Wir stellen drei Menschen vor, die in besonderer Weise mit dem Boden verbunden sind: Sie bearbeiten ihn mit dem Pferd.von Maria König, Anja Marwege, erschienen in Ausgabe #50/2018
Vor 12 000 Jahren entwickelte sich die Landwirtschaft. Vor 8000 Jahren kamen mit der Erfindung des Pflugs Zugtiere ins Spiel – lange waren das Rinder, später auch Pferde. Den Boden sanft zu bearbeiten, ist bis heute eine hohe Kunst. Mit Rind und Pflug haben eisenzeitliche Ackerbauern fruchtbare Hänge in Wüsten verwandelt – die Geschichte des Ackerbaus ist auch die Geschichte der Erosion. Vergleichsweise jung ist die Bewirtschaftung mit motorisierten Geräten, die zu einer Bodendegradation ganz anderen Ausmaßes führte. Innerhalb weniger Generationen ist das Wissen über die Arbeit mit Zugtieren fast verlorengegangen. Doch es gibt Höfe, die diese Tradition neu aufnehmen. Bei den ersten Projekten, die in den 1990er Jahren solidarische Landwirtschaft erprobten, halfen oftmals Pferde auf den Äckern bei der Feldbestellung. Bis heute entscheiden sich immer wieder solidarische Landwirtschaften, aber auch andere kleinbäuerliche Betriebe dafür, Pferde einzusetzen – oft ganz gegen ihre ökonomischen Zwänge und unter der Herausforderung, dass es für alte Arbeitsgeräte keine Ersatzteile gibt und Dorfschmieden, die einen Pferdepflug zu schärfen verstehen, heute so gut wie ausgestorben sind. Diese Projekte finden kreative Wege, um ihre Äcker mit dem Pferd zu bearbeiten, und zumindest bei ihnen erlebt das Pferd als Zugtier eine gewisse Verbreitung. Die Leistungskraft eines Pferds – 1 PS – ist nicht einmal mit der eines kleinen Treckers vergleichbar. Die Arbeit erfordert langjähriges Lernen, Muße und Beziehungsarbeit, besondere Gerätschaften und Anbauweisen – und am Ende irgendeine Geldquelle zur Deckung der anfallenden Kosten. Doch Ackerpferde arbeiten auch, wenn kein Erdöl mehr fließt! Sie verkleinern den ökologischen Fußabdruck der Feldarbeit und seiner Früchte um ein Vielfaches – von jetzt auf gleich. Die Oya-Redakteurinnen Anja Marwege und Maria König sprachen in einem gemeinsamen Telefoninterview mit der Selbstversorgerin und Schmiedekünstlerin Katharina Hahn, dem Hofberater und langjährigen Ackerpferdekenner Klaus Strüber und dem Gemüsebauer der Solidargemeinschaft Lindenhof, Reinhold Vollmer. Die drei schildern unterschiedliche Ausgangssituationen: als Teil einer Hofgemeinschaft, als Einzelkämpferin oder mit Bildungsauftrag. Alle drei haben sich zum Ziel gesetzt, auch jenseits der Ströme des fossil-kapitalen Zeitalters Äcker bewirtschaften zu können.
