Gesundheit

Endlich schwanger

Grit Scholz fragte Sarah Scholling über ­ihren Weg zurück zur eigenen Fruchtbarkeit durch eine Gebärmuttermassage.von Sarah Schmolling, erschienen in Ausgabe #13/2012
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Woran lag es, dass du zwei Jahre lang nicht schwanger werden konntest?

Die Ärzte meinten, meine Gebärmutter wäre vergrößert, und die Bänder würden sie nicht mehr richtig halten, sie drückte auch auf die Nerven im Steißbeinbereich. Mir verursachte das große Schmerzen, vor allem während meiner Regelblutung, die sehr stark war. Auch meine erste Schwangerschaft wollte sich lange nicht einstellen und war dann sehr beschwerlich, weil meine Gebärmutter vom Gewebe her zu schwach war.

Du wolltest dann noch einmal schwanger werden. Wie ist dir das gelungen?

Ich suchte damals im Internet nach Lösungen. Dabei stieß ich auf die Seite des Heilpraktikers Detlef Arms und fand dort sehr viele interessante Informationen, die mir neue Hoffnung gaben. Nach einem persönlichen Gespräch riet mir Herr Arms zu einer Gebärmuttermassage, die am besten mein Partner durchführen sollte. Der verstand sich auf Massagen, hatte allerdings von so etwas noch nie gehört. Eine Gebärmuttermassage wird von innen und außen gleichzeitig durchgeführt. Um das überhaupt bewerkstelligen zu können, muss die Frau vollkommen entspannt sein und sich für diesen Vorgang öffnen. Dazu braucht es viel Vertrauen und die passende Atmosphäre. Mein Partner lauschte den Erfahrungen und Hinweisen des Therapeuten und war entschlossen, dieses gemeinsame Experiment zu wagen.

Wie kann man sich den Ablauf solch einer Massage vorstellen?

Zuerst stimmten wir uns gemeinsam auf unseren Kinderwunsch ein. Wir sprachen darüber, wir ließen uns von dieser Sehnsucht berühren. Danach spürte ich die innere Bereitschaft, mich ganz zu öffnen, jede Kontrolle, jede Sorge loszulassen und mich in tiefem Vertrauen dem Prozess hinzugeben. Mein Partner war auch bereit, sich einzulassen auf das, was geschehen würde, was keiner von uns vorher wissen konnte. Es wurde deutlich, dass es für uns beide in erster Linie darum ging, Kontakt zu meiner Gebärmutter herzustellen – ihr Aufmerksamkeit, Liebe und Respekt zu signalisieren. Wir wollten sie bitten, sich ihrer Funktion zu entsinnen und heil und stark zu werden, um unser Kind in sich wachsen zu lassen.
Die Berührungen während der Massage fühlten sich für mich sehr liebevoll und respektvoll an, ohne jedoch sexuell erregend zu sein. Ich spürte, wie mein Schoßraum sich öffnete und immer weiter wurde. Danach fehlen mir konkrete körperliche Erinnerungen, weil aufsteigende emotionale Bilder meine ganze Aufmerksamkeit beherrschten.

Kannst du die Bilder und Empfindungen näher beschreiben?

Es ist nicht leicht, dafür Worte zu finden, die diesen überwältigenden Gefühlen gerecht werden. Mir war, als würde etwas, was einstmals gewaltsam zerstört worden war, wieder aufgerichtet, liebevoll zusammengefügt. Alle Gefühle, die mit der Zerstörung einhergingen, liefen in Form von Bildern durch mich durch und ich erkannte, dass es Bilder waren aus allen Zeiten, von verschiedensten Frauen. Und die Bilder der Heilung, die danach spürbar wurden, waren auch nicht persönlich im eigentlichen Sinn, sondern viel größer – als wäre in diesem Moment etwas geschehen, das nicht nur mich betraf, sondern alle Frauen. Wir weinten beide, und dieses Weinen hörte lange, lange nicht auf. Selbst als wir später darüber sprachen, liefen unsere Tränen.
Am meisten verblüfften mich die Worte meines Partners, der sagte, er hätte das Gefühl gehabt, im Namen der Männer etwas wiedergutgemacht zu haben, so als hätte das gar nichts mit ihm persönlich zu tun gehabt. Das Ganze kam ihm so ungeheuerlich groß vor, und er verlor ganz und gar die bewusste Kontrolle über das, was seine Hände taten. Es tat sich wie von selbst.
Das gemeinsam Erlebte wirkte in uns noch lange nach.

Wie ging es dann weiter? Hast du Veränderungen in deinem Körper bemerkt?

Ich fühlte mich wie neugeboren, und alle Sorgen und Bedenken um eine mögliche Schwangerschaft waren wie ausgelöscht. Eine Woche später war ich wieder beim Gynäkologen, und der staunte nicht schlecht über den Zustand meiner Gebärmutter. Er versuchte mir im Spiegel zu zeigen, wie sie ganz fest, genau an der richtigen Stelle stand. Sie sehe aus wie neu, sagte der erstaunte Arzt, und wollte wissen, was denn passiert war. Als ich ihn ins Vertrauen gesetzt hatte, sagte er: »Gehen Sie nach Hause, und werden sie schwanger!« Und ich flog regelrecht nach Hause vor lauter Glück.
Im nächsten Monat schon war ich schwanger und glücklich, ich fühlte mich wie verzaubert. Es tauchten dann zwar einige Komplikationen auf, so dass mir von den Ärzten sogar zu einem Abbruch geraten wurde. Das kam für mich aber selbstverständlich nicht in Frage – denn inzwischen glaubte ich ja an Wunder.
Als mich starke Wehen eine Woche vor dem Geburtstermin in die Klinik trieben, war ich voller freudiger Erwartung, doch mein Muttermund weigerte sich leider, sich zu öffnen. Heute glaube ich zu wissen, warum, aber das ist eine andere Geschichte.
Ich erlebte also die Geburt meiner Tochter nicht auf natürliche Weise, sondern hervorlugend hinter grünen Tüchern. Doch als sie dann auf meiner Brust lag, war das alles nicht mehr so wichtig – da war nur noch das unbeschreibliche Glück über ein gesundes Kind. 

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