In eigener Sache

Leer – oder noch nicht wieder voll?

Wie es um den Prozess steht, die Arbeit des Oya-Redaktionskreises unabhängig vom Abo- und Anzeigenumsatz zu ermöglichen.von Der Schwarm, erschienen in Ausgabe #45/2017
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Im Frühling haben wir erstmals unsere Leserinnen und Leser gefragt, ob sie mit freiwilligen Beiträgen einen Solidartopf füllen würden, aus dem Menschen, die sich für das Entstehen der Zeitschrift einsetzen, ein Grundauskommen erhalten. Seitdem erreichten uns 24 043 Euro. Das ist großartig. Herzlichen Dank!
Bei Drucklegung dieser Ausgabe ist nun der Topf zum ersten Mal ganz leer – mehr als leer, weil schon im September das Geld nicht mehr für alle aus dem zwölfköpfigen Team ausgereicht hat. Anfang Oktober wird er sich zum Glück wieder ein wenig füllen, denn Leserinnen und Leser haben bereits für 750 Euro monatliche Daueraufträge eingerichtet. Darüber freuen wir uns sehr! Aber es genügt offensichtlich nicht. Wenn uns noch mehr regelmäßige Ermöglichungsbeiträge erreichten, wäre das sehr beruhigend. Wer mag und kann noch einen Dauerauftrag einrichten? Vielleicht wäre es aber auch zu bequem, wenn die rund 4500 Euro, die unser Team pro Monat benötigt, immer »einfach so« da wären – das hieße ja, dass immer dieselben etwas geben. Die Herausforderung, dass der Topf nun leer ist, geht alle an, die mit Oya verbunden sind. Können wir diesen Weg weiter beschreiten? Könnten es jedesmal andere Menschen sein, die beschließen, »jetzt bin ich mit dem Ermöglichen dran«? Sollte am besten ein relativ fester Unterstützungskreis entstehen? Oder gibt es dauerhaft gar nicht ausreichend Unterstützungskraft in der Leserschaft? Dass eine knappe Zeit kommen wird, war abzusehen. Wir vertrauen aber darauf, dass wir mit ­Ihnen und euch, liebe Leserinnen und Leser, eine ­Lösung finden werden.

Wir forschen weiter
Die unsichere Situation hat uns nicht von weiteren Forschungen zu alternativen Finanzierungsformen abgehalten. Wir haben verschiedenen Fachleuten aus sozialökologischen Organisationen den Ansatz der Oya-Ermöglichungsbeiträge vorgestellt und ihnen den Artikel »Das passt nicht ins Raster« aus der vorigen Ausgabe zu lesen gegeben. Darin stellten wir Menschen aus der Leserschaft vor, die für ihre Tätigkeit keinen passenden rechtlichen Rahmen finden, weil diese weder als eindeutig kommerziell noch als gemeinnützig eingeordnet werden kann oder weil sich die Beteiligten anstelle eines Honorars bzw. Gehalts freiwillige Beiträge zum Grundauskommen wünschen. Wir waren gespannt auf konkrete Vorschläge, wie sich außerhalb der Tauschlogik steuerrechtlich legal arbeiten lässt.
Ein Beispiel in der letzten Ausgabe war Katja-Bahini Mangold, die Kontaktimprovisation und Körperarbeit unterrichten möchte, ohne diese Tätigkeiten als »Produkt« anzubieten, damit die Erwartung von Menschen, die für eine »Leistung« bezahlen möchten, sie nicht einengt. Würde ihr eine Kursteilnehmerin einen freiwilligen Beitrag geben, so wäre das steuerlich wie ein Honorar zu werten, nicht wie eine Schenkung, wurde uns erläutert. Ab dem Augenblick, wo ein Zusammenhang zwischen einer Tätigkeit und einem Geldfluss hergestellt werden kann, sieht das Finanzamt dies als eine klassische gewerbliche Tauschbeziehung und besteuert den Betrag. Das wäre an sich nicht tragisch, überlegten wir – schließlich geht es bei all diesen Überlegungen ja nicht darum, Steuern zu hinterziehen. Wer sparsam von ein paar Ermöglichungsbeiträgen leben möchte, wird ohnehin nicht wesentlich über die für Steuern relevante Einkommensgrenze von derzeit 8820 Euro im Jahr hinauskommen. Schwierig ist eher, dass eine derart tätige Person den regulären Krankenversicherungsbeitrag für Freiberufliche aufbringen müsste, es sei denn, sie wäre Mitglied in der Künstlersozialkasse. Es müssten also drei Faktoren zusammenkommen, damit das Modell »selbstorganisiertes Grundauskommen« für Einzelne funktioniert: Ein freier Beruf nach Einkommensteuergesetz § 18, geringe Ausgaben und eine Zulassung bei der Künstlersozialkasse.
Wenn das nicht gegeben ist – wäre es dann am sinnvollsten, einen Verein zu gründen, dort die Ermöglichungsbeiträge als Spenden einzubuchen und sich mit einem kleinen sozialversicherungspflichtigen Gehalt anzustellen? Ja, dieses Modell wurde einhellig empfohlen. Ein gemeinnütziger Verein sei vielfältig nutzbar, man könne darin ja nicht nur ideelle Arbeit leisten, sondern auch einen Zweckbetrieb oder Geschäftsbetrieb, dessen Überschüsse für gemeinnützige Aufgaben eingesetzt werden, führen.
Möglich sei es außerdem, sich von einem Freundeskreis ein Stipendium oder eine Auszeit finanzieren zu lassen. Solche Beiträge würden steuerlich tatsächlich als Schenkungen gewertet. Das würde aber wohl nur für eine begrenzte Zeit funktionieren, denn irgendwann fängt die beschenkte Person vermutlich an, etwas Produktives zu tun. Damit gilt das Geld, das sie erhält, wieder als freiberufliches Honorar – selbst wenn die Schenkenden gar nicht von der Tätigkeit profitieren. Es spielt keine Rolle, ob die beschenkte Person sich auf der Straße für Kinder aus sozial schwachen Familien einsetzt, unentgeltlich Vorträge hält oder Sauerkraut einmacht und in der Nachbarschaft verteilt – was ihre Tätigkeit ermöglicht, ist aus Sicht des Finanzamts ein Einkommen, keine Gabe. Für ein Wirtschaften des freiwilligen Beitragens einen passenden rechtlichen Rahmen zu finden, ist tatsächlich schwierig.

