Titelthema

Windsichten

von Malte Cegiolka, erschienen in Ausgabe #46/2017
Photo
© Malte Cegiolka

Siesta – um die Mittagszeit komme ich in Salinas de Garcí Mendoza an. Das während der Trockenzeit ausgedörrte Land der bolivianischen Hochebene wirkt dadurch besonders ausgeräumt. Auf einer leeren Landstraße stiefle ich aus dem Dorf hinaus. Ich habe einen salzigen, trockenen ­Geschmack im Mund. Wind und Sonne lassen mein Gesicht ledrig werden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Menschen hier Landwirtschaft betreiben – und doch stehen beiderseits der Straße Quinoapflanzen. Nirgendwo sonst habe ich erlebt, dass sich Menschen so gut in ihre Umgebung einfügen: Über Generationen haben sie an die Verhältnisse angepasste Sorten entwickelt, die sie früh genug aussäen, um die Regenzeit zu nutzen; sie haben Lamas zu Gefährten gemacht, um Dung für die Felder zu gewinnen, und sie haben die Trockenzeit zu schätzen gelernt, weil sie die Ernte konserviert. In der Ferne meine ich eine Rauchfahne in Altrosa zu sehen – es ist davonwehende Quinoaspelze, die von zwei Bäuerinnen vom Korn getrennt wird, eine seit dem Neolithikum eingespielte Kooperation zwischen Sonne, Wind, Erdanziehung und Mensch.

Malte Cegiolkas stille und bewegte Bilder spiegeln wie seine Texte die Suche nach Prinzipien des »guten Lebens«. www.caminopacha.de

weitere Inhalte aus #46 | Erzählen

Photo
Gemeinschaft

Gemeinschaftskinder

»Die stärkste gesellschaftliche Intervention der ­Gemeinschaften und Ökodörfer geschieht wahrscheinlich im Aufwachsen ­einer neuen Generation. Lasst uns diese in die Zukunft wirkende Kraft noch bewusster gestalten!« – So hieß es in der Einladung zum

Photo

Wo sind wir, wenn wir Musik hören?

Zugegeben, die Zeiten wilden Tanzens und Ausgehens sind für mich lange vorbei. In ritualisierten Zeremonien zogen wir unter Freunden von Party zu Party. Irgendwo an so einem Hort der Begeisterung ist vor vielleicht 27 Jahren diese Doppelbelichtung entstanden. Wenn es in der Stadt einen Ort

Photo

Demokratie – Die Unvollendete (Buchbesprechung)

»Demokratie – die Unvollendete« ist ein wunderbares Buch zur rechten Zeit. Viele Menschen fühlen sich nicht gehört und ohnmächtig, was vorhandene antidemokratische Haltungen weiter verstärkt. Ute Scheubs »Plädoyer für mehr Teilhabe«

#46 | Erzählen

Cover OYA-Ausgabe 46
Neuigkeiten aus der RedaktionVerteilstationen