Komposttee – ein Weg, das Bodenleben zu unterstützen und Erde fruchtbarer zu machen.von René Franz, erschienen in Ausgabe #60/2020
Der Einsatz von synthetischen Dünge- und Spritzmitteln vermindert das Bodenleben Jahr für Jahr, so dass viele Böden heute eher einer sterilen Klinik als einer lebendigen Landschaft gleichen. Mit Komposttee kann dem Boden wieder Leben zugeführt und die Nährstoffaufnahme der Pflanzen verbessert werden, denn Pflanzen benötigen eine vielfältige Bodenfauna und -flora, um die bereitgestellten Nährstoffe überhaupt aufnehmen zu können.
Bei einem Online-Seminar in der Reihe »Aufbauende Landwirtschaft« sprach die Landwirtin und Permakulturdesignerin Viviane Théby über die Herstellung von Komposttees. Ihre Hinweise möchte ich in diesem Text zusammenfassen. Außerdem bin ich bei weiteren Recherchen auf die Agrarwissenschaftlerin Dr. Ingrid Hörner gestoßen, die viel Grundlagenarbeit zum Thema Komposttee geleistet und Erfahrungen online veröffentlicht hat. Auch ihre Ergebnisse fließen hier mit ein.
Komposttee ist ein flüssiger Auszug aus frischem, gut verrottetem Kompost, der viele Mikroorganismen enthält. Er besteht hauptsächlich aus Wasser und wird durch Zugabe von Kompost und Zuckerrübensirup hergestellt. Der Zucker unterstützt während des Herstellungsprozesses die Mikroorganismen bei der Vermehrung. Das Ergebnis ist ein Dünger der etwas anderen Art: Komposttee düngt den Boden nicht direkt. Er beliefert ihn hingegen mit wichtigen Mikroorganismen, die die Düngeraufnahme der Pflanzen verbessern.
Verschiedene Kulturen – verschiedene Mikroorganismen
Eine der Kernaussagen von Viviane Thébys Vortrag ist, dass unterschiedliche Kulturen – also Getreide, Gemüse und so weiter – auch unterschiedliche Mikroorganismen beherbergen. Dabei überwiegen bei Kulturen, die eher am Anfang einer Sukzessions-entwicklung stehen (würden), etwa bei Pionierpflanzen, »Unkräutern«, einjährigen Pflanzen oder Gemüse, die Bakterien. Auf Weiden und in Getreidebeständen beträgt das Verhältnis von Pilzen zu Bakterien 1 : 1, während in Dauerkulturen, also bei Büschen und Bäumen, der Anteil der Pilze deutlich überwiegt (bei Bäumen kommen 1000 Pilze auf 1 Bakterium). Wenn ich also etwa Gemüse anbauen will, sollte ich in meinem Boden ein Bakterien-Pilz-Verhältnis herstellen, das den Gemüseanbau unterstützt.
In diesen Verhältnissen liegt schon der erste Knackpunkt: Je nachdem, was ich anbauen möchte, sollte ich den Komposttee passend ansetzen. Für den Hobby-gärtner ist es allerdings kaum möglich, das Verhältnis von Pilzen und Bakterien im Kompost und damit auch im Komposttee zu kontrollieren. Frau Théby empfiehlt daher für die ungefähre Bestimmung ein etwa 200 Euro teures Mikroskop, mit dem man feststellen kann, welche Mikroorganismen im Kompost enthalten sind.
Vielfältige Wirkungen
Komposttee verbessert die Bodenstruktur und die Wasserhaltefähigkeit des Bodens, da die Mikroorganismen zu einer guten Aggregatbildung, der sogenannten Lebendverbauung, beitragen. Außerdem sorgt er durch die höhere Masse an Mikro-organismen im Boden für eine bessere Pflanzengesundheit. Dr. Ingrid Hörner beschreibt folgende Feldbeobachtungen bei der Gabe von Komposttee: Der Wasserverbrauch reduziert sich nach zwei Jahren um bis zu fünfzig Prozent; Pflanzen haben ein besseres Wurzelwachstum und dadurch eine höhere Stresstoleranz bei Trockenheit; es kommt zu mehr Symbiosen und aktiver Kommunikation zwischen Pflanze und Bodenleben; Pflanzenreste werden schneller in Humus umgewandelt; langfristig werden mit der Verbesserung des Bodenaggregatzustands Verdichtungen abgebaut und die Qualität der angebauten Nahrungsmittel erhöht.
Viele Landwirte berichten zudem, dass wegen der vielen positiven Effekte des Tees der Einsatz von chemischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln reduziert werden kann – was sich natürlich in den Betriebskosten positiv niederschlägt. Laut Ingrid Hörner wurden im ersten Jahr bereits Kostensenkungen von bis zu 20 Prozent im Bereich der künstlichen Dünge- und Pflanzenschutzmittel verzeichnet.