Sind Ermöglichungsbeiträge Spenden?
Für uns als Redaktionskreis verwaltet die Oya ­Medien eG kommissarisch die Ermöglichungsbeiträge. Wir empfinden diese Lösung nicht als optimal, denn wir würden gerne auf Augenhöhe über das Geld entscheiden. So bleiben allein die Genossenschaftsvorstände verantwortlich, und alle Redaktionsmitglieder stellen für ihre »Leistung« Rechnungen oder bekommen ein Gehalt. Dabei hat der Betrag nichts mit der Anzahl geleisteter Stunden zu tun, sondern mit den jeweiligen Bedürfnissen – all das lässt sich im konventionellen Wirtschaften nicht konsequent abbilden. Wir können immer nur »so tun als ob«. Parallel neben der Oya Medien e G noch einen Verein zu gründen, erscheint uns zu aufwendig, denn er bräuchte eine eigene Verwaltung. Noch haben wir deshalb keine bessere Lösung als die bisherige gefunden.
Aber wir haben inzwischen etwas Neues gelernt: Auch Wirtschaftsunternehmen, ob Genossenschaft, GmbH oder Aktiengesellschaft, dürfen Spenden erhalten. Wird ihnen Geld geschenkt – zum Beispiel in einer schwierigen finanziellen Lage – und ist damit keine ­Gegenleistung verknüpft, handelt es sich um eine – wenn auch steuerlich nicht absetzbare – Spende. Unsere Ermöglichungsbeiträge sind ja genau das: Sie sollen die Oya Medien e G als Ganze stärken; im Gegenzug wird schließlich kein Produkt geliefert. Man erhält es nur, wenn das Abo bezahlt wird. Deshalb ist es womöglich gar nicht notwendig, von den Ermöglichungsbeiträgen sieben Prozent Mehrwertsteuer abzuführen, wie wir es bisher getan haben. Interessant!
Wir wollen herausfinden, was unser Finanzamt dazu sagt. Dann wäre in unserem Solidartopf nämlich noch ziemlich genau das Grundauskommen für einen Monat übrig. Doch so schnell werden wir das nicht geklärt haben. Deshalb freuen wir uns sehr, wenn Sie und ihr, liebe Leserinnen und Leser, den Redaktionskreis im Oktober und November weiterhin unterstützen.
Wir haben großes Vertrauen, dass sich ein Weg ­finden wird. \ \ \


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