Gehölze und andere Pflanzen gedeihen meist besser in artenreichen Zusammenhängen. Ein Austausch.
Oya Ausgabe 51 »Garten Erde« handelte von den Möglichkeiten einer poly-kulturellen Landwirtschaft, die wieder gezielt Gehölze einbezieht. Im Beitrag »Den Garten Eden pflanzen?« wurde unter anderem die Methode angesprochen, neu gepflanzten fruchttragenden Bäumen Pioniergehölze zur Seite zu stellen, die ersteren den Boden bereiten. Davon inspiriert, ergab sich folgender Mailaustausch.
Im Wendland haben wir vorwiegend sandige Böden mit wenig Wasserspeichervermögen. Auf kleinen Flächen läßt sich wunderbar mit aktivierter Pflanzenkohle arbeiten, aber wie sieht es bei größeren Streuobstbeständen aus?
Nun wird in Waldgarten- und Agroforstsystemen mehr und mehr mit Begleitbäumen experimentiert. Ich würde gerne heimischen Ginster als Begleitbaum für Hochstamm-Obstbäume pflanzen. Der Trocken- und Hungerkünstler Ginster ist zugleich Stickstoffsammler. Ich würde ihn alle zwei oder drei Jahre zurückschneiden, damit er nicht in den Kronenbereich des Obstbaums wächst. Meine Frage ist nun: Partizipiert der Obstbaum über das Intranet aus Pilzen und Bodenalgen von den stickstoffsammelnden Eigenschaften des Ginsters? Vom Bauchgefühl her würde ich das bejahen, doch die Meinungen in Fachkreisen gehen hier sehr weit auseinander, und Literatur darüber ist wohl höchstens im englischsprachigen Raum zu finden. Kennt ihr zufällig jemanden, der oder die mir weiterhelfen kann?
Michael Fuchs, Wustrow
Ginster ist ein Stickstoff-Fixierer, weil er eine Fabaceae ist. Alle Fabaceae haben Stickstoff fixierende Bakterien (Rhizobien) an den Wurzeln und verbessern so den Boden (Wurzeln, Blätter und Früchte haben einen höheren Stickstoffgehalt als die anderer Pflanzen). Dadurch verbessert sich der Boden beständig. Dies ist ja auch der Fall, wenn der Bauer Klee anpflanzt.
Der Baum allerdings erhält über die Fäden von Mykorrhizapilzen von Pflanzen keinen Stickstoff, auch wenn diese den Stickstoff fixieren. Ein direkter Stickstoff-Transport über die Pilzfäden von Mykorrhizapilzen zwischen zwei Pflanzen findet nicht statt. Dies wurde schon vor rund 30 Jahren mit stabilen Stickstoff-Isotopen bewiesen (mit Klee und Mais). Andere Bäume oder Sträucher, die Stickstoff fixieren, sind die (allerdings nicht hier heimische) Robinie, die Erlen (Grauerle, Schwarzerle, Grünerle; allerdings mit den weniger effizienten Frankia-Bakterien und nicht mit den Rhizobien) und der Sanddorn (ebenfalls mit Frankia).
Der Austausch von Kohlenstoff und Stickstoff zwischen Bäumen und Sträuchern über die Fäden von Mykorrhizapilzen ist eine schöne Wunschvorstellung, aber in der realen Welt ist dies vernachlässigbar. Die Bäume machen sich gegenseitig das Wasser und die Nährstoffe streitig. Stickstoff fixierende Pflanzen zwischen den Bäumen sind dennoch sicherlich von Vorteil, da sie den Stickstoff aus der Luft nehmen, ihn in den Pflanzengeweben anreichern, und nach dem Blattfall und der Blattzersetzung so den Boden fruchtbarer machen.
Ginster ist eine Möglichkeit; andere mögliche Arten wären etwa Erbse, Linse, Bohne, Luzerne, Klee, Wicke, Wund- und Hornklee, Goldregen, Lupine, Platterbse oder die bereits oben genannten Bäume. Grünalgen fixieren keinen Stickstoff, dürften also keine große Rolle spielen – anders als Blaualgen, die keine echten Algen, sondern Cyanobakterien sind und Stickstoff fixieren können. Am bekanntesten sind Nostoc-Arten. Diese wachsen auch von selbst auf dem Boden, wenn es sehr feucht ist. Bei Ihnen ist es eher trocken, daher dürften auch sie keine große Rolle spielen.
Ivano Brunner, Zürich
Ich habe bei einem Besuch in einer Baumschule eine Fläche mit Reihen von gleichaltrigen Obstbäumchen gesehen. Zwischen zwei Reihen hatte der Betreiber eine Reihe Erlen gepflanzt. An dieser Stelle war wunderbar zu erkennen, dass die jungen Obstgehölze zu beiden Seiten der Erlen-Reihe von der verbesserten Stickstoffversorgung profitieren, denn sie waren deutlich größer als ihre entfernter wachsenden Artgenossen.
Jochen Schilk, Oya-Redaktion, Klein Jasedow
Ja, der Stickstoff in Knöllchenform wird früher oder später mineralisiert und verteilt sich etwas in der Umgebung. So hab ich es gelernt, aber eine aktuelle konkrete Quelle dazu habe ich nicht.
