Buchtipps

Cool down (Buchbesprechung)

von Ute Scheub, erschienen in Ausgabe #65/2021
Photo

Pflanzenkohle hat ein gigantisches Klimapotenzial, Terra-Preta-Fans wie ich weisen  schon lange darauf hin. Aber offenbar habe auch ich bisher übersehen, was man mit einer Kaskaden-Anwendung dieser Technik alles erreichen kann. Das jedenfalls macht mir das Buch »Cool Down – mit Pflanzenkohle die Klimakrise lösen?« von Albert Bates und Kathleen Draper deutlich. Ursprünglich erschien es 2019 in den USA; die Übersetzung und Bearbeitung der deutschen Fassung hat der hiesige »Fachverband Pflanzenkohle« übernommen. 

Bates und Draper holen in jeder Hinsicht weit aus. Sie erzählen nochmals, wie frühe Warnungen vor einer Klimakatastrophe von konzernfreundlichen US-Präsidenten ignoriert wurden, und sie stellen diverse CO2-Speichermöglichkeiten vor. Am ökologischsten und doch am wenigsten bekannt ist PyCCS (»pyrolytic carbon capture and storage«). Damit sind Pflanzenkohlen und andere Sorten pyrolysierter Biomasse gemeint, bei denen der Kohlenstoff daran gehindert wird, wieder als CO2 in die Luft zu gehen, wenn das Biomaterial dauerhaft genutzt und gespeichert wird. Pyrolysierter Klärschlamm aus Exkrementen und Gülle etwa kann für Brücken und Straßenbeläge benutzt werden. Aus den verkohlten Resten von Seetang können Filterbarrieren für Korallenriffe entstehen. Abfälle aus Papierfabriken, Hühnermist, Kaffeesatz, Ernterückstände – all das lässt sich pyrolysieren und weiterverwenden. Als Zusatz im Tierfutter hält Pflanzenkohle etwa Kühe gesund und sorgt via Kuhfladen zudem für gute Böden. 

»Wir können innovative Kaskaden aufbauen, in denen Materialien nacheinander als Lebens- und Futtermittel, Medikamente, Fasern, Bioverbundwerkstoffe und Wasserfilter genutzt werden, zur Strom- und Wärmegewinnung dienen«, zeigen sich Bates und Draper optimistisch. In Gipsputzen, Farben, Trockenbauwänden, Dächern oder Ziegeln lasse sich der Kohlenstoff für Hunderte Jahre speichern; zudem könne Pflanzenkohle zur Wasserfiltrierung, Luftentschmutzung und Bodenentgiftung dienen. Diese »dritte industrielle Revolution, die Kohlenstoffrevolution«, rette das Klima, schaffe sichere Jobs und koste keine Steuergelder. 

Manche Abschnitte sind nicht einfach und eingängig geschrieben oder waren mir allzu technisch und zu wenig sozial durchdacht. Doch unter dem Strich ist das Buch voll von verblüffenden Vorschlägen, so etwa der von kenianischen Frauen entwickelte Kohlekühlschrank.  


Cool down
Mit Pflanzenkohle die Klimakrise lösen?
Albert Bates, Kathleen Draper
oekom, 2021, 342 Seiten
ISBN 978-3962382506
24,00 Euro


weitere Artikel aus Ausgabe #65

Photo
von Helen Britt

Gemöks

Den Kapitalismus wärmer machen Helen Britt über ihre Erfahrungen damit, in Gemeinschaft Geld zu teilen.Geld schafft die Illusion, dass wir unabhängig voneinander seien, dass wir, wenn wir nur genug davon besitzen, alles haben können, was wir zu brauchen glauben, ohne

Photo
von Simon Sutterlütti

Der Acker ist nichts ohne die Welt drumherum!

Luisa Kleine  Oft ist die erste Frage, wenn ich erzähle, dass ich in Gemeinschaft lebe, »Versorgt ihr euch auch selbst?«. Auch im Kontakt mit Medien wollen alle den Gemüsegarten filmen – und -bemerken dann mit Genugtuung, dass wir ja doch in Tetrapacks

Photo
von Maria König

Die Freiheit, zu geben

Maria König: Mit dem »Sommer des guten Lebens«, zu dem viele Oya-Hütende und -Lesende Gäste an ihre Orte eingeladen haben, ist die Frage nach einer nährenden Form von Gastlichkeit für uns sehr lebendig geworden. Das erinnerte mich an meine Reise durch

Ausgabe #65
Vom Ernten

Cover OYA-Ausgabe 65
Neuigkeiten aus der Redaktion