»Umkämpftes Grün« analysiert die Bedeutung von Gemeinschaftsgärten als »Green Commons« für die Stadtentwicklung. Gartenprojekte sind in der Regel durch mehr oder weniger ausgeprägte Selbstverwaltung gekennzeichnet. Als Commons (Gemeingüter) bestehen sie nur dadurch, dass eine Gruppe von Commoners sie nutzt und pflegt. Die Autorinnen und Autoren untersuchen sie aus stadtsoziologischer und kritisch-geografischer Perspektive. Gemeinschaftsgärten können als Teil von Recht-auf-Stadt-Bewegungen verstanden werden, die sich der neoliberalen Unterordnung von Stadtplanung und Stadtgestaltung unter die Gesetze des Marktes entgegenstellen. Als Räume jenseits der Marktlogik zeigen sie sowohl öffentlich und für die Nachbarschaft erfahrbar als auch nach innen im Prozess des Gemeinschaffens, dass eine andere Welt möglich ist. Jedoch sind sie nicht immer so offen und inklusiv, wie es ihnen zugeschrieben wird oder wie sie sich selbst gerne darstellen. Die hier gelebte Gemeinschaftlichkeit unterscheidet sich zum Beispiel deutlich von Kleingartenvereinen und zieht mitunter eher intellektuelle und weiße Mittelschichtangehörige an. Gartenprojekte als Zwischennutzer können die Aufwertung von Flächen bewirken, mit dem Ergebnis, dass die Bodenpreise steigen. Zunehmend schmücken sich auch Investoren mit urbanen Grünprojekten, die einen hippen Lebensstil verkörpern. Stadtplanerische Interventionen von Gartenaktiven bewegen sich im Spannungsfeld zwischen selbstermächtigender Aneignung von Freiräumen auf der einen Seite und Legitimation von Partizipationsprozessen, die der neoliberalen Umstrukturierung von Städten nur ein scheindemokratisches Mäntelchen umhängen, auf der anderen. Die theoretischen Beiträge werden ergänzt durch Berichte zu zwei Forschungsansätzen: Der Briefwechsel zwischen einigen 2015 an einer kritischen Geografiekonferenz in Palästina Teilnehmenden zeigt, wie produktiv der Austausch internationaler Erfahrungen ist. Am Beispiel eines Kartierungsprojekts im Berliner Gartenprojekt »Allmendekontor« werden Bemühungen um eine gleichberechtigte Zusammenarbeit von Forschenden und Gärtnernden sowie deren Widersprüche und Grenzen ausgelotet. Fünf abschließende Fallstudien konnten mir nicht die erwarteten lebendigen Eindrücke der untersuchten Projekte in Wien, Genf, Düsseldorf, Hannover und Köln vermitteln; stattdessen wurden sie mit wissenschaftlicher Präzision seziert. Auch wenn mir hier die wissenschaftliche Sprache mitunter zu abgehoben und zu sehr mit Literaturverweisen gespickt ist, habe ich doch mit Interesse weitergelesen. Das teilweise recht enge Verständnis von Commons als strikt geldlos und ohne private Beete sehe ich als Anregung für viele weitere Diskussionen. Das Buch lädt ein, genauer hinzuschauen – allen, die sich für wissenschaftliche Perspektiven interessieren, sei es ausdrücklich ans Herz gelegt!
Umkämpftes Grün Zwischen neoliberaler Stadtentwicklung und Stadtgestaltung von unten. Sarah Kumnig, Marit Rosol, Andrea*s Exner (Hg.) transcript, 2017, 268 Seiten ISBN 978-3839435892 29,99 EUR