird beim Humus-Festival zum verbindenden Element zwischen Bewegungen und Generationen.von Lauritz Heinsch, erschienen in Ausgabe #44/2017
In den Jahren 2013 und 2014 habe ich mit einer Permakultur- und Wildnispädagogik-Ausbildung begonnen und wurde außerdem Botschafter für Foodsharing, der Initiative, die Essen vor dem Mülleimer rettet. Dabei stellte ich staunend fest, dass – obwohl die Themen dieser drei Bereiche sehr dicht beieinanderliegen – die jeweiligen Netzwerke noch kaum etwas voneinander wissen. So entstand die Idee, sie auf einem Festival zusammenzubringen. Auf den Namen »Humus-Festival« kam ich, weil in der Humusschicht des Bodens zusammenkommt, was Gemeinschaftlichkeit begünstigt und nährt. Dort pulsiert das Leben. Humus ist voller Potenziale, die sich zum Tanz der Lebewesen entfalten können. Die Permakultur kümmert sich in aktiver Bodenpflege um Humusaufbau, die Wildnispädagogik achtet und besingt die Qualitäten des gesunden Waldbodens, und beim Foodsharing kommt manchmal auch »Hummus« auf den Tisch. Zeitgleich mit der Geburt der Festivalidee trat Friedrich Mierau vom Kulturgut Freiland e. V. in der Nähe von Alt Tellin in Vorpommern mit dem Wunsch an mich heran, auf ihrem Gelände – ein 20 Hektar großer überwucherter Kiestagebau mit zwei Seen – eine Permakultur-Veranstaltung auszurichten. Gemeinsam haben wir gefragt: Wie kann ein Fest den Ort bereichern; wie können wir ihn pflegnutzen, statt nur zu konsumieren? Eine größere Veranstaltung ist für einige dort lebende Tiere an diesem relativ wilden Ort selbstverständlich eine Störung. Wir haben allerdings versucht, sie so gering wie möglich zu halten, so dass 150 Menschen auf wenig Raum zusammensein konnten, ohne die Umgebung zu verschmutzen oder zu sehr zu verändern. Als ein Trampelpfad durch ein Feuchtbiotop entstand, wurde er sofort als Eingriff wahrgenommen. Die Fäkalien der Teilnehmenden kompostieren zu fruchtbarem Humus. Auch wenn es im ersten Jahr viele Ideen gab, das Gelände umzugestalten, wollen wir nur in langsamen Schritten – vorsichtig und an den tatsächlichen Bedürfnissen orientiert – unsere »Fußspur« hinterlassen. Während des Festivals entstanden eine schwimmende Sauna und eine Strohballenbrücke. Es schien, als könnten alle allen etwas beibringen. Die Workshops waren vor allem praktisch orientiert: Brotbacken, Feuersteinschlagen, Wildkräuterwanderungen, Tanz, Massagen. Es gab auch Einführungen in Permakultur oder Vorträge zur Behandlung der wichtigsten medizinischen Probleme. Für alle Dinge, die geregelt und geklärt werden mussten, haben sich die Menschen am Ort gemeinschaftlich verantwortlich gefühlt. Selbstorganisation und Selbstregulation liegen mir sehr am Herzen, um die Grenzen zwischen Veranstaltenden und Teilnehmenden aufzulösen. Eine Qualität, die wir immer wieder beobachteten, war das Kindlich-Spielerische. Irgendwann hatte sich die für Kinderbetreuung vorgesehene Ecke aufgelöst, und Menschen allen Alters mischten sich untereinander in einem gemeinsamen Spiel. Hier wurde keine »irrationale Autorität« ausgeübt – so bezeichnet Erich Fromm die Macht, die einem Menschen nur aufgrund seiner gesellschaftlichen Stellung, wie durch einen Professorentitel oder höheres Alter, gegeben wird. Kinder konnten ihre Ideen einbringen, und diese wurden von den Erwachsenen aufgenommen. So begegneten sich die Menschen als Spielkameraden auf Augenhöhe. Kinder und vermeintlich Erwachsene aller Generationen gestalteten das Zusammenleben. Letztlich ging es nicht um Workshops oder Vernetzung, sondern um diese Qualität des Beieinanderseins. \ \ \
Mitwirkende bei der Vorbereitung künftiger Humus-Festivals und beim Vernetzungsprojekt »Flake« sind willkommen. www.humus-festival.de flake.world