Krankheit als Weg – das sagt sich leicht. Dorothea Mader-Prumbach brauchte einige Zeit, bevor sie den Mut fand, ihrem Körper zu folgen und sich als Atem- und Ökotherapeutin selbständig zu machen.von Dorothea Mader-Prumbach, erschienen in Ausgabe #2/2010
»Die Schule war eine Kopfentscheidung«, blickt die 63-Jährige zurück. Als Pädagogin hatte sie Freude an den Kindern, vor allem als Grundschul-Klassenlehrerin. »Aber das System hat mich eingeschnürt.« Bereits nach dem Studium hatte Dorothea Mader die Erwachsenenbildung an der Volkshochschule der Beamtenstelle vorgezogen. Als sie vor 17 Jahren Siegfried Prumbach kennenlernte, wurde die Anima-Mundi-Akademie mit Ausbildungsangeboten zur Geomantie das gemeinsame Kind. In der Geomantie geht es um die Wechselwirkung zwischen Menschen und Orten, Landschaften oder Gebäuden. Sie verbindet traditionelles Wissen mit Naturphilosophie und Bewusstseinsforschung. Der Aufbau der Akademie forderte alle Kräfte des Paars, so dass für Dorotheas Arbeit als Lehrerin und später auch als Atemtherapeutin keine Zeit blieb.
Atemtherapie: Lesen in Körper, Seele, Geist »Das integrative Atmen hatte ich bei meinen eigenen therapeutischen Entwicklungsprozessen kennengelernt. Es faszinierte mich so sehr, dass ich eine Ausbildung machte«, erzählt Dorothea über ihren therapeutischen Beruf. Menschen und ihren Atem zu begleiten, ist für sie wie »lesen in Körper, Seele und Geist. Da bemerke ich Trauer in der Brust oder ein blockiertes Becken und kann Heilung anstoßen.« Dieses Spüren entwickelte sie gemeinsam mit ihrem Mann dann auch in der Geomantie in Landschaften oder Gebäuden. Fünf Jahre lebte das Paar in der Pionierphase des eigenen Unternehmens mit der Akademie in ökonomischer Unsicherheit. Nach einer Australienreise im Jahr 2000 entschied Dorothea, für Sicherheit zu sorgen. Sie ging zurück in den Schuldienst, bekam sofort eine Stelle. Bald fühlte sie sich jedoch wie ein Hamster im Rad. »Ich erreiche die Schüler nicht, musste ich erkennen.« Ein Wechsel in die Grundschule änderte nichts Grundlegendes. »Der Druck von Kollegen und Eltern war enorm, es ging immer um Leistung, nicht um die Freude am Lernen.« Fast anderthalb Jahre lang rebellierte ihr Körper immer wieder. Die Ferien reichten gerade mal, die Akkus wieder halbwegs aufzuladen. In der Genesungsphase der x-ten Bronchitis kam dann die klare Erkenntnis: »Wenn ich so weitermache, kommt etwas viel Schlimmeres.« Trotzdem arbeiteten die existenziellen Ängste weiter gegen die radikale Lösung. »Ich war unkündbar, bekam mein Geld aufs Konto. Ich zweifelte, wer denn überhaupt Atemtherapie in Anspruch nehmen oder Anima-Mundi-Kurse besuchen würde. Ein Leben ohne feste Stelle schien undenkbar.« In dieser Phase war Siegfried die unterstützende Konstante. »Wir schaffen das«, war seine beharrliche Ansage.
Der Prozess in Dorothea dauerte gut ein Jahr. »Wenn du in einem System wackelst, wackelt die Basis«, kommentiert sie heute die Zeit dieser tiefen Verunsicherung. Wo sind meine Fehler, was mache ich richtig? Mit diesen Fragen und Selbstzweifeln quälte sie sich: »Ich war wie gefangen. Im Aushalten bin ich schon immer gut gewesen.«
Der absolute Schnitt mit der Kündigung vor drei Jahren war ein Abschied von der ökonomischen Sicherheit. Noch heute stellt sich die bange Frage: Werden die Patienten sich melden? Werden Kursangebote wie die zur Ökotherapie auf La Palma angenommen? Sie werden. Eigentlich kein Wunder, denn die Atem- und Ökotherapeutin liebt diese Arbeit von ganzem Herzen, und das ist spürbar, wirkt mit.
Wie wird der wahre Hunger gestillt? Was hat sich geändert? »Die Selbständigkeit zwingt mich, in die Tiefe zu schauen. Ich lerne, zu vertrauen, dass meine Arbeit gut ist, dass sie gebraucht wird.« Vermisst sie etwas? »Ja, die Freude und Spontaneität der Kinder, nette Kollegen, manchmal auch die Freiheit, ein neues Kleidungsstück einfach so aus Lust kaufen zu können.« Die Abstriche, die Mader-Prumbachs machen, sind eher klein: billigeres Auto, Bio-Lebensmittel nur im Großeinkauf, weniger Einsätze der Putzfrau, Büro im Haus. »Konsumieren ist doch oft der Weg, das Ego zu füttern. Der wahre Hunger wird damit nicht gestillt, weder mit Dingen noch mit fester Stelle in der Arbeitswelt. Nur durch Begegnung mit mir selbst komme ich an den wahren Reichtum.« Das heißt vor allem, auf die Signale des Körpers zu hören. Inzwischen kommen sie bei Dorothea schneller an. »Es ist ein gutes Gespräch geworden zwischen uns«, schmunzelt sie.