Von der Erde leben Katharina Hahn ist Selbstversorgerin zu Pferde und Schmiedekünstlerin. Von Anja Marwege
Etwas Absurderes kann sie sich kaum vorstellen: ein Stück Erde oder ein Tier – ein lebendiges Wesen – für Geld zu kaufen. Katharina Hahn, Schmiedekünstlerin und Selbstversorgerin, erprobt seit einigen Jahren, von ihrem Land zu leben. Ihre gut sieben Hektar liegen etwas außerhalb des Örtchens Vogelsang südlich der Elbe zwischen Lüneburg und Bleckede. Vor vier Jahren hat sie begonnen, ihre beiden kleinen Äcker, ungefähr fünfhundert Quadratmeter, mit dem Pferd zu bearbeiten. Dort wachsen Bohnen, Kartoffeln, Pastinaken und Pflücksalat. Im Gewächshaus hinter dem Pferdeunterstand stehen Tomaten, in diesem Jahr sind es auch im Juli noch dürre, karge Pflanzen, kein Vergleich zu den üppigen Sträuchern vom letzten Jahr. »Warum müsst ihr Wühlmäuse ausgerechnet an meinen Tomaten graben?«, fragt Katharina ihre neuen Bewohner. Die Mäuse antworteten ihr: »Die Erde ist so trocken, aber hier, wo du gießt, ist sie weich und locker, hier können wir graben.« Katharinas Ärger hält sich in Grenzen. Sie erinnert sich an eine ähnliche Begegnung mit den Schnecken, die im völlig verregneten letzten Jahr überhandnahmen. Damals zeigten sie ihr: Wir sind dafür da, alles Kranke und Schwache zu beseitigen. Für Katharina hieß die Botschaft: »Ich muss den Boden stärken.« Die Erde auf ihren Feldern ist lehmig und fest. In trockenen Sommern wie diesem ist der Boden hart wie Beton. Risse ziehen sich wie ein Netz quer über den Acker. Regnet es viel, steht das Wasser darauf wie ein See. Katharina nennt ihn »Minutenboden«, so schmal ist oft das passende Zeitfenster, um darauf zu ackern. Hier stößt sie oft an Grenzen. Die Kraft ihres Pferds, sie hat einen jungen Tinker, reicht kaum, um die schwere Erde umzupflügen. Mit ihrem Trecker möchte sie diese Feldarbeiten aber nicht machen. Die Beschaffenheit des Bodens und ihre Möglichkeiten stellen Katharina immer wieder vor Herausforderungen, und sie hat das Gefühl, vieles neu erfinden zu müssen. Sie beherrscht das Schmiedehandwerk, erschafft eiserne Skulpturen, die Menschen und Tiere in Wandlungsmomenten zeigen. Für den eigenen Gebrauch schmiedete sie auch eine kleine Egge. Damit lässt sich der schwere Boden auflockern, um dann Mist oder Saat einzubringen. Es sieht aus, als würde Katharina auf ihrem Acker surfen, wenn sie auf der Egge – kaum größer als ein Schuhkarton – steht und ihre Stute Kola sie zieht. Das Pferd zu führen und zugleich mit dem Arbeitsgerät den Boden zu bearbeiten, ist anspruchsvoll. Nicht immer ist genau in dem Moment, wo der Boden bereit ist, jemand zum Helfen da. Katharina hat zu Kola eine zärtliche, enge Beziehung. Sie kennt aber auch die Kräfte, die wirken, wenn das Pferd durchgeht. Die Geräte mit ihren teilweise scharfen Kanten und Zinken können dann schnell zur Gefahr werden. Als sie 2013 ihr Motorrad und ein wenig Geld gegen das Pferd tauschte, war das eine bewusste Wahl. »Tinker sind sehr menschenbezogen«, erzählt Katharina. Sie zogen viele Jahrhunderte nomadisch zusammen mit Fahrenden durch die Lande. Auch ihr eigenes Leben war einige Jahre ohne festen Ort. Mit Trecker und Wagen fuhr sie von Gemeinschaft zu Gemeinschaft. Doch irgendwann war sie es leid, immer die Erste zu sein, die bei einem Konflikt gehen musste, weil sie auf Rädern unterwegs war. Selbst Land zu besitzen, sei nicht ihr Ziel gewesen, aber sie wollte nach dieser Erfahrung nie mehr vertrieben werden können. Ich kenne