Auf den Flächen der Bauern, die zum südafrikanischen Anbauverband »ZZ2« gehören – es handelt sich um 200 000 Hektar –, wird seit über zehn Jahren Komposttee eingesetzt. Wöchentlich werden dafür 70.000 Liter in siebzig großen IBC-Containern mit zentraler Belüftung hergestellt. Für mich beweist das Beispiel die Wirksamkeit des Komposttees, denn bei dieser Größenordnung wäre es ökonomisch eine Katastrophe, wenn die Sache nicht funktionieren würde. Der Anbauverband produziert unter anderem Tomaten, Mangos, Avocados, Äpfel, Birnen und Zwiebeln.
Ein Rezept
Für die Herstellung von Komposttee werden eine Teichbelüftungspumpe, ein regelbarer Heizstab, wie er in der Aquaristik eingesetzt wird (Leistung ungefähr 125 Watt), 100 Liter Regenwasser oder chlorfreies Leitungswasser, 300 Gramm Wurmkompost oder gut verrotteter Kompost und 400 Milliliter Zuckerrübensirup benötigt.
Für die Herstellung wird das Regenwasser in einen Behälter gefüllt und der Heizstab hineingegeben. Die Temperatur wird auf 25 °C eingestellt, eine Abweichung von 3 °C ist in Ordnung. Die Leistung der Teichbelüftungspumpe sollte an die Wassermenge im Behälter angepasst werden, am besten wird sie auf 80 bis 100 Liter pro Minute eingestellt. Dann werden alle Zutaten in den Behälter geben und für zwei bis drei Tage stehengelassen. Damit sich der Tee anschließend problemlos mit einer Spritze ausbringen läßt, wird der Kompost am besten in einem feinmaschigen Netz – zum Beispiel in einem Nussmilchbeutel oder Strumpf – in den Behälter gegeben. Nach der Vermehrung der Mikroorganismen wird die Pumpe ausgeschaltet, das Netz entnommen und der Tee innerhalb von vier Stunden ausgebracht.
Dabei gibt es einiges zu beachten: Vor dem Ausbringen sollte der Komposttee verdünnt werden. Das Verhältnis der Verdünnung hängt von der Art der Anwendung ab. Für eine Blattspritzung bietet sich eine Verdünnung von 1:10 an, bei der Bodengabe von 1:5. Bei der Blattspritzung ist zu beachten, dass die Behandlung spätestens drei Wochen vor der Ernte von Früchten erfolgen sollte. Bei Salaten und Blattgemüsen sollte aus hygienischen Gründen immer die Bodenbehandlung gewählt werden. Für beide Anwendungen gilt laut Ingrid Hörner, dass der Komposttee vor allem auf feuchte Bestände – im Idealfall kurz vor einem Niederschlag – ausgebracht wird. Bei der Blattbehandlung werden fünf Anwendungen mit jeweils einem halben Liter Konzentrat auf 100 Quadratmeter empfohlen, bei der Bodenbehandlung fünf Anwendungen mit jeweils zwei Litern Konzentrat auf 100 Quadratmeter. Dr. Hörner gibt aber auch den Hinweis, dass der Komposttee nicht überdosiert werden kann; stärkere Konzentrationen schaden also nicht.
Fazit
Für mich ist der Komposttee eine sehr spannende »Düngemethode«, die genau genommen nur die Boden- und Pflanzengesundheit verbessert und gar nicht im engeren Sinn düngt. Die Herstellung erscheint mir relativ einfach, und ich bin gespannt darauf, Komposttee selber in meinem Garten auszuprobieren. Einige der Fotos aus Viviane Thébys Vortrag waren sehr beeindruckend, ihre Gemüse und Salate sahen mit der Gabe von Komposttee wesentlich lebendiger und auch größer aus. Überzeugt hat mich aber die erwähnte Anwendung im großen landwirtschaftlichen Betrieb in Südafrika. Die Methode zur Bestimmung des Pilz-Bakterien-Verhältnisses im Kompost finde ich allerdings unbefriedigend. Dabei ist es sicher sinnvoll, den Komposttee möglichst genau an die von Frau Théby genannten Verhältnisse im Boden bei unterschiedlichen Anbaukulturen anzupassen. Leider bin ich bei meinen Recherchen auf keine guten und sicheren Methoden gestoßen, um den Komposttee oder auch den Kompost entsprechend vorzubereiten oder zu steuern. //
Einblicke ins Bodenleben: Raoul H. Francé: Das Leben im Boden/Das Edaphon, OLV, 2012
René Franz (25) ist Permakulturdesigner und Kursleiter. Er ist in der aufbauenden Landwirtschaft und im Permakultur Institut aktiv. Über seine Lernerfahrungen in der Weiterbildung schreibt er auf dem gemeinschaftlich betriebenen permakulturblog.de.