Pflanzenkohle hat ein gigantisches Klimapotenzial, Terra-Preta-Fans wie ich weisen schon lange darauf hin. Aber offenbar habe auch ich bisher übersehen, was man mit einer Kaskaden-Anwendung dieser Technik alles erreichen kann. Das jedenfalls macht mir das Buch »Cool Down – mit Pflanzenkohle die Klimakrise lösen?« von Albert Bates und Kathleen Draper deutlich. Ursprünglich erschien es 2019 in den USA; die Übersetzung und Bearbeitung der deutschen Fassung hat der hiesige »Fachverband Pflanzenkohle« übernommen.
Bates und Draper holen in jeder Hinsicht weit aus. Sie erzählen nochmals, wie frühe Warnungen vor einer Klimakatastrophe von konzernfreundlichen US-Präsidenten ignoriert wurden, und sie stellen diverse CO2-Speichermöglichkeiten vor. Am ökologischsten und doch am wenigsten bekannt ist PyCCS (»pyrolytic carbon capture and storage«). Damit sind Pflanzenkohlen und andere Sorten pyrolysierter Biomasse gemeint, bei denen der Kohlenstoff daran gehindert wird, wieder als CO2 in die Luft zu gehen, wenn das Biomaterial dauerhaft genutzt und gespeichert wird. Pyrolysierter Klärschlamm aus Exkrementen und Gülle etwa kann für Brücken und Straßenbeläge benutzt werden. Aus den verkohlten Resten von Seetang können Filterbarrieren für Korallenriffe entstehen. Abfälle aus Papierfabriken, Hühnermist, Kaffeesatz, Ernterückstände – all das lässt sich pyrolysieren und weiterverwenden. Als Zusatz im Tierfutter hält Pflanzenkohle etwa Kühe gesund und sorgt via Kuhfladen zudem für gute Böden.
»Wir können innovative Kaskaden aufbauen, in denen Materialien nacheinander als Lebens- und Futtermittel, Medikamente, Fasern, Bioverbundwerkstoffe und Wasserfilter genutzt werden, zur Strom- und Wärmegewinnung dienen«, zeigen sich Bates und Draper optimistisch. In Gipsputzen, Farben, Trockenbauwänden, Dächern oder Ziegeln lasse sich der Kohlenstoff für Hunderte Jahre speichern; zudem könne Pflanzenkohle zur Wasserfiltrierung, Luftentschmutzung und Bodenentgiftung dienen. Diese »dritte industrielle Revolution, die Kohlenstoffrevolution«, rette das Klima, schaffe sichere Jobs und koste keine Steuergelder.
Manche Abschnitte sind nicht einfach und eingängig geschrieben oder waren mir allzu technisch und zu wenig sozial durchdacht. Doch unter dem Strich ist das Buch voll von verblüffenden Vorschlägen, so etwa der von kenianischen Frauen entwickelte Kohlekühlschrank.
Cool down Mit Pflanzenkohle die Klimakrise lösen? Albert Bates, Kathleen Draper oekom, 2021, 342 Seiten ISBN 978-3962382506 24,00 Euro