Katharina seit einigen Jahren. Immer wieder besuche ich sie auf ihrem Land und sehe staunend ihr Tätigsein. Sie ist heute 58 Jahre alt, Mutter von fünf Kindern, und lebt in einem kleinen, einfachen Haus, das sie mit der Küchenhexe und einem selbstgemauerten Ofen beheizt. Holz macht sie im Winter selbst und transportiert es zum Teil mit Hilfe von Kola zum Hof. In der Käsepresse liegt ein frischer Laib im Körbchen. Ihre beiden Schafe geben im Moment so viel Milch, dass sie jeden zweiten Tag einen neuen Käse ansetzen kann. In der Vorratskammer stehen Stiegen bereit für das Lagergemüse. »Ich bin ein Kind meiner Zeit«, sagt Katharina, deren Haus auch weitgehend ohne Strom funktionieren würde. »Damals hieß es ›global denken, lokal handeln‹. Ich kann die Welt nicht ändern, aber ich kann hier und jetzt anfangen, das, was in meiner Macht steht, zu tun.« Wenn Katharina Oya liest, stolpert sie immer wieder über die Idee der Ökonomie der bedingungslosen Gabe. »Schenken kann ich nur das, was ich im Überfluss habe. Überfluss beobachte ich nur bei dem, was aus der Erde kommt; Skulpturen werde ich nie im Überfluss haben«, meint sie dazu und fährt fort: »Für das, was ich schmiede, die Skulpturen und Gebrauchsgegenstände, muss ich die Werkstatt eingerichtet haben, Eisen und Kohle einkaufen. Das kann ich nicht verschenken. Hin und wieder kann ich es tauschen.« Über die Jahre ist auf dem Grundstück ein kleiner Wald gewachsen, der sich als schützendes Dach auffächert. Katharina sagt von sich, sie sei ein Höhlenmensch. Lange führte sie am Platz ein zurückgezogenes Leben. In den letzten Jahren hat sich das verändert. Sie wurde Mitbegründerin einer Einkaufsgemeinschaft, in der sie auch Lebensmittel von ihrem Acker verteilt. Zusammen mit einer anderen Frau hat sie im Frühjahr begonnen, einen bisher konventionell bewirtschafteten Acker umzustellen, um ihn mit weiteren Menschen ökologisch zu bewirtschaften. Derzeit freuen sich dort die Bienen und andere Insekten über reichlich Blütennahrung, im nächsten Jahr könnten zum ersten Mal Kartoffeln oder andere Feldfrüchte gemeinschaffend geerntet werden. Mittlerweile stellt sich ein neues Lebensgefühl bei Katharina ein: »Ich lebe zwar von dem, was ich mit meinen Händen mache, aber die Erde ist es, die anfängt, mich zu ernähren.« Dabei sei es nicht mehr so relevant, ob das, was sie tut, Geld abwirft.
Miteinander lernen Reinhold Vollmer pflegte fünf Jahre lang die Beete eines solidarischen Gartenprojekts. Von Maria König
Im Jahr 2013 initiierte Reinhold Vollmer auf dem Gelände eines Reitbetriebs bei Darmstadt die ambitionierte »solidarische Gartenbau«-Selbstversorgung »Lindenhof«. Auf der Internetseite schreibt er: »Wir wollen aufzeigen, dass es auch heute möglich ist, gesunde Verhältnisse zu schaffen. Dazu gehört die natürliche Entkopplung vom Lebendigen – hier dem Gartenbau – und dem Wirtschaftlichen. Wir berechnen keinen Gegen-Realwert für Gemüse, das sich jemand nimmt. Wir verteilen alles.« Von Anfang an ging es bei diesem Projekt nicht nur um den gärtnerischen Betrieb, sondern vor allem um die Gestaltung eines sozialen Miteinanders, das auch solidarisch getragene Hebammen, Kitas oder Künstlerinnen denkbar werden lässt. Im Jahr 2015 berichtete Oya-Autor Jochen Schilk über die inspirierende Vision des Hofs (Ausgabe 34, »Diesmal: Wirtschaft!