Einblicke in die ersten Aufbaujahre eines extensiv genutzten Permakultur-Hektars.von Veronika Gampe, erschienen in Ausgabe #21/2013
Das ursprünglich nur mit wenigen alten Apfelbäumen bestandene, einen guten Hektar große, langgezogene Wiesengrundstück beim Dörfchen Bischbrunn bot und bietet genug Platz für die Umsetzung vieler Ideen. Ein Ort zum Tun und Sein soll es werden, ein Ort der Produktion und Erholung, zum Experimentieren mit permakulturellen Elementen und zum Feiern. Mein Bruder Jonas erstellte auf Grundlage seines Wissens aus einer Landschaftsgärtnerausbildung einen ersten, groben Plan des zukünftigen Parks. Entstehen sollten drei Teiche, mehrere Steinbiotope, ungefähr in der Mitte ein Waldstück, östlich davon große Beete, außerdem ein Bereich für Feste oder Freizeitaktivitäten sowie eine Streuobstwiese im westlichen Teil. Später – im Lauf von Jonas’ Weiterbildung zum Permakulturdesigner und der Arbeit auf dem Gelände – wurde dieser Plan weiterentwickelt und nach den Permakulturprinzipien ausgerichtet. Dies hat letztlich die gesamte Herangehensweise an die Planung und Umsetzung verändert. Dass nun bewusst vom groben Gerüst ins Detail geplant wurde, schuf ein sinnvolles Gesamtkonzept, ließ aber gleichzeitig viele Details offen – und damit genug Raum für Spontaneität. Vieles zunächst unbewusst Geplante wurde reflektiert und auf seine Sinnhaftigkeit überprüft – das Ergebnis spricht für Jonas’ Intuition oder seinen gesunden Menschenverstand, denn fast alle Elemente blieben an ihrem ursprünglich geplanten Platz! Schon nach der Fertigstellung des ersten Plans wurden mit Hilfe eines Baggers und zweier Freunde die Teiche ausgehoben. Erstaunlich: Bei der Aktion wurde kein einziges Tier in der Erde gefunden. Der steinige Lehmboden zeigte auf dem ganzen Grundstück nur wenig Humus und kaum Bodenleben. Wer hier anspruchsvolleres Gemüse anbauen möchte, muss den Boden verbessern, beispielsweise durch viel Biomasseauftrag und wenig Bodenbearbeitung.
Es kann nicht alles klappen Die lehmigen Teichbecken wurden anschließend teilweise verdichtet, doch das reichte nicht aus, um das Wasser dauerhaft zu halten. Also versuchte das Team an einem anderen Teich die Abdichtung mit Faulschlamm nach der von Bill Mollison beschriebenen Gley-Dichtungs-Methode. Hierfür schüttet man im Hochsommer eiweißhaltige Biomasse, beispielsweise frischen Grasschnitt, 20 bis 30 Zentimeter hoch in die vorher ausgehobene Teichmulde, deckt die Schicht mit einer luft- und wasserdichten Folie ab und wartet. Durch die Hitze und den Luftabschluss sollte sich je nach Temperatur und Ausgangsmaterial in den folgenden ein bis drei Wochen eine etwa fünf Zentimeter dicke, wasserdichte Schicht aus Faulschlamm bilden. Wegen der Witterung und des teilweise starken Gefälles brachte die Methode allerdings nicht das gewünschte Ergebnis. Doch wachsen dort nun viele kleine Weiden und andere Sumpfgehölze, so dass Jonas und unser Vater Hermann den Plan »Teich« an den Plan »Feuchtbiotop-Auenwald« anpassten. Bei den westlich gelegenen Teichen läuft der Versuch noch, die natürliche Verschlämmung der Kapillaren walten zu lassen. Diese wird von Jahr zu Jahr stärker, und das Wasser bleibt länger stehen. Aus den zahlreichen ausgehobenen Steinen wurden an ruhigen, sonnigen Stellen Steinhaufen-Biotope angelegt. Um Missverständnisse auszuräumen, haben wir bald nach dem Teichbaggern das erste Informationsschild entworfen und am Grundstück aufgestellt. Bald kamen auch Anwohner der umliegenden Gemeinden zum Schauen; sie zeigten sich skeptisch bis neugierig, größtenteils aber positiv überrascht. Die erste große Pflanzaktion haben wir mit zwölf Helfern aus Familie und Bekanntenkreis gestemmt. Dabei fanden 500 Wildgehölze – wie Vogelkirsche, Eberesche, Holunder, Felsenbirne, Haselnuss, Schlehe, Wildapfel, Pfaffenhütchen – 23 Hochstamm-Obstbäume und zehn Solitärbäume wie Esskastanie und Walnuss ihren Platz. Die Bäume wurden mit Pfählen gesichert, die kleinen Sträucher gegen Verbiss mit Schafwolle umwickelt, da Rehe diesen Geruch nicht mögen. Später gab es Schäden durch Hasen, aber die verbissenen Sträucher halten sich die Waage mit jenen, die durch Sukzession wild aufgehen. Die Wildgehölze bilden nun eine Hecke zum Schutz vor den Ackergiften des Nachbarn oder formen Wärmefallen an den Teichen. Interessant: Zur Förderung des Anwachsens tunkte man alle Pflanzen vorher mit den Wurzeln in eine Mischung aus Wasser, Urgesteins-Mehl und geriebener Holzkohle. Zur Vorbereitung von Beeten und Feldern wird die Wiese mit wasser- und luftdurchlässiger Folie, Karton oder Stroh gemulcht. Aus dem Erdaushub der Teiche entstanden Kräuterterassen. So nimmt das Grundstück Schritt für Schritt immer mehr Gestalt an; sogar ein Insektenhaus sowie eine Brücke über die Engstelle des westlichen Teichs wurden gebaut.
