Buchtipps

Klimakämpfe (Buchbesprechung)

Photo

»Sollen wir auf die Waldbesetzung ziehen und uns dort ein Baumhaus bauen? Oder in ein Wohnprojekt? Ein Brettspiel entwickeln? Infoveranstaltungen machen? Mit unseren Arbeitskolleginnen und -kollegen in der Behörde oder am Fließband diskutieren? Sollen wir unser eigenes Gemüse pflanzen oder Menschen vor Gericht vertreten? Strom-masten fällen oder Kreisverkehre blockieren?«, fragt Hanna Poddig in ihrem Buch »Klimakämpfe – Wir sind die fucking Zukunft!«. In dem kleinen Band will die Autorin einen Eindruck davon vermitteln, welche Menschen warum in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum im Klimaschutz aktiv geworden sind, und welche Widerstands- und Protestformen ausprobiert, diskutiert und weiterentwickelt wurden. Dafür zeichnet sie zunächst knapp und übersichtlich die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte in den Bereichen Mobilität, Landwirtschaft, Stromerzeugung und Klima-gerechtigkeit nach und beschreibt erprobte Protestformen – etwa Flächenbesetzungen, Kundgebungen oder Aktionen wie -»carwalking« (das Laufen über parkende Autos). Anschließend analysiert sie die Motive und Zielsetzungen, die Menschen in Bewegungen verfolgen. Der größte Teil des Buchs ist der Darstellung verschiedener Akteurinnen und Aktionsformen gewidmet. So beschreibt sie die Strategien und damit verbundene Dynamiken bei Initiativen wie Fridays for future, Extinction Rebellion, Campact, im Hambacher Forst, bei Ende Gelände, Aktion Unterholz, Zucker im Tank, Kohle erSetzen, ZUGABe, Junepa sowie auf Klimacamps. In eingeschobenen Exkursen bezieht Hanna Poddig Stellung zu für den Widerstand relevanten Fragen – wie Gewaltfreiheit, Konsensvereinbarungen mit Regierungen oder Bekennerinnenschreiben nach Aktionen. 

Durch die klare Sprache, die manchmal ironisch-humorvoll, an anderer Stelle ehrlich empört zutage tritt, ist es leicht und eine Freude, das Buch zu lesen. Die detailreichen Schilderungen von Ereignissen und ihre Einordnung in aktivistische Kontexte zeugen vom großen Erfahrungsreichtum der Autorin. Insbesondere der Blick auf neuere und große Bewegungen, die in den letzten Jahren im Kontext der Klima-proteste entstanden sind, regt zu tiefergehenden Fragen über Widerständigkeit in der heutigen Zeit an. Das Buch ermutigt zum Kämpfen für eine gerechtere Welt.  


Klimakämpfe
»Wir sind die fucking Zukunft«
Hanna Poddig
Unrast, 2019
104 Seiten
ISBN 978-3897711488
7,80 Euro

weitere Artikel aus Ausgabe #60

Photo
von Isabell Knauf

Sich zu trauern trauen

Als ich drei Jahre alt war, starb plötzlich mein Vater. Das war ein großes Traumaerlebnis für meine ganze Familie; meine Mutter war von da an mit drei kleinen Kindern alleine, und in unserem Familienkreis gab es plötzlich dieses große, unfassbare und unerklärliche

Photo
von Helen Britt

Einfach Gemeinschaft

Viele Menschen wünschen sich mehr Gemeinschaft, doch oft zögern sie mit der Umsetzung, etwa weil der Gedanke ihnen zu groß vorkommt oder weil sie gerne weiter in der gewohnten Umgebung leben möchten, in der Nähe ihres bisherigen sozialen Bezugsfelds. Wie können wir

Photo
von Luisa Kleine

Mitdenken üben

Bestimmte Strukturen in Gesellschaften westlicher Prägung erschöpfen manche Menschen mehr als andere. Viele Menschen erfahren alltäglich Gewalt durch soziale, medizinische oder juristische Strukturen, etwa weil sie nicht in ein Konzept passen, das nur Männer und Frauen vorsieht,

Ausgabe #60
In freiem Fall

Cover OYA-Ausgabe 60
Neuigkeiten aus der Redaktion