«). Fünf Jahre lang war der heute 30-jährige Reinhold auf dem Lindenhof inmitten des experimentierenden sozialen Organismus tätig. Nun wird er den Ort verlassen und ist dankbar für den Erfahrungsraum, den ihm die solidarische Finanzierung durch gut achtzig Menschen ermöglichte: »Besonders habe ich hier geschätzt, dass ich wirklich Zeit hatte, mich mit den verschiedenen Themen, die bei der Gartenarbeit aufkamen, zu befassen. Das waren viele Erfahrungsstunden, die nicht als produktiv im wirtschaftlichen Sinn gelten konnten.« In besonderem Maß trifft das auf die Feldarbeit mit dem Pferd zu. In den letzten Jahren nutzte Reinhold für die Minimalbodenbearbeitung mit einem Vielfachgerät die Kraft der Kaltblutstute Lara. Die gemeinsame Ackerbearbeitung setzte viel Zugewandtheit und Aufmerksamkeit voraus. »Jedes Mal, wenn ich vom Feld komme, empfinde ich das als ein bewegendes und emotional bereicherndes Erlebnis. Es ist berührend, ehrlich und auf eine einfache Weise gut«, sagt Reinhold dazu. Das Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier folgt einem eigenen Rhythmus. »Ich versuche, mir den Raum wirklich freizuhalten. Die Arbeit mit dem Pferd dauert so lange, wie sie dauert. Wenn ich gestresst bin, merkt Lara das, und das Ganze funktioniert nicht mehr gut.« Diese Beziehung reifte über Monate und Jahre des Zusammenkommens und Miteinander-Lernens. Sowohl im Gartenbau als auch in der Arbeit mit Pferden ist Reinhold Quereinsteiger. Der gelernte Zweiradmechaniker nahm von 2008 bis 2011 an einer Ausbildung zum biodynamischen Landwirt teil. Dort hatte er erste Berührungspunkte mit den Themen Boden und Pferdearbeit. Nachdem er das Gartenprojekt begonnen hatte, besuchte eine Frau mit Pferd und Planwagen den Lindenhof. »Mit ihrem Pferd und Ackergeräten, die ein Freund mitgebracht hatte, probierten wir uns auf dem Acker aus – das hat mich sehr beeindruckt«, erinnert er sich. Er vertiefte sich in Fachzeitschriften, besuchte Freunde, die mit ihren Pferden im Wald Holz rücken, und führte bei jeder Gelegenheit Gespräche. Die Arbeit mit seinem Pferd erschloss ihm auch eine unmittelbare Beziehung zum Boden selbst: »Wenn ich mit Lara über das Feld ziehe, spüre ich jede Bodenverhärtung, jede Wurzel im Handgriff des Ackergeräts. Ich erlebe, wie die Stute schnauft oder wie sie sich hineinlehnen muss, wenn wir auf eine lehmige Stelle treffen. In einem Traktor würde ich das höchstens am Drehzahlmesser sehen. Mit dem Pferd erhalte ich einen ganz direkten Einblick in das Bodenleben.« Ob der Einsatz von Pferden wirtschaftlich tragbar sein kann, bleibt für Reinhold eine spannende Frage. Wenn diese Arbeit nicht nur Luxus und ein bloßes Hobby sein soll – wie lässt sich ihr Wert ins Bewusstsein weiterer Menschen heben und erlebbar machen? Wie kann diese beziehungsvolle Gartenarbeit mit den äußeren Faktoren der momentanen Wirtschaftsverhältnisse kompatibel bleiben oder werden? Wie wird es möglich, diesen notwendigen offenen Raum für die Arbeit mit einem Pferd ohne Leistungszwang und Wirtschaftsdruck zu pflegen? Auf dem Lindenhof hat sich die Solidargemeinschaft Bedingungen geschaffen, in denen erste Erfahrungen für die gemeinsam getragene Pferdeackerarbeit erprobt werden konnten. Der Enthusiasmus der Anfangsphase ist unter den Mitgliedern der Gemeinschaft inzwischen verklungen. Deshalb und wegen Unstimmigkeiten vor Ort wird Reinhold das Projekt verlassen. Nun bewegt er sich, wie er selbst sagt, »in Fragezeichen«: Wie lässt sich die Begeisterung für ein Projekt über Jahre aufrechterhalten? Wie entsteht Beständigkeit? Inzwischen wagt Reinhold einen Neuanfang mit der sich in Gründung befindenden SoLaWi Groß-Umstadt.
