Wir leben im oberfränkischen Lichtenberg in einem Haus in der alten Stadtmauer, das derzeit sowohl unserer Familie – Bernd, Nicole und zwei Kindern – als auch einem Architekturbüro Raum bietet. Zu unserem Lebensraum gehören mehrere kleine Gemüsegärten sowie eine große Streuobstwiese. Diese Stadtgärten in Südhanglage haben ein besonderes Mikroklima, das eine für die Mittelgebirgskammlage ungewöhnlich gute Basis für die Selbstversorgung bildet. Im Rahmen unserer Idee, Raum für eine sich selbst versorgende Gemeinschaft zu schaffen, haben wir zwei sanierungsbedürftige Häuser, ebenfalls in der Stadtmauer, mit den zugehörigen Gärten erworben. Bernd kennt sich als Architekt mit Altbausanierung aus und versteht sich als Raumunternehmer, der aktiv zur Stadtentwicklung beiträgt. Wir möchten die ursprüngliche Verbindung von Häusern und Land wiederherstellen. In den beiden neuen Anwesen haben wir den Rasen der Terrassengärten in Gemüsebeete zurückverwandelt und die alten Obstwiesen verjüngt. An der Ernte freuen sich nicht nur unsere Familienmitglieder, sondern auch die Mitarbeitenden im Architekturbüro, die gelegentlich im Garten mitwirken und ernten. Sie verwirklichen mit Bernd gemeinsam eine Unternehmenskultur auf Augenhöhe, auch mit Hilfe von soziokratischen Prinzipien. Wir öffnen unsere Räume immer wieder für Begegnung, Bewegung und Improvisation, so dass wir in den größeren Raum der Region hineinwirken. Nachdem wir gemerkt haben, dass wir keine klassische Gemeinschaft aufbauen wollen, hat sich die Idee entwickelt, einen Ort der Begegnung in Form einer Herberge zu schaffen. Der Sog, in konventionelle Geschäftsmodelle hineinzuspringen, ist groß, aber wir würden in die klassische Logik geraten: auf Geldeinnahmen angewiesen zu sein, um Kredite abzubezahlen, also in Zielgruppen zu denken und Konsumenten zu bedienen. Ein großer Kredit stünde unserer Idee von gutem Leben entgegen, vor allem den tiefen Verbindungen und Prozessen auf Augenhöhe. So wissen wir immer noch nicht, was eine gute Lösung für die leerstehenden Häuser sein könnte. Klar ist, dass wir einen Teil für das wachsende Architekturbüro nutzen werden – aber auch für Veranstaltungen und Treffen mit Menschen aus der Region. Nicole und Bernd Hüttner