Wie die Bildseiten, die Doreen Fenner-Kiepsel für das Schwerpunktthema dieser Ausgabe gestaltet hat, entstanden sind.von Lara Mallien, erschienen in Ausgabe #55/2019
Von Doreen Fenner-Kiepsel stammen das Titelbild sowie weitere Illustrationen der allerersten Ausgabe von Oya aus dem Jahr 2010. Das Heft kreiste um das Thema »Gemeingüter« und versuchte, das Phänomen »Allmende« in einen neuen Rahmen zu setzen. Daran wollten wir bei unserer erneuten Hinwendung zum Thema anknüpfen und baten Doreen deshalb, eine »Ausstellung« zu gestalten. Die entstandenen ganzseitigen Bilder spiegeln die Texte wider, allerdings nicht illustrierend, sondern als eigenständige, von der Frage, was Gemeinschaftlichkeit ausmacht, inspirierte Arbeiten. Für Doreen sind das Zeichnen, Malen und Collagieren überlebenswichtig. »In meinem Kinderzimmer hing eine Tafel mit umgedrehten Tapetenrollen, auf denen ich malen konnte«, erzählt sie. »Ich habe immerzu etwas aufs Papier gebracht.« Dass Doreen beruflich »irgendwas mit Kunst« machen wollte, stand außer Frage. Sie begann 1989 ein Germanistik- und Kunststudium für das Lehramt in Greifswald. Durch die Wende eröffneten sich ungeahnte Möglichkeiten, und so brach sie nach dem Vordiplom ab und ging nach Kiel, um neue Wege zu beschreiten. Damals war sie sich unsicher: Ein Kunststudium? Sollte sie wirklich in Zukunft mit dem, was ihr innerster Ausdruck war, ihren Lebensunterhalt bestreiten? Wäre es besser, Grafikdesignerin zu werden? Auch dieser Bereich zog sie sehr an. Sie bereitete eine Bewerbungsmappe für den Bereich Freie Kunst vor, um sie in letzter Minute beim Studiengang Kommunikationsdesign abzugeben – mit Erfolg. Seither verweben sich in ihrem Leben beide Aspekte. Eine ihrer damaligen Kommilitoninnen war Marlena Sang, die heute Oya grafisch gestaltet. Marlenas Schwerpunkte lagen auf Typografie, Proportionen und Raster; sie war fasziniert von Doreens Fähigkeit, alles, was in ihr vorging, kreativ aufs Papier zu bringen – die hellsten ebenso wie die dunkelsten Emotionen. Die beiden wurden ein eingespieltes Team, sie gestalteten freie Arbeiten ebenso wie ihre gemeinsame Diplomarbeit. Bei jedem Projekt stellten sie sich die Frage: »Wird das der Sache gerecht? Sagt das wirklich genau das aus, was wir ausdrücken wollen?« Doreen arbeitet bis heute mit Leidenschaft als Grafikerin. Oft wird sie genau deshalb für einen Auftrag angefragt, weil sie ihre Arbeit mit künstlerischen Zeichnungen verbindet, sei es für einen Kalender, einen Messestand oder eine Wandgestaltung an öffentlichen Orten wie einer Schule, einem Seniorenheim oder einer Arztpraxis. Je mehr sich die Designarbeit mit der freien Gestaltung vermischt, desto wohler fühlt sie sich. Auch für sich selbst hat sie nie aufgehört zu zeichnen. In einem Familienalltag mit drei Kindern und einem beruflich stark beanspruchten Partner hat alles, was sie erlebte, über die Jahre hinweg Spuren in unzähligen Skizzenbüchern hinterlassen. Erst formen sich jeweils Bilder vor ihrem inneren Auge. »Dann kommt es aus mir heraus«, erzählt Doreen. »So war es auch bei der Arbeit für diese Oya. Nachdem ich mich in euer Thema eingelesen hatte, saß ich nur da und habe nachgedacht – oder eher nachgefühlt. Bevor ich etwas umsetzen kann, vergehen meist drei oder vier Tage. Mal huscht in dieser Zeit ein Gedanke vorbei, mal blitzt ein Bild vor meinem inneren Auge auf. Irgendwann fange ich an, etwas auf Zettel zu skizzieren, hier ein Foto aus einer Zeitung auszuschneiden oder etwas vom Boden aufzuheben – bis sich das Gefühl einstellt: Jetzt ist die Aussage klar. Dann erst beginne ich mit der eigentlichen Arbeit. Diesmal bin ich auf das gedruckte Heft besonders gespannt, weil ich die Artikel nicht kenne, nur die zugrundeliegenden Ideen. Diejenigen, die Artikel verfasst haben, wussten auch nicht, was mir einfallen würde. So ist es ja im Commoning: Was andere in einen Prozess einbringen werden, bleibt eine Überrraschung.«