Wie es gelingen kann Klaus Strüber bildet Menschen in der Arbeit mit Zugpferden aus. Von Maria König
An einem der letzten warmen Septembertage begleite ich Klaus Strüber zu einem Hof nahe Berlin. Kaum angekommen, ist er mit einer der dortigen Landwirtinnen in Bodengespräche vertieft. Bei welcher Höhe sollte man das Gras hier mähen? Bewährt sich das Häufeln auf dem Kürbisacker? Wie wende ich ein Pferd gut auf einem rechteckigen Feld? Immer wieder verweilt er fasziniert bei den neuen Pferdeackergeräten, die hier getestet werden und von denen Klaus noch die ersten Prototypen kennt. Auf seinem Hof in der Holsteinischen Schweiz hat er selbst jahrelang solche Werkzeuge entwickelt. Bis 2015 bewirtschaftete Klaus mit seiner damaligen Partnerin Yasmin, zwei Angestellten und einigen Menschen, die im therapeutischen oder im Rahmen eines Freiwilligen Ökologischen Jahrs auf seinen Hof »Hollergraben« fanden, 23 Hektar Land. Damit versorgte er sich und eine solidarische Landwirtschafts-Gemeinschaft von 70 Menschen mit Gemüse. Zehn Jahre lang bestellte er die zwei Hektar Gemüseacker mit Hilfe von Pferden. »In 20 Jahren Pferdearbeit, 10 Jahre davon als solidarische Landwirtschaft mit energieautarker Gemüseproduktion, habe ich nichts mehr mit dem Trecker gemacht«, erzählt der heute 49-Jährige. »Noch immer bin ich den Pferden sehr verbunden und unterstütze Menschen, die mit ihnen arbeiten, als Berater in Kursen und im Netzwerk für solidarische Landwirtschaft. Besonders wichtig finde ich die Beratung hinsichtlich Wirtschaftlichkeitsberechnungen.« Klaus war während seiner aktiven Zeit als Pferdegärtner in mehrere Forschungsprojekte involviert. Dabei ging es um die Fragen, wie die Ackerbearbeitung mit dem Pferd auf den Boden wirkt und wie sich ihr Einsatz auf dem Acker solide finanzieren lässt. Aus den Auswertungen weiß er: »Mit Pferden kann ich nur in den Dimensionen der kleinbäuerlichen Landwirtschaft arbeiten. Vielleicht gelingt es mir, zehn Hektar zu bewirtschaften. Das ist eine Größenordnung, die mit den Riesenflächen der industriellen Landwirtschaft nicht vergleichbar ist – ein wirtschaftlich defizitärer Bereich.« Hinzu komme, dass die Arbeitsleistung eines Pferds weit unter der eines Traktors liegt. Umso wichtiger sei es, dass die Feldarbeit mit Pferden in ein stimmiges Gesamtkonzept eingebunden ist. »Sinnvoll erscheint mir eine Mischwirtschaft – also wenn Pferde neben der Feldarbeit auch zum Holzrücken im Winter, in therapeutischer Arbeit, für Kutschfahrten oder bei Museumsvorführungen eingesetzt werden«, meint er. Neben solchen Überlegungen, wie sich verschiedene Tätigkeitsfelder kombinieren lassen, um Pferde sinnvoll in den eigenen Lebensrhythmus einzubinden, faszinieren Klaus Pioniere wie der US-Amerikaner Eric Nordell, die mit auf Pferde abgestimmten Fruchtfolgen experimentieren. »Eric und seine Frau bewirtschaften zwei Hektar Land in einer derart ausgeklügelten Fruchtfolge, dass fast kein Unkraut mehr auf den Feldern wächst, ein sehr gutes Saatbett entstanden ist und ihre Arbeitskraft im Zusammenspiel zwischen Pflanzen, Boden, Pferden und Menschen so abgestimmt ist, dass sie von der Landwirtschaft mit den Pferden leben können«, schwärmt Klaus. Neben der Herausforderung, viel Idealismus in den Bodenaufbau zu investieren, kennt Klaus die Schwierigkeit, dass sich in kleinen landwirtschaftlichen Projekten viel Arbeit und Verantwortung auf nur wenige Menschen verteilt. »Am Hof Hollergraben war ich oft alleine auf dem Feld, und in den letzten 20 Jahren gab es viele Tage, an denen ich mehr mit Pferden als mit Menschen zu tun hatte«, erinnert er sich. Trotz einsamer Momente möchte er die intensiven Zeiten mit den Pferden aber nicht missen. »Jetzt, wo ich gerade keine Pferde und wieder mehr Zeit für Menschen habe, erhalte ich oft das Feedback, dass ich sehr klar in meiner Kommunikation bin – das ist wohl ein Erbe aus der langen Pferdearbeit«, resümiert Klaus. Eine menschliche Beziehung, für die er sich gerade besonders gerne Zeit nimmt, ist die zu seinem Sohn Lovis. Neben der Weitergabe von Wissen rund um die Arbeit mit Pferden hat Klaus Kundalini-Yoga für sich entdeckt. Perspektivisch kann er sich sogar vorstellen, die beiden Sphären zu verbinden: »Pferde können in gewisser Weise in deine Seele schauen. Sie merken jedes Gefühl – auch Hektik und Wut. Yoga zügelt diese Wellen des Geists, und das spiegelt sich im Kontakt mit den Tieren. Ich bin dadurch gelassener, mutiger, direkter und liebevoller geworden – oder ›gechillter‹, wie Lovis sagen würde.«