Ich halte den Hype um die Begleitbäume für etwas übertrieben. Die Leute vergessen, dass Stickstoff nicht alles ist. Befasst euch mit dem Liebig'schen Minimumgesetz! Ich kenne Menschen, die für ihr Land eine Mikronährstoff-Analyse nach Kinsey/Albrecht durchführen ließen und anschließend einen Bor- oder Manganmangel ausgeglichen haben; das hat dazu geführt, dass sie auf einmal unglaubliche Zuwächse hatten! Der Boden ist kein Kochtopf; es gibt so viele andere Aspekte, die eine Rolle spielen. Ginster etwa ist in Blatt- und Wurzelwerk so dicht, dass er sehr viel Wasser abfängt, das dann in der Tiefe dem Obst- oder Nussbaum, zu dem er gepflanzt wurde, fehlt. In der Art gibt es noch sehr viele weitere zu bedenkende Zusammenhänge.
Was mir viel sinnvoller erscheint als die Pflanzung von Begleitbäumen: Nussbäume bilden eine Pfahlwurzel aus. Doch wenn sie in einer Baumschule umgesetzt werden und/oder in einem Behälter heranwachsen müssen, büßen sie die Pfahlwurzel ein. Viel besser, als solch einen verkrüppelten Baum neben eine Erle zu setzen, wäre es, eine Nuss mit intakter Pfahlwurzel zu pflanzen und dieser den notwendigen Bodenraum in ausgezeichneter Qualität zu verschaffen.
Philipp Gerhardt, Brück
Die Permakulturredaktion ergänzt
Die Frage nach Begleitbäumen für Nuss- und Obstbäume ist im Grunde eine Frage nach guten Pflanzengemeinschaften. Deshalb hier ein Blick auf Aspekre, die helfen können, gute Gemeinschaften – nicht nur mit Obstbäumen – zu finden.
Es ist selbstverständlich die Grundlage jeder Gestaltung, den Ort anzuschauen. Wie sind die Boden-, Licht- und Windverhältnisse? Wieviel Niederschlag gibt es wann? Anschließend ist zu überlegen, welche Pflegemöglichkeiten bestehen: Soll gejätet oder gemulcht werden, wird gemäht oder weiden Tiere?
Wenn nicht schon klar ist, welche Pflanzenstruktur – zum Beispiel Obstwiese, Gehölz oder Staudenbeet – entstehen soll, muss zunächst der gewünschte Lebensraum festgelegt werden. Entscheidend ist nicht nur die zu schaffende Struktur, sondern auch, welche Pflanzenformen vorherrschen sollen. Das hilft bei der späteren Pflanzenauswahl; in Staudengärtnereien werden die Arten oft nach ihren bevorzugten Lebensbereichen wie Gehölz, Gehölzrand, Gewässerrand, Freifläche oder Steinanlage sortiert.
Wenn die entstehende Struktur gefunden ist, hat man meist auch schon eine Liste der gewünschten Pflanzen. Es ist sinnvoll, diese anhand ihrer Lebensformtypen – das heißt: nach Bäumen, Sträuchern, Stauden, Gräsern, einjährigen und zweijährigen Kräutern – zu sortieren, um sie entsprechend ihrer Eigenschaften anzuordnen. Dabei spielen besonders Höhe, Breite, Wuchs- und Wurzelform eine Rolle. Zu guter Letzt kann auch das ober- und unterirdische Zusammenspiel der Pflanzen betrachtet werden. Beim Gemüsebau existieren dazu Mischkultur-tabellen; bei Bäumen und Sträuchern gibt es bisher einige Erfahrungswerte, jedoch kaum einschlägige Literatur auf Deutsch. (Die Redaktion freut sich über Hinweise!)
Das bedeutet für den Anfang ganz schön viel Wissens- und Recherchebedarf. Mit der Zeit wächst jedoch die Pflanzenkenntnis; wir können in der Natur beobachten und von ihr lernen – und letztlich können wir auch einfach ausprobieren. Dabei ist es sinnvoll, entsprechend dem Permakulturprinzip »Nutze und schätze kleine und langsame Lösungen« klein anzufangen.
Mit Blick auf die eingangs diskutierten Obst- und Nussbäume lassen sich viele Informationen darüber zusammentragen, was wichtig ist, damit neu gepflanzte Bäume gut anwachsen: Das Pflanzloch sollte groß genug sein, damit die Wurzeln sich voll ausbreiten können. Eine Befestigung des Baums und ein Verbissschutz sind in den ersten Jahren unerlässlich (vgl. Oya 58). Oft empfiehlt sich ein Fraßschutz gegen Wühlmäuse; bei hohem Wühlmausaufkommen hilft ein eingegrabener Drahtkäfig rund um den Wurzelballen, der bis an den Stammansatz heranreicht. Regelmäßiges flaches Hacken der Baumscheibe im Winter und Frühjahr – gegebenenfalls ein weiteres Mal im Frühsommer – verhindert die Wurzelkonkurrenz durch Gräser in den ersten Standjahren. Zunehmend wichtig sind auch der Stammschutz vor starker Sonnenstrahlung durch weißen Anstrich oder Materialien wie Schilfmatten sowie eine Bewässerung in Dürreperioden. Auf mageren Standorten ist eine regelmäßige Düngung nötig, zum Beispiel mit Kompost.
Damit Obstbäume gut an ihrem Ort gedeihen, empfiehlt es sich außerdem, regional herangezogene und an den Standort angepasste Sorten zu wählen. Ulrike Meißner