Man muss sie nur lassen, die Natur … Auf einer der Sukzession überlassenen Fläche wuchsen schon nach einem Jahr Brombeeren, Hartriegel, Wildrosen und -äpfel sowie Weißdorn; auch das entstehende Waldstück mit 300 neu gepflanzten Eichen, Buchen und anderen Bäumen darf sich natürlich-wild entwickeln. Auf der restlichen Parkfläche wird zweimal pro Jahr gemäht, was eine erholte und artenreiche Wiese sowie ausreichend Mulchmaterial mit sich bringt. Beim Mähen wurden verschiedene Hilfsmittel getestet. Bewährt hat sich vor allem ein Balkenmäher, mit dem ein Mensch in etwa drei Stunden alle Flächen mähen kann. Demgegenüber stehen etwa drei Tage Zeitaufwand (und weniger fossile Energie) beim Mähen mit der Sense. Da das alleine keinen Spaß macht, wollen wir in diesem Jahr versuchen, das Mähen mit vielen Helfern zu erledigen. Die Felder wurden 2010 mit Gartenkräutern, wie Lavendel und Melisse, mit Zucchini, Kürbissen, in der Wärmefalle mit Tomaten sowie Getreide und versuchsweise auch mit anderem Gemüse bepflanzt. Allerdings vertrug vieles das zu windige, kalte Klima und den noch wenig fruchtbaren Boden nicht; Schnecken besorgten den Rest. Immerhin wuchsen zahlreiche Zucchini und Kürbisse sowie diverse Kräuter.
Die Mühe lohnt sich Auch 2011 gab es wieder einige Enttäuschungen durch Pflanzen, die nicht angingen. Um den Wind mit einer Wärmefalle zu bremsen, baute Hermann an dem von ihm bewirtschafteten Feldstück eine Trockenmauer, die am Boden auch einige Löcher für Igel bereithält. Außerdem entstand die erste Parkbank am See, die alten Bäume bekamen einen Verjüngungsschnitt, und eine Treppe aus riesigen Steinen führt nun auf den Hügel mit der jungen Eiche. Um diese herum wurde eine Rundbank gezimmert – die, wie die Bank am See, von Vögeln als Toilette genutzt wurde. Eine Stange knapp dahinter verschaffte Abhilfe. Zwei Lehmbacköfen entstanden im vergangenen Jahr; dazu passend wurde die Tradition der Park-Pizza-Party eingeführt. Außerdem kamen mit viel Spaß und einem kleinen Bagger mehrere Hügelbeete dazu. Eines beherbergt nun stolz eine Erdbeerquelle, während zwei andere durch windbremsende Beerensträucher glänzen. Eine Neuerfindung stellt das »Pipi-Tipi« dar: ein Tipi, das um ein Plumpsklo-Gestell über einem Loch im Boden aufgestellt wird, nebendran ein Eimer mit Sägespänen. Nach Versetzung der Konstruktion ist deutlich zu erkennen, wieviel kräftiger und frischer die Wiese an der betreffenden Stelle wächst. Auch wenn noch so mancher Pflanzen- und Erntewunsch unerfüllt blieb, birgt der Park doch immer eine Quelle der Freude, etwa wenn die Sauerkirsche in voller Blüte steht oder ein selbstgebauter Bierkeller funktioniert. Viele kleine Erfolge stärkten Mut und Zuversicht der Platzhüter und Mitwirkenden. Natürlich fließt dabei einiges an Zeit und Geld in Technikeinsatz, Pflanzen oder Saatgut. Solche Ausgaben werden hauptsächlich von den Initiatoren getragen, doch auch Familie und Freunde helfen mit. Gemüse, Kräuter, Obst und daraus hergestellte Produkte, wie Säfte oder Öle, tragen mehr und mehr zur Selbstversorgung der Parkbewirtschafter bei. Erste Führungen, Informationstage und Kurse fanden statt, und die Menschen der Umgebung erfreuen sich an dem, was passiert; gespannt verfolgen sie alle Entwicklungen. Fruchtbarkeit und Artenvielfalt inmitten der intensiv genutzten Äcker nehmen von Jahr zu Jahr zu. Jonas: »Die Hecken wachsen, die Teiche verschlammen, die Tiere kommen, und wir können Pizza essen, Bogenschießen und die Früchte unserer Kooperation mit der Natur bewundern. Es kostet Mühe, aber die Belohnung wird grandios sein, wie man zum Teil schon merkt.« •
Veronika Gampe (17) besucht die Fachoberschule für Gestaltung in Würzburg.